Geschäfts-Notebooks als Rettungsring

Im Jahr 2006 lief der Schweizer PC-Markt alles andere als gut. Nur dank den Business-Notebooks konnten die mobilen Systeme das Vorjahresniveau noch halten. Auch künftig ist in diesem Segment noch Wachstum drin.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/16

     

Fast alle Teilsegmente des Schweizer PC-Marktes weisen im Jahr 2006 (in Bezug auf die Stückzahlen und die Umsätze) ein negatives Wachstum aus. Fast alle. Denn von dieser ernüchternden Bilanz ausgenommen, ist das Segment der Business-Notebooks. Dort nahmen die Stückzahlen zu. Dem geringen Preiszerfall sei dank, sind auch die Umsätze gestiegen. Dies belegen die Marktzahlen aus der Branchenanalyse «Weissbuch», dem alljährlich vom Männedorfer Consultant Robert Weiss (Bild) kompilierten Marktreport zu den PC-Verkäufen in der Schweiz. Demzufolge wurden im Jahr 2006 insgesamt 1,373 Millionen Einheiten hierzulande abgesetzt. Das sind 7,6 Prozent weniger als im Vorjahr.
Weil zugleich der Durchschnitts­preis pro Einheit sank, resultierte aus diesen Verkäufen ein Gesamtmarktumsatz von 2,004 Milliarden Franken. Das sind 8,2 Prozent oder 179 Millionen Franken weniger als im Vorjahr. Auffallend ist zudem der starke Rückgang bei den Stückzahlen im Bereich der Desktops: minus 13,2 Prozent auf 724’000 Einheiten. Auch der verhältnismässig geringe Rückgang bei den Notebooks von minus 0,5 Prozent auf 649’000 Einheiten fällt aus der Reihe. Er zeigt, dass die Aufholjagd der mobilen Systeme gegenüber den Desktops sich dem Ende zuneigt: Schon in diesem Jahr dürften in der Schweiz zum erstem Mal insgesamt mehr mobile Einheiten als Desktops verkauft werden. In den letzten 6 Jahren war der Anteil der Notebooks am Gesamtmarkt von 25 auf 47 Prozent angestiegen.

Business-Notebooks profitierten

Dass der Stückzahlenrückgang bei den mobilen Systemen mit 0,5 Prozent vergleichsweise gering ausfiel, ist allerdings einzig dem Wachstum im Segment der Business-Notebooks zu verdanken: Während die Home-Notebooks 16,5 Prozent verloren, legten die Business-Notebooks um 14 Prozent zu.
Weissbuch-Autor Robert Weiss sieht verschiedene Faktoren, die zum insgesamt schwachen PC-Markt 2006 beigetragen haben: «Zum einen war es ein sehr heisser Sommer. Zwischen April und September ist nicht viel gelaufen. Hinzu kommt, dass im Jahr der Fussball-WM ein Grossteil der Heim-Budgets für Flachbild-Fernseher aufgewendet wurde und nicht für Notebooks.» Auf den Markt ausgewirkt hätten sich laut Weiss auch die Ankündigung des neuen Windows-Betriebssystems Vista sowie der offen in den Medien ausgetragene Preiskampf zwischen Intel und AMD. Diese beiden Ereignisse hätten die abwartende Haltung bei den Konsumenten zusätzlich verstärkt. Auch seien im Jahr 2006 keine nennenswerten Grossgeschäfte oder Beschaffungsrunden gelaufen, von denen der Markt hätte profitieren können. «Insgesamt kann man aber sagen, dass 2006 zumindest für das Segment Mobile Business ein gutes Jahr war», so Weiss.

Verlangsamter Preiszerfall

Gute Kunde für Distribution und Handel war aber auch der deutlich verlangsamte Rückgang der Durchschnittspreise. So hatte der Preiszerfall bei Business Notebooks zwischen 2004 und 2005 noch 9,2 Prozent betragen. Zwischen 2005 und 2006 sanken die Preise dann aber nur noch um 1,6 Prozent: So mussten 2006 für ein Business Notebook durchschnittlich 1957 Franken aufgewendet werden gegenüber 1988 Franken im Vorjahr. «Es stimmt, dass der Preiszerfall in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat», sagt dazu Weiss. Die breite Wahrnehmung der Preise werde aber oft durch Schnäppchenangebote bei den grossen Retailern getäuscht.
Den verlangsamten Preiszerfall führt Weiss vor allem auf den Technologiewechsel zu Dual-Core-Prozessoren zurück: «Weil der CPU-Preis weiter ansteigt, könnte der Gesamtpreis für mobile Systeme im Jahr 2007 sogar zunehmen.» Grund für die Leistungssteigerung bei den Systemen ist vor allem Windows Vista, wenn auch das neue Microsoft-OS in den Unternehmen bislang kaum zum Einsatz kommt: «Die Notebooks im Business-Bereich werden heute wieder mit Vista und XP ausgeliefert», sagte Weiss zu IT Reseller. Die meisten Firmen würden auf XP bleiben, weil der Lernaufwand für das neue Betriebs­sytem und insbesondere für die Office-Suite 2008 viel zu gross sei. Das hindere die Hersteller natürlich nicht dar­an, ihre Systeme mit mehr Leistung für Vista auszustatten, weshalb der Durchschnittspreis eben weniger stark falle oder teilweise sogar anziehe.

