Freie Fahrt für freie Software

Zuverlässigkeit und Kostenvorteile von Open-Source-Software (OSS) scheinen die Anwender immer mehr zu überzeugen. Anwender halten sich noch zurück.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/21

     

Linux und Open Source sind, so die Marktforscher von Meta Group, zu einem festen Bestandteil in den IT-Landschaften bei Grossunternehmen, KMU und Behörden geworden.
Markus Huber-Graul, Senior Consultant bei der Meta Group, meint: «Wir treffen heute vermehrt Linux-Maschinen im Enterprise-Computing, also in den Rechenzentren» und prophezeit: «Dieser Trend wird weitergehen.»
Rechenzentren beschleunigen die Linux-Migration. Die positiven Erfahrungen und die Öffnung der IT-Anbieter gegenüber Linux und Open Source geben dieser Entwicklung ihre Dynamik.
Huber-Graul weist auch darauf hin, dass etwa SAP Linux als strategische Plattform definiert hat und alle neuen Applikationen für Linux verfügbar machen will: «Nach anfänglichem Widerstand und gespieltem Desinteresse bemühen sich die grossen IT-Anbieter um eine aktive Rolle bei der Entwicklung von Open-Source-Software.» Führende IT-Anbieter seien eng mit den Community-Projekten verbunden und positionierten sich dort als aktive Teilnehmer.
IDC seinerseits prognostiziert bis zum Jahr 2006 für Investitionen in Linux weltweit Wachstumsraten von mindestens 28 Prozent pro Jahr. Die Marktforscher rechnen mit einem Anstieg sowohl bei Linux-Enterprise-Lösungen als auch bei Privatanwendern. Andere Betriebssysteme könnten hier lediglich Steigerungsraten zwischen zehn und zwölf Prozent verbuchen. Linux gelte als flexibler, stabiler und sicherer als herkömmliche Betriebssysteme und sei zudem um bis zu 95 Prozent günstiger.



Dennoch ist die Entscheidung für Open Source noch keineswegs selbstverständlich. Oft wird erst eine Investitionsstudie erstellt, aufgrund derer sich mit den Anbietern um Rabatte feilschen lässt.
Laut der Studie «Open Source im Durchbruchsjahr 2004» der Meta Group Deutschland setzen derzeit 20 Prozent der Unternehmen Linux vorwiegend als Server-Betriebssystem ein. Fünf Prozent benutzen auch andere Open-Source-Software. Befragt wurden 354 Unternehmen. Firmen mit über tausend Mitarbeitern, so die Studie, setzen OSS mit 50 Prozent deutlich öfter ein, als Firmen mit weniger als hundert Beschäftigten, von denen dies nur gerade 11 Prozent tun. Vorreiter sind die Branchen Transport, Versorger, Telkos, öffentliche Verwaltungen und der Handel. Zurückhaltender geben sich Fertigungsbetriebe und Finanzdienstleister.
Wenig überraschend wird OSS hauptsächlich in Form von Linux als Server-Betriebssystem eingesetzt. Laut der Studie macht diese Entwicklung aber auch vor unternehmenskritischen Anwendungen nicht mehr Halt: Rund 70 Prozent der Unternehmen, die OSS heute oder demnächst im Einsatz haben, sagen, dass sie Open-Source-Software und insbesondere Linux auch auf geschäftskritischen Servern einsetzten. Rund ein Drittel vertritt die Meinung, dass OSS auch den Desktop erreichen werde. Hier scheint etwas in Bewegung zu kommen. Laut IDC hat Linux auf dem Desktop mit einem weltweiten Marktanteil von 3,2 Prozent schon heute eine grössere installierte Basis als Apple. Bis 2007 erwartet IDC eine Verdopplung des Anteils.
Im Gegensatz zum Betriebssystem sind OSS-Anwendungen derzeit vor allem in nicht unternehmenskritischen Bereichen im Einsatz und betreffen Datenbanken, Web-Server und Entwicklungstools sowie Security, Netzwerkunterstützung und E-Mail.

Schlechte Noten für Anbieter

Die Dienstleister, die OSS-Projekte implementieren und weiterentwickeln und Beratung und Schulung anbieten, erhalten von den von Meta befragten Anwendern oft noch keine Bestnoten. Vor allem sehen sie Fragen nach Standards, der Einbindung in bestehende Umgebungen und Interportabilität von Dokumenten aus Office-Anwendungen noch nicht wirklich beantwortet.
Die Meta Group rät den Anwendern, sie müssten sich klar werden, von wem sie Support erwarten, vom Distributor, vom Hardware-Provider, einem Drittanbieter oder vom IT-Dienstleister. Es sei Aufgabe der IT-Abteilungen, dafür zu sorgen, dass funktionierende Prozesse zur Fehlerbehebung und für den Support bestehen, und dass die eingesetzte Distribution mit dem Mainstream übereinstimme.
Will ein Unternehmen die Anbieterlandschaft konsolidieren, sei es ratsam, die Supportverträge in bereits existierende Beziehungen zu integrieren. Die wichtigen Distributoren wie Novell/Suse und Red Hat sind in der Praxis stark in die Supportverpflichtungen der Hardware-Anbieter eingebunden. Ein weiterer, wichtiger Bereich im OSS-Markt sind Systems Management Tools. Hier haben Systems-Management-Anbieter einen interessanten Markt entdeckt.
Zusammenfassend meint Eduard Stupening, Senior Director Consultant bei der Meta Group Deutschland: «Der OSS-Zug hat Fahrt aufgenommen. Die Unternehmenspenetration scheint zwar in Deutschland wie in anderen europäischen Ländern noch nicht allzu gross. Dies liegt nicht zuletzt an der grossen Zahl von mittelständischen Betrieben. Doch im Ganzen stehen die Zeichen für OSS auf Freie Fahrt.» (fis)


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