64 Schweizer Firmen buhlen in Hannover um Aufmerksamkeit

Was treibt Schweizer Aussteller an die weltgrösste IT-Messe und wie halten sie es mit ihrer Teilnahme an der diesjährigen Orbit-iEX? IT Reseller hat die 64 helvetischen Cebit-Aussteller befragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/04

     

64 Schweizer Unternehmen werden heuer als Aussteller an der Cebit ihre Zelte im niedersächsischen Hannover aufschlagen. Teilweise an den beiden Schweizer Gemeinschaftsständen, zu einem Grossteil aber auch als Einzelaussteller. IT Reseller wollte wissen, was Schweizer Firmen an die Monstermesse zieht und was sie sich von ihrem Auftritt im grossen Kanton erhoffen. Hier die Ergebnisse der Umfrage.

Einer der Hauptgründe, das helvetische Fähnchen auf der Cebit zu hissen, ist, auf dem internationalen IT-Parkett bekanntzuwerden und internationale Partner und Kunden an Land zu ziehen. Wer zudem die Vertretung für Firmen über die Schweizer Ländergrenzen hinaus übernommen hat, wie der Wetzikoner Distributor Simpex Electronic, kommt nicht umhin, auch seine Nicht-Schweizer- Kunden auf einer Messe zu begrüssen. Auf dem Schweizer IT-Messeparkett dürfte das allerdings ein eher schwieriges Unterfangen sein. «An der Orbit wäre dies mit Sicherheit nicht möglich, da die Kunden in Basel zu 98 Prozent aus der Schweiz kommen», sagt Yves Amschwand, Marketing- und Verkaufsdirektor bei Simpex Electronic, gegenüber IT Reseller. Simpex nimmt mit einem 80-Quadratmeter-Stand (Halle 16, Stand C14) erstmals an der Cebit teil.


Für andere Unternehmen wiederum hat sich Deutschland zum wichtigsten Markt gemausert. Wie beispielsweise für die Zürcher Software-Schmiede Mediastreams, bekannt geworden durch die pfiffige Voice-over-IP-Lösung «E-Phone». «Bei der Cebit handelt es sich mit Abstand um die wichtigste Messe im Bereich IT und Telekommunikation in Europa, wenn nicht sogar weltweit», sagt Michael Kerle, Marketingverantwortlicher bei Mediastreams. Die klassische Herstellermesse biete eine Nabelschau der ganzen Branche, so Kerle. «Als Hersteller, der in diesem Markt eine Rolle spielen will, ist es unumgänglich, auf der Messe präsent zu sein.» Mediastreams ist zusammen mit dem deutschen Netzwerker Eicon Networks auf einem 154 Quadratmeter grossen Stand (Halle 16, Stand G19) vertreten.

Reynald Schallberger, CEO von Brainware Solutions (Halle 3, Stand A43) merkt an: «Will man als Software-Hersteller dem Mitbewerb nicht nur die Stirn bieten, sondern funktional führend sein, so ist eine stete Steigerung der Lizenzmengen unumgehbar, um die Finanzierung der aufwendigen Produktentwicklung langfristig sichern zu können.» Brainware führt schon seit vielen Jahren Projekte für international präsente Schweizer Firmen durch. Die Nutzung der grössten IT-Messe ist somit ein naheliegender Schritt zur Stärkung der internationalen Präsenz.

Neulinge und Stammkunden

Auch die Preisgewinner des diesjährigen Swiss Technology Awards zieht es an die Cebit. Esmertec, Gewinner des von Siemens Schweiz gestifteten Sonderpreises, wird im Future Parc die Java Runtime Plattform Jbed FastBCC demonstrieren. Esmertec nimmt erstmals an der Cebit teil (Halle 9, Stand A20). «Wir hoffen, dass wir durch die Cebit unsere Produkte einem breiteren Publikum zugänglich machen können und vielleicht ein paar gute Kontakte knüpfen werden», sagt Daniel Diez, Co-Gründer und Chief Architekt von Esmertec.


Die Bison Group ist seit rund zehn Jahren an der Cebit vertreten, dieses Jahr am Schweizer Gemeinschaftsstand (Halle 4, Stand C58), am IBM-Partnerstand (Halle 4, Stand A12) und an diversen Fachvorträgen. «Im Vergleich zu andern IT-Fachmessen hat in der aktuell dynamisch und unaufhaltsamen Entwicklung der IT die Cebit eine absolut wichtige Rolle inne», erklärt Reto Guidi, Leiter Marketing bei Bison Schweiz. «Die Erfolge an der Cebit sind aufgrund der professionellen Vorbereitung, der breiten Ankündigungen und der Proaktivität während der Messe als absolut positiv zu bezeichnen.»

Networking, Networking

Auf der Cebit ginge es nicht nur um Leadgenerierung, so der Grundtenor der Schweizer Aussteller, sondern auch oder vornehmlich um Networking auf internationaler Ebene. Auf keiner anderen Messe treffe man so viele Keyplayer und Entscheidungsträger aus aller Welt. Die Leadgenerierung laufe dabei fast von selbst nebenher. Zudem kommt die Mehrheit der Besucher aus den beiden Zielgruppen, die viele Schweizer Unternehmen ansprechen: Mittelstand und Handel.
«Wir erwarten nicht nur Kunden, sondern auch zusätzliche internationale Partner zu finden», sagt Rolf Röthlisberger von der Genfer Versus Systems (Halle 12, Stand D30).


Nicht zuletzt locken auch die diesjährigen Messeschwerpunkte wie beispielsweise «IT Outsourcing Services» sowie neue Themen- und Ausstellungsbereiche wie «Digital Imaging Area», «Business Content & Electronic Publishing» oder «Telematik und Navigation» die helvetischen Aussteller nach Hannover. Zudem bietet der Fachhandelsbereich «Planet Reseller» Herstellern, Distributoren und Händlern gleichermassen die Möglichkeit, mit dem Channel auf Tuchfühlung zu gehen.

Rolle der Simsa und Osec

Auch der IT-Branchenverband Simsa (swiss interactive media and software association) ist seit Jahren an der Cebit vertreten. «Die Auslandsmärkte, insbesondere unsere Nachbarländer, bieten noch viel unausgeschöpftes Potential für profitables Wachstum», erklärt Walter Duss. Als Simsa-Vizepräsident vertritt er die Schweizer IT-Branche seit rund sechs Jahren am Gemeinschaftsstand.

Der Verband will die Schweizer Unternehmen an der Messe begleiten. Unter anderem wird die internationale Presse bei Fragestellungen zum Schweizer Gesamtmarkt und seiner Entwicklung betreut oder Informationen über Schweizer Unternehmen, die nicht an der Cebit präsent sind, vermittelt. «Wir bearbeiten seit Jahren zwischen 80 und 150 Kontakte, die nicht direkt an präsente Unternehmen gerichtet sind. An der Orbit sind es etwa 20 bis 30 Kontakte, die jedoch im Unterschied zur Cebit, wo der allergrösste Teil internationale Kontakte sind, rein nationalen Charakter haben», so Duss zu IT Reseller. Duss hofft, seinen Schweizer Unternehmen viele Kontakte vermitteln zu können, um deren internationales Geschäft anzukurbeln. Zudem nutzt die Simsa ihren Cebit-Auftritt natürlich auch dazu, um Kontakte zu anderen internationalen Verbänden zu pflegen respektive zu vertiefen.


Die Schweizer Gemeinschaftsstände, die sogenannten «Swiss Pavillons», werden von der Exportförderorganisation Osec Business Network organisiert. Die Osec organisiert die Schweizer Gemeinschaftsauftritte seit Anbeginn der Cebit.
«Die Osec stellt die notwendige Plattform zur Verfügung, damit unsere Kunden, die Schweizer IT-KMU, Erfolg an der Cebit haben», sagt Walter Brogli, Projektleiter Messen, Osec Business Network. An den beiden Gemeinschaftsständen werden heuer etwa zehn Unternehmen vertreten sein.

Letzte Chance für Orbit-iEX

Wie unsere Umfrage ergab, will der Grossteil der Befragten aus Ressource-Gründen neben der Cebit nicht noch an der Orbit-iEX teilnehmen. Einige erwägen eine Teilnahme an der Systems in München, die meisten beschränken sich aber auf ihren Auftritt an der Cebit und hauseigenen Veranstaltungen. Während die iEX über weite Teile als kleine, aber feine und angenehme Messe beschrieben wird, an der man immer gern teilgenommen habe, kommt die Orbit eher schlecht weg.
«Wir nehmen nicht an der Orbit teil», sagt Gert Lang, CEO der Neuenburger Software-Firma Worldsoft (Halle 3, Stand D25). Neben der Cebit wird Worldsoft, wie im letzten Jahr auch, auf der Systems in München teilnehmen. Lang verspricht sich von den beiden grossen deutschen Messen deutlich grössere Erfolge als von einem Auftritt auf der Orbit-iEX.

Mediastreams ist eine der Firmen, die es trotzdem noch einmal mit der Basler Messe versuchen wollen: «Auf der letzten Orbit war überhaupt nichts los», sagt Michael Kerle. Trotzdem gebe man der Messe «eine letzte Chance» und habe einen Stand auf der Orbit-iEX gebucht. «Sollten unsere Erwartungen bezüglich Besucherströme – da spreche ich noch nicht einmal von Leads – nicht erfüllt werden, dann werden wir die Messe im nächsten Jahr streichen», so Kerle rigoros.


Auch Brainware Solutions sagt nein zur Orbit-iEX: «Wenn auch der finanzielle Aufwand für die Cebit wesentlich höher ist als der für die Orbit, so mussten wir feststellen, dass wir an der Orbit vergleichsweise sehr wenige Neuinteressenten verbuchen konnten», sagt Brainware-CEO Reynald Schallberger. Er setzt für die Neuakquise auf Messen derzeit klar auf die Cebit und plant in der Schweiz hausinterne Veranstaltungen durchzuführen, die mit wesentlich tieferen Kosten als ein Orbit-Auftritt realisierbar seien. Zudem ist er aufgrund der Wirren der vergangenen Jahre um die Orbit nicht von einem nachhaltigen Erfolg dieser Veranstaltung überzeugt.

Die Simsa wird dieses Jahr zum ersten Mal seit Jahren auf ihre Teilname an der Orbit-iEX verzichten. «Die Cebit ist das grösste und wichtigste Fenster zur internationalen ICT-Branche und deren Kundschaft», sagt Walter Duss. Da kann die Orbit-iEx eben einfach nicht mithalten muss sie aber vielleicht auch nicht. (sk)


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