'Unternehmen sind anspruchsvoller geworden'
Quelle: Vogel.de

"Unternehmen sind anspruchsvoller geworden"

Cognizant-Schweiz-Chef Stefan Metzger berichtet über die Ziele und Herausforderungen des Outsourcing-Dienstleisters in der Schweiz.
30. August 2010

     

Der Outsourcing-Spezialist Cognizant hat Anfang Jahr in Genf eine zweite Schweizer Niederlassung eröffnet. Im Gespräch mit dem Swiss IT Reseller zieht Country Managing Director Stefan Metzger (Bild) ein Bilanz über das erste Halbjahr und berichtet über die weiteren Pläne.


Swiss IT Magazine: Anfang Jahr hat Cognizant in Genf eine zweite Schweizer Niederlassung eröffnet. Wie fällt das Fazit nach den ersten sechs Monaten aus?

Stefan Metzger, Country Managing Director von Cognizant Schweiz: Wir haben eine sehr starke Lokalisierungsstrategie und wollen in lokalen Märkten präsent sein. Nach den ersten sechs Monaten in Genf ziehen wir ein gutes Fazit. Wir konnten die Mitarbeiterzahl von anfangs 30 auf mittlerweile über 50 erhöhen und wachsen in Genf nach Plan. Wir sind deutlich näher am Kunden und werden daher auch bei Ausschreibungen berücksichtigt. Auch die bestehenden Kunden haben es sehr positiv aufgenommen, dass wir nun lokal vertreten sind – ebenso wie die Behörden. Im Hinblick auf die Arbeitsbewilligungssituation ist es ein gutes Argument, wenn wir zeigen können, dass wir in die lokalen Märkte investieren und vor Ort sind.


Zur Ausländerkontingentierung, die sie eben angesprochen haben: Die Kontingente für ausländische Arbeitskräfte aus dem Nicht-EU-Raum waren bereits Mitte April aufgebraucht. Wie ist der Stand der Dinge heute?
Der Bundesrat hat im vergangenen Dezember die Quote für 2010 auf die Hälfte von 2009 festgelegt. Allerdings hat das Kontingent 2009 bereits schon nicht ausgereicht, Mitte November war die Quote aufgebraucht. Die Halbierung des Kontingents für dieses Jahr hat dazu geführt, dass bereits im Februar 2010 erste Kantone ausgeschossen waren. Ende April wurde der Druck dann sehr hoch und der Bundesrat hat entgegen seinem Plan – er wollte eigentlich erst im Juni über die Angelegenheit tagen – bereits im April die Quote wieder auf Vorjahresniveau erhöht.


Damit hat sich die Sache für Sie erledigt?
Es ist zwar eine Erleichterung und ein Entscheid in die richtige Richtung. Ich habe mich auch über die Flexibilität des Bundesrates gefreut, aber die Entscheidung hat nur kurzfristig geholfen. Wir gehen davon aus, dass die Kontingente Ende drittes Quartal 2010 wieder ausgeschöpft sein werden.

Und dies bedeutet, dass Sie wieder Mitarbeiter verlieren, weil diese die Schweiz verlassen müssen?
Nicht zwingend. Wir können dann vor allem keine neuen Mitarbeiter aus dem Nicht-EU-Raum mehr einstellen. Die, die wir zurückschicken müssen, sind vor allem Mitarbeiter, deren kurzfristige L-Bewilligung dann nicht in eine langfristige B-Bewilligung umgewandelt werden können, weil das Kontingent aufgebraucht ist. Bezüglich B-Bewilligungen sind die Behörden aber bereits heute sehr restriktiv, weil der Bundesrat zwar für 2010 dasselbe Kontingent wie 2009 bewilligt hat, gleichzeitig aber die dauerhaften B-Bewilligungen zu Gunsten der kurzfristigen L-Bewilligungen zurückgefahren hat. Wir spüren also bereits heute, dass unbefristete Bewilligungen schwieriger zu bekommen sind.


Wie viele Mitarbeiter von Cognizant Schweiz stammen aus dem Ausland?
Wir haben in der Schweiz mittlerweile rund 530 Mitarbeiter und über 80 Prozent davon stammen aus dem Ausland.


Wieso das?
Aus einem einfachen Grund: Wir finden die Mitarbeiter nicht auf dem lokalen Markt. Wir suchen Experten, also Leute mit einem Universitätsabschluss oder Informatikstudium. Und solche Leute in der Schweiz zu bekommen, ist sehr schwer. Dabei handelt es sich aber nicht nur um ein reines Schweiz-Problem, sondern ein EU-weites. Wenn wir Arbeitsbewilligungen beantragen, müssen wir genau nachweisen, dass wir die Stelle nicht mit jemandem aus der Schweiz oder dem EU-Raum besetzen konnten.


Und wie dokumentieren Sie das?
Für jede Stelle schalten wir sowohl lokal als auch in der EU Inserate. Zudem arbeiten wir eng mit den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zusammen. Wir versuchen also immer zuerst Fachkräfte aus der Schweiz zu finden.
Gibt es Bereiche, in denen es besonders schwierig ist, neue Mitarbeiter zu finden?
Es ist vor allem im Bereich Software-Entwicklung und -Architektur schwierig. Aber auch im Bereich Projektmanagement und Plattformen ist es nicht einfach. Wir benötigen meist mehr Leute, als wir finden können. Wir stehen hier nicht nur in direkter Konkurrenz mit unseren Mitbewerbern, sondern auch mit lokalen Banken und Versicherungen, die grosse IT-Bereiche haben.


Was bedeutet es für das Unternehmen, wenn Sie ständig Mitarbeiterwechsel haben? Da fliesst ja ständig ein enormes Wissen ab.
Natürlich spüren wir solch einen Wechsel. Doch versuchen wir mit unseren inländischen Experten die Situation aufzufangen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir diese Tatsache bei der Projektplanung berücksichtigen, denn wir haben Projekte, die bis zu fünf Jahre dauern. Wir können heute nicht mehr, wie vielleicht vor zwei Jahren noch, davon ausgehen, dass wir einen Experten, den wir auf ein Projekt ansetzen, für die gesamte Dauer des Projekts auch vor Ort haben. Zudem müssen wir den Kunden darüber informieren, dass wir in zwei Jahren die in sein Projekt involvierten Mitarbeiter vielleicht ersetzen müssen.

Da wird der Kunde aber keine Freude haben?
Die Kunden haben dasselbe Problem auch und verstehen unsere Situation. Wichtig ist es, dass man dies frühzeitig kommuniziert und proaktiv Alternativen vorschlägt.


Wie gehen potentielle Mitarbeiter mit der Tatsache um, dass sie in zwei Jahren vielleicht wieder gehen müssen?
Auch hier ist es wichtig, dass wir die Personen früh darüber informieren. Wenn sie es wissen, dann können die Leute damit umgehen. Gerade die Mitarbeiter aus Indien sind in dieser Hinsicht sehr flexibel. Zudem kommen die Experten, die wir hier haben, oft nur für ein Projekt in die Schweiz, um Erfahrung zu sammeln, und gehen dann wieder zurück. Es ist für sie also akzeptabel, wenn wir ihnen sagen, dass ihre Stelle hier nur für zwei Jahre sicher ist.


Woher stammt der grösste Teil der ausländischen Mitarbeiter?
Der Hauptteil der ausländischen Mitarbeiter stammt aus Indien. Aber auch die USA machen einen Teil aus. Der Rest ist aus dem EU-Raum, der ja nicht unter die Kontingentierung fällt.


Sie verfolgen eine Lokalisierungsstrategie, haben aber gleichzeitig einen grossen Teil ausländischer Arbeitskräfte. Wie reagieren die Kunden darauf?



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