U.S. Robotics ist zurück

U.S. Robotics, 1997 vom 3Com geschluckt, wurde letztes Jahr wieder zum selbständigen Unternehmen. Wie will der «Start-up mit 30jähriger Erfahrung» den Zug in die Zukunft erwischen?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/03

     

Eigentlich war U.S. Robotics (USR)ja gar nie weg. Zumindest als Markenname nicht. Aber der altbekannte Modemhersteller wurde 1997 von 3Com geschluckt. Letztes Jahr wurde er, zusammen mit Palm und Extreme Networks, von 3Com wieder in die Selbständigkeit entlassen. 3Com hält momentan noch eine Minderheitsbeteiligung, die anderen Anteile besitzen Nat-Steel und Accton, beides Hersteller von Komponenten, die von USR benützt werden.
Letzten September wurden die Geschäfte im neuen Hauptsitz in der Nähe von Chicago offiziell wiederaufgenommen. Die europäische Firmenzentrale befindet sich in Nyon, den Vertrieb und die Marketingaktivitäten in der Schweiz, Deutschland und Österreich übernahm die im Dezember gegründete Niederlassung in München unter der Leitung von Robert Verhoeve. Und nun fühlt sich U.S. Robotics wie ein «Start-up mit dreissigjähriger Erfahrung».

Strategie und Sachzwang

Was ändert sich durch die neugewonnene Selbstständigkeit für U.S. Robotics? Das Unternehmen will in den nächsten Jahren vom Image des Spezialisten für analoge Modems wegzukommen und sich zur allgemeinen «Internet Acess Firma» mausern. Der gute Markenname und die Marktstellung soll ausgenutzt werden, um mit herkömmlichen Produkten gute Geschäfte zu machen und sich dann von dieser sicheren Plattform aus in neue Bereiche vorzuwagen.
In der kommenden Produktepalette wird man deshalb, zumindest vorerst, vergeblich nach revolutionären Neuentwicklungen suchen. Verhoeve meint denn auch einige Male beinahe entschuldigend, das sei vielleicht alles nicht «sehr sexy». Der Business-Schwerpunkt soll weiterhin bei analogen Modems liegen, das Produktspektrum bleibt auf den Konsumenten- und SOHO-Markt ausgerichtet.
Aber sind analoge Modems nicht tot? «Mitnichten», meint Verhoeven, und verweist auf Zahlen und Prognosen von IDC. Noch mindestens bis 2004 sollen in der Schweiz jährlich mehr Analog-Modems verkauft werden, die Verkäufe somit die der Breitbandmodems noch für einige Zeit weit übersteigen. (Für Kabelmodems liegen uns leider keine Zahlen vor).
Diese Zahlen sind die eine Seite, auf der anderen Seite ist es für USR auch bereits zu spät, noch auf der ersten Welle der Breitbandmodems mitzusurfen, wie Verhoeve auch offen zugibt. Der Verkauf läuft bei diesen Geräten vorerst über den Channel der Provider, die bereits Verträge mit anderen Herstellern abgeschlossen haben. USR muss hier auf den Markt warten.
Sobald die Standards geschlossen sind, werden die Verbraucher Wahlmöglichkeiten erhalten, denn die Provider werden den Modemvertrieb gerne so schnell wie möglich wieder loswerden, glaubt Verhoeve. Mit den fallenden Preisen werden Breitbandmodems in den Massenmarkt eindringen und dann wird auch USR zuschlagen können, so hofft er. Ein erster USR DSL-Router soll im Mai lanciert werden.

Erstes Standbein V.92

Ein Punkt der unter 3Com vernachlässigt wurde, war die Weiterentwicklung der Geräte, gerade auch der analogen Modems. Viele Entwickler hatten zu 3Com gewechselt und sich dort um andere Produkte gekümmert. Nun sind die meisten wieder zurückgekehrt, was Verhoeve als grossen Erfolg für den «Start-up» USR verbucht. Seine Chancen sieht USR vor allem mit dem neuen Standard V.92 ( gegenüber V.90 verkürzte Einwählzeit, erhöhte Upstream-Geschwindigkeit, Anzeige von eingehenden Anrufen). Hier sei man der Konkurrenz voraus, meint Verhoeven, denn die aktuellen Chipsets von Rockwell und Lucent seien noch nicht V.92-fähig.

Zweites Standbein Wireless-LAN

Im April will USR seine neuen Produkte (PC Card, PCI Adapter, Access Point) für drahtlose 11Mbit/s-Netzwerke in Europa auf den Markt bringen, die ein zweites Standbein werden sollen. Durch einfache Produkte und tiefe Preise soll die drahtlose Netzwerktechnik für einen neuen Kundenkreis schmackhaft gemacht werden, nämlich Heimanwender und Kleinfirmen. Dadurch wird sich auch die Konkurrenzsituation mit der Ex-Mutterfirma 3Com in Grenzen halten. Der Access Point wird Netzwerke von 4 bis 20 Anschlüssen bedienen, bei bis zu drei Anschlüssen kommt man sogar ohne Access Point, sondern nur mit den Karten aus.

Channelpflege

USR will konsequent über den Channel verkaufen, und hegt keine Direktverkaufspläne. Und «alle Beteiligten sollen gut verdienen», verspricht Verhoeve den Partnern. Gegenüber 3Com-Zeiten sollen einige Dinge verbessert werden.

Mit gesteigertem Marketing und Promotions soll mehr Pull erzeugt werden.

Bereits Ende Dezember wurden die Preise gesenkt, und das Pricing soll in Zukunft marktkonform bleiben.
Auf Anregung aus dem Channel hin wurde das Verpackungsdesign geändert und dem europäischen Geschmack angepasst.
Die Margen sollen für alle beteiligten fair bleiben. Eine wichtige Änderung: Distipreise sollen einheitlich, nicht mehr verhandelbar oder mengenabhängig sein. A propos Distis, zu den bestehenden Vertriebsverträgen (Tech Data, Ingram, Actebis und Alltron) sollen weitere hinzukommen, Gespräche mit zwei potentiellen neuen Partnern sind im Gang.
Die Abwicklung von Retouren und Garantiefällen wurde erleichtert, Retouren werden jetzt über alle Kanäle akzeptiert. Eine Hotline wurde sichergestellt.

Eine Website für Fachhändler ist in Arbeit. (hjm)


Welche Modemmarken verwenden die Breitbandprovider?


Bluewin Alcatel / Zyxel (Ab März)
Cablecom Cisco / Com 21 / Samsung
Callino Zyxel
Cybernet Zyxel
Easynet Alcatel Zyxel
Econophone Zyxel
Vtx Alcatel / Zyxel


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER