Massive Kritik am Transtec-Management

Seit der Übernahme von Datacomp durch Transtec hat der Distributor/Reseller massiv Mitarbeiter und Marktanteile verloren. Die Leitung steht in der Kritik.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/01

     

Als im Herbst 99 die Übernahme von Datacomp durch den deutschen High-End-Assemblierer Transtec bekannt wurde, titelte IT Reseller: «Datacomp Distribution ein Waisenkind?». Die Frage war offensichtlich berechtigt, denn seitdem schrumpfte sowohl die Zahl der vertretenen Linien (von ca. 100 auf etwa 30) wie auch die Anzahl der Mitarbeiter.
Vom ehemaligen Kader blieb gerade noch Ulrich Bachmann, der bis zum Abschluss der Integration von Datacomp in Transtec an Bord bleibt. Auch der bisher erfolgreiche Leiter von Transtec Schweiz, Peter Dietiker, hat die Firma gewechselt. Er habe sich einen Lebenstraum erfüllt, so Transtec-CEO Bernhard Bruscha, und wurde Hotelier.
Auch Transtec selbst musste bluten: Die Produktion in der Schweiz wurde gänzlich eingestellt und an den deutschen Hauptsitz verlagert. Selbst die Notebook-Endassemblierung wurde aufgegeben. Diese war ursprünglich noch als ein Grund für die Übernahme angegeben worden, da Transtec selbst bei den Notebooks eine Schwäche sah.

Mieses 2000 für den Transtec-Konzern

Als Grund für den Kahlschlag nennt Bruscha den beträchtlichen Verlust von 5,2 Mio. Euro in den ersten neun Monaten 2000. Der Löwenanteil davon sei auf die Schweizer Operationen entfallen und dort vor allem die ehemalige Datacomp.
Sogar einen Verkauf des Distributionsteils schliesst Bruscha nicht aus. Bruscha: «Der Endkunden-Bereich von Datacomp passt gut zu uns. Den Rest können wir mitführen.» Aber er sagt auch: «Wir suchen nicht aktiv einen Käufer und es gibt auch keinen Beschluss, die Distributionsaktivtäten zu schliessen. Doch wenn ein Käufer uns ein gutes Angebot machen würde, würden wir das sicher anschauen.»

Ehemalige Kader wütend und enttäuscht

Ganz anders tönt es allerdings von Seiten der ehemaligen Datacomp-Kader, die auf der IT-Reseller-Webplattform die Gelegenheit zum Kommentieren nutzten. Thomas Knuchel, unterdessen bei Panatronic, meint: «Für mich kommt diese Entwicklung nicht ganz unerwartet. Nachdem Transtec Deutschland das Zepter bei Datacomp übernommen hatte, konnte man erst feststellen, wie hilflos das Management von Transtec zum Teil agierte.» René Schätti, auch er ehemaliges GL-Mitglied der Datacomp, kritisiert wie andere auch den Führungsstil von Transtec:
«Auf jeden Fall beweist sich für mich, dass man in der heutigen Zeit mit einer diktatorischen Unternehmensführung, wie sie bei Transtec gepflegt wird, keinen Erfolg erzielen kann!»
Brisant die Aussage eines ehemaligen Datacomp-Buchhalters, der schlicht bezweifelt, das Datacomp für die Verluste von Transtec verantwortlich sein soll: Schliesslich habe man Datacomp vor der Übernahme auf Herz und Nieren überprüft. Sein bitterer Schluss: «Schade um das schöne Team.»
Den Vogel schoss aber Transtec selber ab. Einem Datacomp-PM, der sich erlaubt hatte einen Kommentar auf IT Reseller Online abzugeben, wurde die berühmte halbe Stunde Zeit gegeben, um sein Büro zu räumen. Gekündigt hat allerdings auch er bereits vorher... (hc)

Kritiker machen es sich (zu) einfach

Die Kritiken sind verständlich und nachvollziehbar. Trotzdem macht es sich zu einfach, wer die ganze Schuld dem Transtec-Management zuschiebt. Der Distributionsprofi René Regez kommentierte ganz richtig: «Warum wurde Datacomp verkauft?
Ist es nicht so, dass die Datacomp es verpasst hatte, ein klares Profil zu erarbeiten? Da wurde versucht, den Fachhandel mit Produkten zu beliefern und gleichzeitig auch Enduser zu beglücken.»
Tatsächlich ist Datacomp nicht der einzige Schweizer Komponenten-Disti, der in massive Schwierigkeiten geraten ist. COS Distribution Schweiz schrieb 2000 gemäss «FuW» sehr wahrscheinlich rote Zahlen und C-Connect wurde von der Mutter in den Abgrund gerissen.
Der Komponenten-Markt leidet unter Preis- und Margenzerfall, hinzu kommt die helvetische Überdistribution. Neben der missglückten Integration in den Transtec-Konzern, dürften die erstarkte Konkurrenz der Distributions-Multis (Ingram, Actebis, Tech Data) und die europaweite PC-Krise äussere Ursachen für die Misere bei Datacomp sein.
Christoph Hugenschmidt


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER