Car-Entertainment auf tiefem Umsatz-Niveau

Multimedia im Auto ist zunehmend gefragt. Doch das Business im Car-Audio-Markt ist für Hersteller wie Panasonic oder JVC, aber auch für klassische CE-Händler und Retailer eher rückläufig. Die Sahne schöpft mehr und mehr die Autoindustrie ab, denn immer mehr Fahrzeuge sind bereits beim Kauf mit vollintegrierten In-Car-Audio-Lösungen ausgerüstet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/13

     

Die Geschäfte im Schweizer Car-Audio-Markt laufen nicht schlecht. Die Konvergenz der Technologien hat auch grosse Auswirkung auf die Auto-­Unterhaltung. Heute ist ein Autoradio schon lange nicht mehr nur dafür da, um im Wagen die neuesten Nachrichten zu hören. «Einige Modelle sind richtige Multimedia-Zentralen, die nicht nur ermöglichen Musik ab CD/DVD oder portablem Musikplayer zu hören, sondern auch Bilder oder Videos von zu Hause im Auto abzuspielen», erklärt Marc Helfenstein, Produktmanager Audio, von John Lay Electronics. Mit einem TV-Tuner im Auto Fernsehen zu empfangen, ist ebefalls keine Seltenheit mehr. Das Networking funktioniert einerseits über Standards wie Bluetooth, andererseits über Schnittstellen wie USB oder iPod-Anschluss. «Der Markt bietet heute ein breites Angebot an Artikeln, um fast jedes Bedürfnis im Auto zu erfüllen», sagt Helfenstein.

Wer verdient?

Dass das Multimedia-Auto im Kommen ist, zeigen auch die Zahlen der Marktforscher: «Multimedia im Auto ist ­sicherlich ein Thema. Wir beobachten, dass sich der Markt langsam ent­wickelt», sagt Luca Giuriato vom Marktforscher IHK-GFK gegenüber IT Reseller. Laut Zahlen von IHK-GFK lag der Umsatz in der Schweiz mit einbaufähigen DVD-Geräten und Monitoren fürs Auto 2006 bei 4,9 Millionen Franken. Für das laufende Geschäftsjahr gehen die Analysten von 5,9 Millionen Franken Umsatz aus. Bis 2008 prognostizieren sie Umsätze von rund 8,1 Millionen Franken. «Die Zuwachsrate ist sicherlich zweistellig», sagt Giuriato. «Solange es allerdings günstige portable DVD-Geräte in der Preisklasse zwischen 200 und 300 Franken gibt, die man auch mit ins Auto nehmen, aber eben auch noch anders nutzen kann, wird das Wachstum auf relativ tiefem Niveau bleiben», erklärt der Analyst. Doch wo landen denn nun die Umsätze und wer streicht die Gewinne ein? IT Reseller hat Hersteller von Car-Entertainment, Internet-Händler und den Retail dazu befragt.

Alles in der Grundausstattung

«Der Car-Audio-Markt in der Schweiz ist leicht rückläufig», bestätigt denn auch Helfenstein von John Lay Electronics. Die Littauer sind die Generalvertretung für Panasonic in der Schweiz. Die Palette an Car-Entertainment- und Car-Multimedia-Produkten reicht von verschiedenen Autoradio-Modellen, Multimedia-Geräten wie LCD-Bildschirme mit DVD, LCD-Deckenmonitore über CD- oder DVD-Wechsler bis zu diversen Zubehör-Artikeln fürs Auto wie zum Beispiel Bluetooth-Freisprecheinrichtungen, iPod-Anschlusskabel, Erweiterungsmodule, Lautsprecher, TV-Tuner usw. «Heutzutage sind allerdings immer mehr Autos bereits beim Kauf mit einer voll integrierten Armaturenbrett-Lösung ausgestattet», erklärt Helfenstein die schrumpfenden Umsätze. Die Preise für Car-Entertainment-Geräte sein in den letzten Jahren stetig gefallen und damit teilweise auch die Margen, sagt er.
Ins gleiche Horn bläst auch Preisinsel-Gründer Markus Thoma vom grössten Schweizer Internet-Discounter Netto24. «Der Car-Audio-Markt ist in den letzten 5 bis 6 Jahren stark abnehmend. Sacom mit Pioneer, eine der stärksten Marken in diesem Bereich, hat hier in den letzten Jahren massiv eingebüsst und sich nun auch auf andere Bereiche konzentriert.» Auch Thoma bestätigt, dass Car-Audio heute vermehrt beim Neukauf eines Autos gleich mit erworben wird: «Autohersteller bieten heute Autos mit integrierten Car-HiFi-Systemen, die meistens mit Lenkradfernbedienungen ausgestattet sind.» Die Systeme werden häufig auch schon mit integrierten Freisprechlösungen, CD-Wechsler, USB-Anschluss und Navigationssystemen angeboten. «Die Klangqualität solcher Systeme hat sich in den letzten Jahren massiv verbessert», sagt Thoma. Zudem gibt es bei den heutigen Autos kaum mehr einen Norm-Einschub für Autoradios. Die Einschübe werden immer häufiger gleich an die Form des jeweiligen Cockpits angepasst. «Autohersteller sind innovativer geworden und springen schneller auf neue Technik auf als früher», so Thoma.

Die Qual der Wahl

Beim Autokauf kann heute gewählt werden, ob das Autoradio auch USB- und Aux-Anschluss besitzen, ob ein CD-Wechsler eingebaut werden oder DVDs abspielbar sein sollen, ob per Spracheingabe gewählt werden soll oder ob Kopfstützen mit integrierten Bildschirmen erforderlich sind. «Auch bei Occasionsautos sind in der Regel bereits gute HiFi-Systeme eingebaut und erfordern keine weitere Abänderung.» Als logische Konsequenz auf diese Entwicklung bietet Netto24 auf seiner Webseite seit längerem nur noch beschränkt Car-Entertainment-Produkte an. «Car-Entertainment erfreut sich zwar zunehmender Beliebtheit, die Umsätze bewegen sich aber noch immer auf verhältnismässig tie­fem Niveau», fügt Beny Hochspach, Einkäufer bei Media Markt, an. «Unter den Automobilherstellern, die diese Systeme vermehrt als Einbauoption anbieten, tummeln sich die grossen Marken, die bereits aus dem reinen Car-HiFi-Segment bekannt sind. Leider sind auch sehr grosse Qualitätsunterschiede auszumachen», so Hochspach. Bei Sacom, der Generalvertretung für Pioneer, gibt man sich etwas zuversichtlicher, als Thoma von Netto24 verlauten liess. «Pioneer ist eine der erfolgreichen Marken im Schweizer Markt», sagt Marketingchefin Ros­marie Saner. «Das Geschäft ist relativ konstant, für die klassischen Head-units allerdings leicht rückläufig», gibt sie zu.

Einbau und Service via Garage

Entweder rüsten also die Autohersteller ihre Wagen von vornherein mit dem nötigen Equipment aus oder die Autogaragen übernehmen diesen Job und offerieren den Einbau mit dem Autoverkauf gleich mit. Zudem gibt es auch heute noch den klassischen Autoradio-Fachhändler. Dieser bietet in der Regel vor Ort Reparatur-Services und professionelle Einbauten im Auto nach Kundenwünschen an, denen fast keine Grenzen gesetzt sind. «Am besten laufen Modelle im untersten Preissegment. Viele junge Car-Audio-Fans kaufen sie und bauen sie selber in ihr Fahrzeug ein», sagt Saner von Sacom. Zum Glück gebe es aber noch immer den klassischen Autoradio-Händler, fügt sie an. «Bei Pioneer wird ein fachgerechter Einbau von Multimedia- und Navigationsgeräten mit einer Einbauprämie honoriert. So stellen wir sicher, dass komplizierte Geräte richtig eingebaut werden und der Käufer für sein Geld das Maximum an Hörgenuss und Fahr­spass bekommt. Die Garage, die den Einbau vornimmt, kann durch diesen Service mit einer besseren Marge ­arbeiten.»
Mittlerweile gibt es aber auch Elektronik-Fachmärkte, die einen Einbau-Service anbieten, wie Helfenstein von John Lay weiss. «Kleinere Reparaturen werden teilweise auch direkt vor Ort beim Fachhändler vorgenommen.» John Lay Electronics bietet seinerseits einen eigenen Inhouse-Reparaturservice an, bei dem auch Car-Entertainment-Geräte repariert werden. Media Markt bietet im Rahmen seiner Dienstleistungspalette in allen Märkten den entsprechenden Einbauservice an.

Selbst ist der Mann

«Die Geräte in unserem Sortiment können meist vom Käufer selbst eingebaut werden», sagt Thomas ­Moesch, Produktmanager Audio & HiFi bei ­Interdiscount. Ist das nicht möglich, verweist Interdiscount seine Kunden an den Fachmann in der Autogarage. Defekte Geräte können in allen Filialen zur Reparatur abgegeben werden. In einer Frist von 2 bis 3 Wochen wird die ­Reparatur extern durchgeführt. Interdiscount führt in seinen XXL-­Filialen eine Auswahl an Autoradios der Marken Blaupunkt und Pioneer. Neben Autoradios mit MP3-Anschluss verspürt Moesch bei seinen Kunden zunehmend den Wunsch nach Autoradios mit integrierten DVD-Playern. «Zudem gibt es eine kleine Gruppe von "Freaks", die sich das ultimative Home-Theater mit DVD-Player mit grossem Display und Subwoofer ins Auto einbauen.»

Alles toll bei Media Markt

Im Bereich Car-Entertainment im Retailmarkt übernimmt Media Markt laut eigenen Aussagen eine klare Führungsrolle: «Wir beherrschen hier mit nahezu 50 Prozent Marktanteil den Handel», sagt Purchase Manager ­Beny Hochspach. Das ganze Thema der Car-Elektronik sei in den vergangenen zwei Jahren neu belebt worden. So hätten Navigationsgeräte, allen voran die portablen, und die MP3-Funktionalität dieses Geschäftsfeld richtiggehend explodieren lassen, so Hochspach. Dass es im Bereich Navigationsgeräte boomt, haben alle, mit denen IT Reseller sprach, bestätigt. «Im Bereich Car-Entertainment wächst Media Markt mit hohen zweistelligen Zahlen», sagt Hochspach. Offenbar gehört die Retailkette zu den wenigen, wo sich in diesem Segment etwas bewegt. Für Hochspach sind MP3 und DAB (Digital Audio Broadcasting) im Car-Segment eindeutige Trendthemen. Klare Verkaufsargumente seien dabei die Kompatibilität und Schnittstellen zu Apple. «DAB wird sicher immer mehr zum Thema, da nun ein Grossteil der Schweiz abgedeckt ist», meint auch Markus Thoma von Netto24. Panasonic hingegen bietet im aktuellen Sortiment keine Autoradios mit DAB-Tuner an. «Wir hatten mal einen optionalen DAB-Tuner, aufgrund der geringen Nachfrage wurde dieser aber wieder aus dem Sortiment gestrichen», sagt Helfenstein. «DAB-Autoradios werden zur Zeit noch fast keine verkauft», sagt auch Moesch von Interdiscount. «Es gibt nur wenige Anbieter und die Geräte sind teuer. Sicher wird sich das im nächsten Jahr ändern.» Auch Pioneer hatte DAB-Tuner vor zwei Jahren noch im Sortiment, bietet aber aktuell kein Modell mehr an. «Wir hoffen, dass neue DAB-Tuner kommen werden, wissen aber nichts Genaues», sagt Saner von Sacom.
Media-Markt-Mann Hochspach spürt vor allem eine steigende Nachfrage bei 12-V-betriebenen DVD-Playern, die an die Kopfstütze montiert werden. Diese werden häufig als Doppelset - mit 2 Monitoren - angeboten. Ebenfalls beliebt sind Lösungen, die in den Dachhimmel eines Wagens eingebaut werden. «Hier ist der Absatz aber auf tiefem Niveau», sagt er. Beflügelt werde die Nachfrage jeweils vor den grossen Ferien. «Während langer Autofahrten bewähren sich ­diese Systeme gut zur Beruhigung und Ablenkung der Kinder auf den Rücksitzen. Oft werden auch portable Spielkonsolen mit diesen Systemen verbunden.» (sk)


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