Dell schichtet um, Acer verliert

Bei der Betrachtung der Marktzahlen der einzelnen Hersteller fällt auf, dass Dell im Bereich der Business-Notebooks vom zweiten Platz auf die Spitzenposition vorgerückt ist: Mit 86’700 verkauften Einheiten gegenüber 62’440 konnte der Direktverkäufer um satte 38,9 Prozent zulegen. Diese Erfolgsmeldung bedarf allerdings einer Ergänzung: «Dell hat seinen Home- und Business-Bereich neu strukturiert und viele frühere Heim-Modelle dem Business-Bereich zugeteilt», sagte Weiss. So sei auch die starke Zunahme bei den Business-Notebooks und die starke Abnahme bei den Home-Notebooks zu erklären. Mit einem Wachstum um 10,9 Prozent von 66’526 auf 73’800 Business-Notebooks belegt Vorjahressieger HP im Jahr 2006 den zweiten Platz. Starke Zunahmen bei den Business-Notebooks verzeichnen auch Apple, Toshiba, Fujitsu-Siemens und Asus. Mit einem auffallend hohen Minus von 21,5 Prozent steht Acer da: Die Taiwaner verkauften im Jahr 2005 noch 55’155 Business-Notebooks, im Jahr 2006 waren es nur noch 43’000: «Zum einen ist Acer traditionell vor allem im Home-Bereich stark, zum anderen trifft es tatsächlich zu, dass dieser Hersteller im Jahr 2006 nicht gerade sein bestes Jahr hatte», präzisiert Weiss. Hinzu komme auch, dass Acer stark in den Retail-Kanal gegangen sei und dieser habe im Jahr 2006 seine Probleme gehabt.
Auffallend ist auch ein deutlicher Rückgang bei den Assemblierern. So wurden im Jahr 2006 nur noch 35’500 Einheiten in der Schweiz zusammengebaut, was einem Rückgang von 31,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Anteil der Assemblierer am Gesamtmarkt sank um 31,3 Prozent von 8 Prozent im Jahr 2005 auf 5,5 Prozent im Jahr 2006. Stark brach auch der Assemblierer-Umsatz ein, nämlich um 381 Millionen auf 324 Millionen Franken. «Diese Entwicklung zeigt, dass Assemblierer vermehrt auf Nischenprodukte setzen müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen», analysiert Weiss.

Durchzogene Prognosen

Eher vorsichtig sind auch die Prognosen von Weiss für das laufende Jahr 2007: «Der Markt nimmt zwar allgemein zu. Aufgrund von Vista wird aber der Home-Bereich stärker wachsen als der Business-Bereich.» Im Business-Bereich dominieren derweil die Notebooks klar das Geschehen: Die Zahl der abgesetzten Desktops dürfte noch weiter zurückgehen. «Im Business-Bereich läuft im Moment tatsächlich nicht allzu viel, weil Vista für die Unternehmen nicht interessant ist», kommentiert Weiss. Auf Ende des Jahres hin ist allerdings mit einem Anziehen zu rechnen: Weiss prognostiziert im Segment der Business-Notebooks für 2007 ein Stückzahlenwachstum um 20,2 Prozent von 391’000 auf 470’000. Zudem soll der Durchschnittspreis von 1957 Franken im Jahr 2006 auf 2050 Franken im Jahr 2007 steigen, was für höhere Umsätze sorgen wird.
Auch wenn der Gesamtmarkt etwas anziehe, so würde die Entwicklung in der Schweiz dem europäischen Schnitt punkto Wachstum etwas hinterherhinken, schiebt Weiss nach. Und das ist keine Feststellung, die bei Herstellern, Handel und Distribution für eine allzu euphorische Stimmung sorgen wird. (bor)

Weissbuch 2007

Die Studie enthält detailliertes ­Zahlenmaterial: PC aufgeteilt nach Desktop und mobile Systeme mit der Unterteilung nach Einsatz Business und Home; Details zu den Kanalstrukturen und Einsatzsegmenten; Assemblierer-Markt; Server- und Storage-Markt, sowie gesamter ICT-Markt; Vergleiche mit den EITO-Werten. Weiter sind Marktprognosen für die folgenden Jahre enthalten. Das Weissbuch 2007 kostet 800 Franken. Weitere Infos unter: www.weissbuch.ch


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