Die Kommunikation in Netzerken entwickelt sich – ganz ähnlich wie die menschliche Sprache – von der direkten Begegnung über lokale Dialekte im LAN zu einer Art Esperanto (HTML) im Internet. Dabei müssen allerdings allerlei Beschränkungen in Kauf genommen werden. Mit den Business to Business-Anwendungen entwickelte sich daher für deren spezifischen Belange eine Erweiterung: XML.
IT-Verantwortliche erkennen immer klarer, dass XML-Lösungen günstiger und einfacher zu entwickeln sind als andere Technologien wie etwa der Datenaustausch über EDI mit der «Sprache» EDIFACT. Nur: EDI ist ein Standard, XML noch nicht. Die einzelnen Industrien entwickeln oft auf ihre speziellen Bedürfnisse abgestellte XML-Worte und Formate. Für die Kommunikation müssen sich zwei Firmen auf gemeinsame Definitionen einigen. Problematisch ist diese Situation für Unternehmen – etwa einen Anbieter von Büromöbeln – die mit Kunden aus verschiedensten Branchen verkehren. Entwickelt jede Industrie ihren eigenen XML-Dialekt, besteht zudem die Gefahr, dass das Ganze endet wie seinerzeit der Tumbau zu Babel.
Eine Standardisierung ist zwar angesichts dieser Tatsachen ein schwieriges Unterfangen, zu umgehen ist sie nicht. Und sie ist auch im Tun: Verschiedene unabhängige Gremien wie das World Wide Web Consortium (W3C) oder OASIS (Organisation for the Advancement of Structured Information Standards) befassen sich damit. Bis in gut einem Jahr sollen Ergebnisse vorliegen.
Was tut Microsoft?
Wie immer, wenn neue Technologien diskutiert werden, stellt sich unweigerlich die Frage: Wo steht Microsoft? Offiziell gibt sich das Unternehmen konzilliant: Mit der Biz Talk-Initiative wolle
Microsoft auf W3C abstellen und keinen eigenen Standard schaffen. Das Biz Talk Framework soll ausschliesslich die Entwicklung der XML-Technologie beschleunigen und Unternehmen helfen, ihre Anwendungen zu integrieren.
Trotzdem ist vielerorts das Misstrauen nicht auszuräumen. Microsoft wusste in der Vergangenheit durchaus, mit offenen Standards zum eigenen Vorteil umzugehen. Die Open Database Connectivity Technologie etwa, ursprünglich von einem Konsortium von Datanbankanbietern gestartet, wurde im Nachhinen von Microsoft weiterentwickelt – durchaus im Sinn des Unternehmens.
Wie gehabt: Sun versus Microsoft
An der XML 99 in Philadelphia kam es im Dezember letzten Jahres zu einer Ausseinandersetzung zwischen
Microsoft und – wie könnte es anders sein – Sun. Mike Rodgers, Director of Global Software Operations, nahm für Sun die führende Rolle für den Erfolg von XML in Anspruch: «Ohne XML wäre HTML durch ein mächtigeres, proprietäres Format ersetzt worde – wenn nicht durch Sun, dann durch jemanden anderen. Doch wir wollten XML, damit das Web offen und die Daten portabel bleiben.»
Für Sun ist die unabhängige OASIS mit der Homepage XML.org der richtige Ort für das Hinterlegen und Registrieren im Hinblick auf einen zukünftigen Standard. Microsoft ist ebenfalls Mitglied von OASIS. Das hinderte das Unternehmen jedoch nicht daran, für den gleichen Zweck ihr eigenes Portal Biz Talk.org als den geeigneten Ort zu propagieren. Microsoft sieht in ihrem Biz Talk-Framework auch weiterhin die beste Zusammenstellung von Leitlinien für die Anwendung und Publikation von XML. Adam Bosworth, General Manager für XML, erklärte, Microsoft tue XML den besten Dienst, wenn die Firma den Entwicklern Tools zur Verfügung stelle, mit denen sie XML implementieren können, auch wenn die Standardisierung noch nicht abgeschlossen sei.
In der zweiten Januarhälfte will Microsoft auf der Website Komponenten vorstellen, welche die Abfrage-Standards für XSLT und Xpath beinhalten. Wenn sich der Standard deutlicher abzeichnet, wird Microsoft Entwicklern und Anwendern auch Migrationswerkzeuge anbieten. Laut Bosworth will Microsoft überprüfen, wie das Unternehmen mit anderen Gruppen zusammenarbeiten kann. An der XML 99 kursierende Gerüchte, wonach Microsoft Biz Talk einem unabhängigen Standadisierungsgremium übergeben werde, mochte er aber nicht bestätigen. (fis)