Keine Vetternwirtschaft bei HP

Der von der «Sonntagszeitung» an die Adresse von HP und Swisslife gemachte Vorwurf der Vetternwirtschaft für eine Notebook-Beschaffung ist nicht haltbar. Der Entscheid wird von Swisslife durch das preislich attraktive Angebot von HP sowie mit der Existenz eines Beschaffungsvertrags begründet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/15

     

In der Ausgabe vom 29. August hatte die «Sonntagszeitung» unter dem Titel «Sparprogramm bei Swisslife» schwere Vorwürfe an die Adresse der Schweizerischen Rentenanstalt erhoben. Im Zentrum stand dabei die in den Raum gestellte Vermutung, dass bei der Beschaffung von 3400 Notebooks für Mitarbeitende des Versicherers «Vetternwirtschaft» im Spiel gewesen sei. Begründet wurde diese Vermutung vom Journalisten der «Sonntagszeitung» damit, dass Swisslife-CTO Reto Himmel der Bruder eines Direktionsmitglieds von HP Schweiz sei. «Im internen Evaluationsverfahren war IBM obenaus geschwungen, die Marke war insbesondere von den Mitarbeitern stark bevorzugt worden», hiess es im Artikel. Ferner wurde kolportiert, dass «die zweite Bieterrunde nur mit HP» stattgefunden habe.

Zweite Runde mit HP und IBM

IT Reseller liegt jetzt ein internes Papier von Swisslife vor, das nach dem Erscheinen des Artikels an die Mitarbeitenden der Versicherung verschickt wurde. Darin wehrt sich CTO Himmel entschieden gegen die an die Adresse seiner Person gemachten Vorwürfe: Das Evaluationsverfahren für die Laptops im Aussendienst habe aus einer qualitativen Beurteilung der Geräte durch eine gemischte Projektgruppe aus Benutzer- und IT-Vertretern sowie aus einer «branchenüblichen, zweistufigen Ausschreibung» bestanden, heisst es dort.
Zur Ausschreibung seien Dell, Fujitsu Siemens, HP und IBM eingeladen worden. Nach einer ersten Runde haben sich offenbar noch IBM und HP im Rennen um den Auftrag befunden. In der qualitativen Beurteilung der Geräte bezüglich Kriterien wie Bildschirmqualität, Gehäusefestigkeit und Strombedarf sei das IBM-Modell von den Benutzern «etwas besser beurteilt» worden, heisst es weiter in dem Papier.
Allerdings habe HP im Rahmen der Preisverhandlungen am Ende der zweistufigen Ausschreibung «die besten Konditionen hinsichtlich eines Gesamtpakets aus Hardware-Beschaffung und Vor-Ort-Service» offeriert. Somit habe zum Schluss ein «deutlicher Preisunterschied bei gleichzeitig kleinen qualitativen Unterschieden» vorgelegen.

Beschaffungsvertrag mit HP als Hauptkriterium neben Preis

Neben dem Preis scheint bei der Auftragsvergabe an HP aber offenbar auch die Überlegung eine Rolle gespielt zu haben, den Kreis der IT-Lieferanten nicht unnötig ausdehnen zu wollen. Wie das interne Papier nämlich enthüllt, wurde am 6. September 2002 zwischen dem Versicherer und HP ein «bindender, dreijähriger Exklusiv-Beschaffungsvertrag für PC und Drucker in der gesamten Swisslife-Gruppe» unterzeichnet. Der Vertrag hätte die Swisslife zwar nicht dazu verpflichtet, ihre Notebooks bei HP zu beziehen. Dennoch war der Vertrag im Zusammenspiel mit «deutlichen Preisunterschieden» in der zweiten Offertrunde ausschlaggebend für die Zusage an HP. Der Beschaffungsvertrag wurde vom «ehemaligen Management» abgeschlossen, heisst es in dem internen Papier weiter. Wie Swisslife-Sprecher Andreas Hildenbrand gegenüber IT Reseller bestätigt, war Reto Himmel zum Zeitpunkt der Unterzeichnung noch nicht als CTO der Swisslife tätig: «Sein Eintritt erfolgte Anfang 2003», so Hildenbrand. Schliesslich wird der ebenfalls im Artikel erhobene Vorwurf entkräftet, dass CTO Himmel mit Rolf Egli «einen ehemaligen HP-Mann zur Beschaffung sämtlicher Bürogeräte» eingesetzt habe. Der frühere HP-Consultant Egli sei weder in die qualitative Evaluation der Laptops involviert gewesen, noch sei er für die Beschaffung von Bürogeräten zuständig. Egli arbeite als Leiter der neu geschaffenen Abteilung «Electronic Workplace».

«Sonntagszeitung» publizierte trotz Entkräftung der Vorwürfe

Offenbar wurden diese Informationen dem Journalisten der «Sonntagszeitung» im Gespräch auch verfügbar gemacht. Zudem seien die erhobenen Vorwürfe in mehreren Gesprächen mit dem verantwortlichen Redaktor widerlegt worden, wie Hildenbrand gegenüber IT Reseller ausführt: «Tatsache ist, dass ich mit der «Sonntagszeitung» einmal mehr über deren Berichterstattung im Gespräch bin», sagt Hildenbrand. Ob das Unternehmen in dieser Sache rechtliche Schritte gegen die «Sonntagszeitung» einleiten wird, bleibt vorderhand noch unklar. (bor)


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