IT Reseller:
Tech Data und Ingram gelten in Europa als wenig profitabel. Weniger, auf jeden Fall, als kleinere, fokussierte Distributoren wie
Also ABC. Sind «Economies of Scale» in Europa ein Phantom?
Graeme Watt: Ich glaube, wir müssen über das Geschäftsmodell sprechen, mit dem wir operieren. Wenn wir den Gewinn in Dollar oder Euro anschauen, verdienen wir von Tech Data in Europa mehr Geld als irgend jemand anders.
Es ist aber schon möglich, dass man mit einem anderen Geschäftsmodell, in Prozenten ausgedrückt, eine höhere Rendite erzielen kann und ich glaube auch, dass man in kleineren Märkten höhere Renditen erzielen kann. Wir operieren aber auch in den sehr grossen Märkten wie Deutschland, Spanien, UK etc. und sind dort erfolgreich.
Unser Ziel liegt bei einer Bruttomarge von sechs Prozent und einem Gewinn vor Steuern von zwei Umsatzprozenten.
ITR: Wir haben im letzten IT Reseller geschrieben, dass die Umstrukturierung in Europa und die
Umbenennung von C2 zu Tech Data eine «Amerikanisierung» sei. Tech Data USA ist profitabler – in Europa müssen Sie nun aufholen und Synergien innerhalb des Konzerns finden. Stimmt diese Einschätzung?
GW: Ja, was die Synergien betrifft, ist diese Einschätzung grosso modo richtig. Am 2. Juli 98 hat die Tech Data die Mehrheit an der Computer 2000 AG erworben. Wir haben seither noch zu wenig Synergien innerhalb Europas entwickelt. Tech Data USA hebt ausserdem seit ein paar Monaten ab, und der Unterschied zwischen Europa und den USA ist grösser denn je. Gründe hierfür sind vor allem der starke Aufschwung der US-Wirtschaft, die Euro-Schwäche und der Niedergang unserer stärksten globalen Mitbewerber. Das generelle Umsatzwachstum des IT-Marktes in Europa liegt indessen unter den Erwartungen, also müssen wir im Konzern viel mehr Synergien entwickeln.
USA-Einfluss nicht überschätzen
Wir werden nun Erfahrungen und Business-Modelle aus den USA in Europa einbringen und so Synergien gewinnen. Doch man darf das nicht überschätzen. Etwa ein Viertel der potentiellen Synergien kommt mit
Tech Data USA zustande, drei Viertel können wir aber innerhalb von Tech Data Europa gewinnen. Von den USA können wir von den massiven Investitionen in E-Commerce und IT-Infrastruktur profitieren. Von einer «Amerikanisierung» kann man aber keinesfalls sprechen.
Die Bildung von drei Regionen in Europa wird ebenfalls zu Synergien führen. Es wird weniger Lagerhäuser geben und wir werden Einkauf und sogar gewisse Backoffice-Funktionen zentralisieren können. Das wird nicht zu Kosteneinsparungen führen, aber mithelfen, die Kosten stabil zu halten.
Ausserdem werden wir die vertikalen Operationen mit Workstation 2000 und Datech 2000 vorwärts treiben. Als weiteres vertikales Business schauen wir heute Zubehör, Cisco-Produkte und Komponenten an. Im vertikalen Geschäft wird es zentrale Lager und zentralisierte Kompetenzen geben.
ITR: Was unternehmen Sie gegen die fast schon «berühmten» häufigen Management-Wechsel bei Computer 2000 in Deutschland und der Schweiz?
GW: Ich kann zur Vergangenheit nicht viel sagen, ich war ja noch nicht in meinem jetzigen Job. Jetzt kann ich mit den Leuten und den Tools arbeiten, die ich hier und heute habe. Mein erste Priorität ist es, die richtigen Leute am richtigen Platz zu haben. Und ich bin davon überzeugt, dass wir jetzt die richtigen Leute haben.
Wir hatten Probleme in der Schweiz, zugegeben. Aber Manfred Steinhardt und Andreas Dürst haben den Turn-Around schnell geschafft. Es gibt signifikante Verbesserung bei den Kosten und im Pricing. Das drückt sich in harten Zahlen aus.
VARs sollen auslagern
ITR: An einem ITR-Roundtable diesen Sommer nannte ein grosser Schweizer VAR die Distributoren als zukünftige Konkurrenten, weil sie immer mehr Dienstleistungen selbst übernehmen. Was sagen Sie ihm?
GW: Die alte Welt der Distribution gibt es nicht mehr. Früher hatten die VARs im KMU-Geschäft genug Marge für alle in der Lieferkette: Hersteller-Distributor-VAR-Endkunde. Jetzt entwickeln wir das Geschäft rund um E-Commerce – und wir wollen genau im Herzen der Lieferkette sitzen.
Schauen wir uns doch die Situation in den USA an: Im Q2 entstammen 64% unserrer Umsätze aus Direktlieferungen zum Endkunden. Unser Business wuchs in den USA um 40%.
Ich denke, das ist die Ausgangslage, in der wir zusammen arbeiten.
Wir bieten die Liefer-Services. Wenn ein Hersteller möchte, dass wir zum Endkunden liefern, tun wir das. Wichtiger aber: wir helfen dem VAR, Kosten aus der Lieferkette zu nehmen. Wir offerieren demReseller fixfertige Tools, wie Online-Lizenzierung und E-Commerce-Tools und helfen ihm im ganzen Verkaufsprozess mit ausgefeilter Logistik.
Vor wenigen Jahren hat die Lieferung an die Endkunden (Drop Shipping) die Reseller noch nervös gemacht und sie haben an der Qualität der Konfigurations-Services gezweifelt.
VARs können heute gewisse IT-Services an uns auslagern. Wir sind die Spezialisten für Finanzierung und Supply-Chain-Services. VARs können diese Services nie so billig wie wir anbieten, denn wir nehmen Kosten aus dem Beschaffungsprozess heraus. Der Druck zum Auslagern der Logistik-Services zu uns kommt heute von den VARs. Es gibt viel Raum im Markt für beide, für VARs und für uns, das zeigen uns auch die US-Zahlen.
ITR: Die grossen Distributoren ihrerseits kommen heute immer mehr unter Druck seitens der Transporteure, wie TNT oder UPS. TNT hat ja zum Beispiel das Geschäft mit den Compaq-Ersatzteilen in Europa gewonnen. Wie gross ist die Bedrohung durch Transporteure für Sie?
GW: Tatsächlich, die Konkurrenz durch Transporteure ist bei uns intern schon ein Thema. Es ist eine Bedrohung. Die Hersteller wollen direkt mit dem Kunden handeln und brauchen dazu einen Logistiker.
Aber ich sehe nicht, dass sie heute eine IT-Distributions-Infrastruktur wie die unsere aufbauen können. Wenn ein Hersteller für jedes Bestandteil der Lieferkette ausschliesslich den besten Partner auswählen will, hat er es am Schluss wieder mit sechs verschiedenen Partnern zu tun. Wir setzen dem integrierte Services entgegen.
Ausserdem bieten wir dem Kunden die ganze Produkte-Palette, während ein Transporteur immer nur mit einzelnen Herstellern zu tun hat.
Klar, die Transporteure sind eine Gefahr für uns. Wenn wir sie jetzt ins Disti-Geschäft lassen, dann machen wir etwas falsch. Doch unser Angebot ist stark und der Eintrittspreis für neue Player sehr hoch. Auch sehe ich noch keinen Transporteur, der eine wirklich paneuropäische Infrastruktur hat.
Schnell wachsendes Geschäft mit E-Tailern und Corporate Resellern
ITR: Wie gross ist heute der Umsatzanteil von E-Tailern wie Primustronix, die Techdata mit Logistik-Dienstleistungen wie ‘Drop Shipping’ bedient?
GW: Ich kann Ihnen da keine genauen Zahlen sagen, aber der Anteil ist sicher noch ein kleiner Teil unseres Geschäfts. Allerdings ist dieses Geschäft und das Business mit Outsourcing-Dienstleistungen für Corporate Reseller stark wachsend. Wir haben bedeutende Deals zum Beispiel in UK und in Spanien. Es ist sicher unser am schnellsten wachsendes Geschäft.
ITR: In welchen Märkten sehen Sie das grösste Potential für Techdata?
GW: Es gibt sicher noch Länder, wo wir ein grosses Wachstumspotential haben. Wenn ich die Produkte-Kategorien anschaue, dann sehe ich das grösste Potential bei unseren vertikalen Geschäftsfeldern.
Also im Midrange-Bereich, im Cisco-Geschäft, bei Computer-Zubehör, Storage und bei PC-Komponenten.
In unseren traditionellen Geschäftsfeldern wie PCs und Software werden wir hingegen mit dem Markt wachsen. (Interview: hc)