Zuversicht trotz Umsatzverzicht

Obwohl gemäss einer Umfrage von IT Reseller im letzten Jahr die Umsätze der Schweizer IT-Dienstleister nur marginal gewachsen sind, kehrt in der Branche wieder Optimismus ein. Selbst die Gruppe der Systemintegratoren blickt trotz rückläufiger Zahlen optimistisch in die Zukunft.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/05

     

Die Stimmung in der Schweizer IT-Dienstleisterszene scheint sich langsam aber sicher wieder etwas aufzuhellen. Zwar konnten die von IT Reseller befragten Unternehmen von 2003 auf 2004 im Durchschnitt lediglich ein Wachstum von 4 Prozent aufweisen, sie sehen aber im grossen und ganzen für den Markt gute Zukunftschancen. Selbstverständlich haben 2004 einzelne der befragten Firmen bloss gleichviel oder gar weniger Umsatz gemacht als 2003, doch die meisten konnten zulegen, zumindest was die Gesamtumsätze angeht.
Allein die Umsätze mit Outsourcing-Dienstleistungen sind gemäss unserer Umfrage 2004 um rund 7 Prozent gesunken. Nach allen Servicedienstleistungen gefragt, ergibt sich allerdings wieder ein positiveres Bild: Im Durchschnitt sank der Umsatz bei den befragten Unternehmen von 2003 auf 2004 um 1,4 Prozent.
Beim Personal sieht es gemäss unseren Erhebungen allerdings nicht ganz den Umsätzen entsprechend aus: 2004 haben die antwortenden Firmen trotz Umsatzsteigerung von 4 Prozent 3 Prozent Personal abgebaut.
Die Antworten auf die Frage nach der typischen Projektgrösse fielen erwartungsgemäss sehr unterschiedlich aus. Zwar fielen einige Male Beträge in ein- oder zweistelliger Millionenhöhe, auffallend oft aber lag die Antwort darunter, in sehr vielen Fällen gar unter einhunderttausend Franken. 50 bis 100 K war ein oft gehörter Wert.

Systemintegration ja, ...

Im Bereich Systemintegration musste die Branche allerdings Federn lassen, zumindest wenn man den Zahlen der rund 50 antwortenden Unternehmen glauben darf. Im Durchschnitt weisen die Befragten für 2004 einen um 14 Prozent niedrigeren Umsatz aus als im Jahr zuvor.
Trotz der sinkenden Umsätze schätzen die Befragten die Marktlage für Systemintegration im allgemeinen positiv ein. Ein Grossteil der Systemintegratoren meint, dass die Chancen «intakt», «positiv», «gut» oder gar «sehr gut» seien. René Göldi, Geschäftsführer HIS Consultants, spricht von einer «klaren Bedarfszunahme». Thomas Schönfelder, Head of Corporate Communication bei Adnovum, schätzt die Marktlage ebenfalls gut ein. Schönfelder erwartet «anspruchsvolle, spannende Aufgaben» für den Banken-Software-Spezialisten. Christoph Erb, Mitglied der Geschäftsleitung beim Adnovum-Konkurrenten Finnova, spricht gar von einer «sehr guten Marktlage».

...aber

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Ein paar wenige sehen den Markt als «verhalten», «angespannt» oder gar «schwach». Guido Markowitsch von WMC sagt, es gebe wenige Projekte und wenn, dann mehrheitlich für Teillösungen.
Hansjörg Brugger, CEO Dynawell, bringt es auf den Punkt: «Nur mit Systemintegration wird es schwer sein, zu überleben. Der Druck durch internes Firmen-Know-how bei Kunden wird immer grösser. Darum gilt es als Systemintegrator, einen Added Value wie beispielsweise Manageability Services anbieten zu können.» Und Stefan Forster, der Leiter Corporate Strategy bei Bison, meint dazu: «Nur wer sich fokussiert und Spezialisten hat, wird überleben. Security und Linux sehen wir als Wachstumsmärkte.»

