Lukrativer Markt für kleine Anbieter

In der Schweiz sind 170 zumeist kleine Anbieter im Bereich von Open-Source-Software tätig. Ein Markt mit Wachstumspotential.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/21

     

Rund 170 Firmen bieten heute in der Schweiz Lösungen, Produkte, Dienstleistungen oder Schulungen rund um Open-Source-Software an. Laut einer Umfrage, die Christian Speck von der Privaten Hochschule für Wirtschaft durchgeführt hat, ist jede dritte Anbieterfirma in Projekten im Umfeld von öffentlichen Verwaltungen eingebunden. Weitere 14 Prozent sind im Industriesektor tätig, die restlichen 55 Prozent offerieren Dienstleistungen. Am meisten Anbieter – nämlich 43 – finden sich in der Produktgruppe Internet und Web-Technologien. Jeweils über 30 Anbieter sind im Bereich von Betriebssystemen, Datenbanken, Tools und Utilities sowie Content Management Systemen (CMS) tätig. Eine eigentliche Spezialisierung hat noch nicht stattgefunden. Die Dienstleistungen reichen von der Beratung über die Software-Entwicklung und den Support bis zu Schulungen.
Auffällig ist, dass die grosse Mehrheit der Firmen noch jung ist. Bei mehr als drei Vierteln davon handelt es sich um Kleinstfirmen mit bis zu zehn Mitarbeitenden. Gegenwärtig werden gemäss der Untersuchung in der Schweiz pro Jahr 9,3 Millionen Franken mit OSS-Produkten und 23 Millionen Franken mit OSS-Dienstleistungen umgesetzt. Das mögliche Marktvolumen bei den Dienstleistungen wird allerdings mit 48 Millionen Franken bedeutend höher eingeschätzt.

Gute Auftragslage im Open-Source-Umfeld

«Open Source ist ganz klar ein Geschäft, das sich im Wachstum befindet», sagt etwa Pascal Stürchler, Geschäftsführer von Acceleris in Kehrsatz. Stürchler hat als ehemaliger Mitarbeiter von Sun Microsystems die Einführung von Star Office beim Schweizer Bundesgericht betreut. Nach dem Projekt machte er sich mit Acceleris selbständig. «Viele Firmen haben sich strategisch für OSS entschieden, sind aber noch zurückhaltend», sagt Stürchler zu IT Reseller. Während etwa der Einsatz von Apache im Serverbereich schon akzeptiert und weit verbreitet sei, würden gegenwärtig gewisse Kunden im Client-Bereich Vorreiterrollen übernehmen. Zurzeit arbeitet Acceleris daran, sämtliche Notebooks des Bundesgerichtes auf Linux zu portieren. Die Problematik im OSS-Umfeld sei allerdings in gewissen Fällen der Support der Hersteller, wenn es beispielswei-
se um die saubere Konfiguration von Wireless-LAN und Bluetooth oder den Anschluss von Peripheriegeräten wie Digitalkameras gehe, meint Stürchler.
Auch Claude Hoffmann, Geschäftsführer und Inhaber des ältesten Schweizer Suse-Partners Blue Saturn, schätzt den OSS-Markt als wachsend ein: «Das Interesse der Kunden ist gross und wir führen bei einigen namhaften Early Adopters Pilot- und Implementationsprojekte durch.» Die Auftragslage sei gut. Grundsätzlich würden sich von KMU bis zu Grossbanken, Rückversicherern oder Reisekonzernen viele Firmen für den OSS-Einsatz interessieren. «Linux dürfte wohl auf der Client- wie auf der Server-Seite sowohl Windows als auch alle proprietären Unix-Betriebssysteme langfristig ersetzen», so Hoffmann. Viele Kunden, die heute HP-Unix oder Solaris-Systeme im Einsatz hätten, würden sich für Linux interessieren: «Der Erfolg von Linux in diesem Bereich steht und fällt aber mit der Verfügbarkeit der entsprechenden Applikationen.»

Lukrative Nische für kleine Anbieter

«Mindestens 80 Prozent unserer Kunden setzen das eine oder andere OS-Produkt ein», bemerkt auch Sven Leser (Bild), Geschäftsführer von Sygroup in Reinach. Die Sygroup-Kunden kommen dabei nach Angaben von Leser primär aus der Privatwirtschaft: «Viele KMU sind aktiv auf der Suche nach Alternativen zu proprietärer Software». Grundsätzlich würden diese aus allen möglichen Branchen von Bau bis Consulting stammen. Der Nachfrage-Schwerpunkt liege allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch eindeutig auf dem Server-Bereich: «Auf dem Desktop ist die Problematik, dass viele dieser Unternehmen Applikationen einsetzen, die nur umständlich für Linux verfügbar gemacht werden können», so Leser. Obwohl inzwischen viele kleine Unternehmen im OSS-Bereich tätig sind, ist die Konkurrenzsituation noch nicht so ausgeprägt wie anderswo: «Wir haben hier in der Nordostschweiz unsere Nische gefunden, denn es gibt immer noch verhältnismässig wenig Unternehmen, die eine Kernkompetenz im Linux-Bereich haben.»

Novell zieht alle mit

Die Übernahme von Suse Linux durch Novell scheint den Firmen im OSS-Sektor zugute zu kommen. «Die Anbieterlandschaft ist aus unserer Sicht vergleichbar mit der Idee und dem Gedankengut der Open-Source-Community», sagt dazu Patrik Hofer, Mediensprecher von Novell Schweiz. Je mehr professionelle Player im Markt vorhanden seien, umso schneller werde sich Linux im IT-Lösungmarkt als die zukünftige Alternative etablieren. Gegenwärtig bemerken auch Novell sowie deren Beratungsableger Cambridge Technology Partners nicht nur bei öffentlichen Verwaltungen eine gesteigerte Nachfrage, sondern auch speziell bei Firmen aus dem Finanzsektor im Bereich von Risiko-Analyse-Berechnungen. «Typischerweise werden die ersten Gehversuche meistens im Backend und im Datacenter-Umfeld gemacht», so Hofer. Für Linux rechnet Novell mit einem jährlichen Wachstum von 20 bis 30 Prozent im Jahr 2005, das sich ab 2006 noch weiter steigern sollte. Dabei ziehe der Schulungs- und Support-Bereich am kräftigsten an: «In diesem Bereich gehen wir von einem Wachstum von über 100 Prozent aus.» (bor)


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