Die (un)heimliche Revolution

Einmal mehr hat am 10. März die Cebit in Hannover ihre Pforten geöffnet und auf den ersten Blick scheint alles wie gewohnt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/05

     

Der Himmel ist grau, die Temperaturen um den Gefrierpunkt und die erhofften Killerapplikationen sucht man vergebens. Doch die Veränderung lauert knapp ausserhalb des Blickwinkels. Wer auf der Cebit 2005 nach neuen Produkten und Lösungen suchend durch die Hallen streift, wird natürlich fündig. Es sind vor allem die Entwicklungen bei den Telekommunikationssystemen. Während für UMTS endlich marktreife und -fähige Geräte und Lösungen angeboten werden, zeigen Anbieter wie Vodafon oder T-Mobile inzwischen HSDPA (High Speed Downlink Packet Access). Mit dem UMTS-Nachfolger sollen in zwei bis drei Jahren auch mobil Download-Raten erzielt werden, die heute nur von den schnellsten DSL-Leitungen erreicht werden.
Datentransport per Paket revolutioniert derweil auch die herkömmliche Telephonie. Voice-over-IP (VoIP) oder «Voipen», wie es neuerdings umgangssprachlich heisst, macht der herkömmlichen Festnetztelephonie mächtig Konkurrenz. Wer über einen schnellen DSL-Zugang verfügt, hat keinen Grund mehr, nicht auf die Internettelephonie umzusteigen. Billiger telefonieren, quasi weltweit zum Ortstarif, ist nur der offensichtlichste Effekt. Mit den in Zukunft zur Verfügung stehenden Bandbreiten spielen weder Datentyp noch Ort des Empfängers wirklich eine Rolle.
In der Konsequenz wird sich die gesamte Netzwerktechnik verändern. Natürlich wird es auch zukünftig bestimmte Anforderungen für Standorte von Servern und Storage-Komponenten geben, aber die bislang noch notwendige Verkabelung der Clients wird entfallen. Dank WLAN wird der Arbeitsplatz nur noch aus einem Notebook und einem VoIP-Headset bestehen.
Mit drei Megabit Downstream ist dann auch das Arbeiten auf Reisen, im Aussendienst oder vom Home-Office aus kein Problem mehr. Designer werden ihre Entwürfe interaktiv mit dem Kunden entwickeln. Architekten werden per WYSIWYG ihren Kunden den Rundgang durch das neue Heim bieten. Zahnärzte werden nur noch 3D-Scanns an Zahnlabors mit automatischen CNC-Fräsen schicken, anstatt mühsam und ungenau per Abdruck zu arbeiten.
Natürlich wird es für alle anderen Hersteller, von den Netzwerkprofis über die PC- und Mobile Computer-Spezialisten bis hin zu den Software-Firmen, notwendig werden, entsprechende Produkte und Frontends zu entwickeln. Hier eröffnet sich ein bislang ungeahntes Potential an Möglichkeiten für kreative und innovative Unternehmen. Denn in wenigen Jahren wird unsere heutige Netzwerktechnik den Charme von Telefon-Schaltbords aus den 20er Jahren haben.
Bleibt nur zu hoffen, dass dies alles nicht von unseren Kindern mit ihren Handy-Gebühren finanziert wird. Denn sie werden einmal mehr die Ersten sein, die die neuen Möglichkeiten in ihre Lebenswirklichkeit integrieren, so wie wir den Videorekorder für unsere Eltern programmieren mussten. ™


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