Standardlösungen im Trend

Systemintegration ist für die Branche ein Hoffnungsträger. Doch welchem Lösungsansatz geben die befragten Spezialisten die grössere Chance – Standardlösungen oder Individualentwicklungen? Die Antwort fällt aus, wie sie zu erwarten war: Drei Viertel meinen, Standardlösungen hätten die grössere Zukunft. Bloss 18 Prozent geben den Vorzug Individualentwicklungen. Der oft gehörte Ansatz bei unserer Befragung geht in Richtung «angepasste Standardprodukte». So meint etwa Hansjörg Brugger, CEO Dynawell, es gelte immer mehr, flexibel auf Kundenbedüfnisse einzugehen: «Dabei muss ein IT-Dienstleister mit Anpassung von Standardlösungen die individuellen Anforderungen kostengünstig anbieten und umsetzen können.»
Und Philipp Kronenberg, CFO der BBV Software Services, sagt klipp und klar: «Die Frage ist für was. Standardlösungen für KMUs in administrativen Belangen, Individuallösungen für Key-Kompetenzen sowie applikationsspezifische Erweiterungen in Grosssystemen».
Auch René Göldi, der Geschäftsführer von HIS Consultants, sagt, dass Software nach Mass durchaus Zukunft hat: «Die Individualentwicklung spielt nach wie vor eine grosse Rolle, vor allem bei Integrations- und situativen Key-Projekten, durch welche man sich einen Marktvorsprung erhofft. Enterprise Application Integration ist sicherlich ein zentrales Thema.» Und Axel Hinze, Director Marketing & PR bei Computer Associates, gibt der 80/20-Regel die besten Chancen. Hinze: «Standardlösungen, die den individuellen Anforderungen noch angepasst werden können, gehört die Zukunft. Der ROI ist in der Regel weitaus günstiger».

Sonderfall Unisys

Bei Unisys Schweiz sind die Umsätze von 156,9 im Jahr 2003 auf 125 Mio. Franken im letzten Jahr eingebrochen, weshalb wir das Unternehmen auch nicht in die Berechnung der Durchschnittswerte der Umsätze miteinbezogen haben. Allein im Bereich Systemintegration schmolz der Umsatz um 18 Mio. auf 22,4 Mio. Franken, bei Outsourcing-Dienstleistungen setzte Unisys Schweiz mit total 44,4 Mio. Franken im letzten Jahr 6,5 Mio. Franken weniger um als im Jahr zuvor. Wie erklären sich diese sehr signifikanten Umsatzeinbrüche? «Einerseits hat die Dollarschwäche viel vom Umsatz weggefressen», sagt Thomas Hügli, Leiter Marketing und Kommunikation, zu IT Reseller, «andererseits befindet sich Unisys immer noch im Transformationsprozess vom Technologie- zum Serviceanbieter.» Im 2003 seien aufgrund der Vergangenheit von Unisys noch grosse Teile an Hardwarekomponenten mit in den Bereich Systemintegration miteingeflosssen. Daher sei, so Hügli weiter, ein Vergleich der einzelnen Geschäftsbereiche über die Jahre nur bedingt möglich. Hügli sieht als grösste Herausforderung für Unisys, die Hardwareumsätze durch Infrastruktur-, Outsourcing- und Systemintegrationsdienstleistungen zu kompensieren. Hügli: «Wir erwarten ein Wachstum im tiefen einstelligen Prozentbereich. Treiber sind die Standardisierung und Homogenisierung in der IT-Infrastruktur, der anhaltende Kostendruck sowie neue Geschäftsprozesse im Bundesumfeld, die aufgrund politischer und internationaler Entwicklungen in den Bereichen E-Voting, Grenzwachtkorps und Polizei nötig und verlangt werden.» (mh)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welchen Beruf übte das tapfere Schneiderlein aus?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER