Flucht in die Nische

In den Nischen Highend-HiFi und Design-HiFi suchen Radio-TV-Händler Schutz vor der brutalen Preisschlacht und dem Margenschwund.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/11

     

Im CE-Markt tobt ein gnadenloser Preiskampf: Die traditionellen Radio-TV-Fachhändler leiden unter sinkenden Margen, der Konkurrenz durch Internet-Händler und der Preispolitik von Discountern. Doch es gibt Nischen, in die sich Händler flüchten und dem Preiszerfall trotzen: Zum einen das Highend-HiFi, zum anderen der Handel mit Designer-Anlagen à la Bang&Olufsen. IT Reseller hat sich mit Vertretern der beiden Lager unterhalten.

Zuerst kommt der Klang

Beat Mittelholzer, der Inhaber des Sulzer HiFi Studios in Zürich, ist stolz, «keine Stereoanlagen für 99 Franken» zu verkaufen. Stattdessen setzt er auf Qualitätsprodukte und auf Kunden, für die der Klang im Vordergrund steht: «Bei mir kaufen Leute, die Musik so hören möchten, wie sie wirklich klingt», sagt er zu IT Reseller. In diesem Highend-Bereich werden für einen Vollverstärker schon einmal 10’000 Franken ausgegeben. Mittelholzer führt Marken wie Audio Physics, Burmester, Bryston, Lexicon oder McIntosh: «Ich schätze die Nische, in der ich mich bewege, auf ungefähr ein Prozent des Gesamtmarktes.»
Mit einem Wachstum rechnet er nicht. Vielmehr stagniere der Absatz: «Qualität hat heute leider keine Lobby mehr. Langlebigkeit ist nicht gefragt.» In seinem Geschäft ist der HiFi-Afficionado auch für Reparaturen eingerichtet. Die persönliche Beratung steht im Vordergrund: «Mein Fachwissen wird auch bei Komponenten der absoluten Spitzenklasse gebraucht», so Mittelholzer, denn oft würden Kunden, die sich im Internet teure Einzelkomponenten besorgten, diese mit ungeeigneten Kabeln verbinden oder die Lautsprecher falsch im Raum plazieren. Er berät den Kunden auch zu Hause, um den bestmöglichen Klang aus jedem Raum herauszuholen.

Konvergenz kein Thema

Über Margen mag der Klangfetischist nicht diskutieren: «Die zusätzliche Marge im UE-Handel macht nicht wett, was Händler durch den Preiszerfall verlieren», sagt er. Mit einem Fernseher für 250 Franken könne man höchstens 250 Franken verdienen. Bei zu tiefen Preisen würden am Ende alle draufzahlen – Hersteller und Händler.
Dass sich die IT- und die CE-Welten aufeinander zu bewegen und konvergente Produkte auf den Markt kommen, diese Entwicklung betrifft Mittelholzer nicht: «Meine Kunden wollen nicht 15’000 Songs auf ein Päckchen Zigaretten laden, sondern sie stehen nach fünf Liedern freiwillig auf und drehen die Platte um», meint er. Weil er Produkte führe, die einen Discounter gar nicht interessieren, könne er trotz kleiner Absatzmengen überleben.

Design für Gutbetuchte als Nische

Die Tatsache, dass die meisten CE-Geräte zu hässlich sind, um einen Parkplatz im Wohnzimmer zu bekommen, nutzen einige Hersteller zu ihrem Vorteil. Neben Bose und Revox etwa auch die dänische Firma Bang&Olufsen: Das Unternehmen setzt neben der Qualität der Produkte vor allem auf eine optisch ansprechende «Verpackung». Als langjähriger Radio-TV-Händler mit einem ehemals breiten Produktportfolio ist der Zürcher Bernhard Fux vor sechs Jahren in die Design-Nische geflüchtet: «Zwei meiner drei Ladengeschäfte habe ich zu reinen B&O-Läden umgewandelt», so Fux zu IT Reseller. In diesem Hersteller sieht er die Zukunft für sein Familienunternehmen.

30 Prozent Bruttomarge

Die Vorteile eines B&O-Händlers sind gewichtig: So lassen sich rund 30 Prozent Bruttomarge erzielen, die Produkte sprechen eine zahlungskräftige Kundschaft an und der Hersteller bekämpft erfolgreich jede Form des Vertriebs über Internetkanäle. Der Kunde ist also für Neugeräte immer auf den Fachhandel angewiesen. Hinzu kommt, dass selbst Occasionen zu respektablen Preisen gekauft werden, was einem Händler mit eigener Werkstatt ein zusätzliches Einkommen bescheren kann. Doch gewichtig sind auch die Anforderungen an die Fachhändler: «B&O hat ein strenges Fortbildungs- und Schulungsprogramm. Auch gibt es viele Auflagen, wie sich das Ladenlokal präsentieren muss. Und ab dem Jahr 2006 wird verlangt, dass sich zwei Mitarbeitende gleichzeitig im Geschäft aufhalten», so Fux.
Mit Margen im Bereich von 10 Prozent, wie sie sich in der IT erzielen lassen, würde er keine Lehrlinge ausbilden können und müsste Personal entlassen, meint er. Differenzieren könne er sich gegenüber den Discountern über die Produkte hinaus mit persönlicher Beratung sowie mit der hauseigenen Werkstatt. Dem übrigen Radio-TV-Fachhandel rät er, kein «Gemischtwarenladen» zu werden, der jedem Vertreter etwas abkauft: «Jeder Händler muss versuchen, sich mit einer oder zwei Marken zu profilieren.» (bor)


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