Excom wird umgebaut

Stefano Patrignani (Bild) übernimmt einen Spin-Off von Excom, Beni Götti fasst die Wädenswiler IT-Gruppe unter einem neuen Dach zusammen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/13

     

«Ein Unternehmen, das seine Vision aus den Augen verliert, wird besonders in schlechten Zeiten untergehen», sagt Beni Götti und untermauert seine Aussage mit dem Beispiel der Mövenpick-Gruppe seit dem Abgang von Ueli Prager.
Die Excom-Vision sei es, einen Markt für neue Produkte aufzubauen – und zu dieser Vision soll die Excom-Gruppe zurückkehren. Konkret bedeutet dies eine Neustrukturierung der Excom-Gruppe und einen sanften Ausstieg aus den «klassischen» Distributionsaktivitäten für Massenprodukte, wo Excom keine Exklusivität hat.

Konzentration auf Eizo und Nischen

Die operative Leitung der «alten» Excom AG wird Jurij Kubli als COO ad interim übernehmen. Die Excom soll zu ihren Wurzeln als «Brand Market-maker» zurückkehren. Die Wädenswiler werden in Zukunft mit drei Sektoren den Markt bearbeiten. IT Products, Multimedia und In-/Output Solutions.
IT Products unter der Leitung von Ralf Stühler wird versuchen, mit Eizo im Projektgeschäft Samsung & Co. das Leben schwer zu machen. Ausserdem will man in vertikale Märkte (Grafik, Healthcare, Thin Client Computing) investieren.
Die Divisionen Multimedia und In-/Output Solution stehen unter der Leitung von Daniel Künzi. Multimedia will mit Epson-Projektoren das Projektgeschäft weiter ausbauen, vor allem aber im neu aufkommenden und stark wachsenden Segment für Heimkinos mit Komplettlösungen einen neuen Markt aufbauen. In-/Output will mit grossformatigen Druckern/Scannern etc. von Epson vertikale Märkte (Grafik, Prepress, CAD/CAM) bedienen.

Patrignanis Schritt zum Unternehmer

Stimmen also die Gerüchte, dass Stefano Patrignani als Chef von Excom in die Wüste geschickt wurde? Nein – Patrignani wird Unternehmer unter dem Excom-Dach. Als CEO in Wädenswil zur denkbar schwierigsten Zeit eingestiegen, wird er mit einer «substantiellen» Beteiligung grösster Einzel-Aktionär und Geschäftsführer der neuen Firma Excom Supplies.
Ob er einen Machtverlust erlitten hat, wollten wir von ihm wissen: «Ja, wenn Sie Macht nur an der Anzahl der Beschäftigten messen. Was für mich viel mehr zählt, ist, mit einem eigenen Konzept den Schritt zum Unternehmer zu vollziehen. Das ist für mich sicher kein Abstieg, sondern eine wichtige und reizvolle Herausforderung», so Patrignani.
Ab August will er mit Excom Supplies den Markt für Supplies (Toner, Tinte, Datenträger) für alle Marken aufmischen. Die neue Firma hat mit der bestehenden Kundenstruktur, der E-Commerce-Plattform und einem Lieferanten für wiederverwerte Toner- und Tinten-Kartouchen (Marke Silver Reed) durchaus Potential. Alles, was möglich ist (Buchhaltung, Lager, HR), wird zu Excom AG ausgelagert. (hc)

Neue Holdingstruktur

Die Excom-Gruppe wird neu unter der Tecoma-Holding (früher Excom-Holding und Infarex Holding mit Comicro-Netsys und Auslandaktivitäten) zusammengefasst und fungiert als Beteiligungs-Holding. Den VR bilden Beni Götti (Präsident) und seine Kollegen aus Gründerzeiten. Die einzelnen Gesellschaften der Gruppe berichten dem jeweils eigenen Verwaltungsrat. Die Gruppengesellschaften/Beteiligungen sind:
Excom Supplies (Supplies-Disti)
Excom AG («Brand-Market-Maker», Projektgeschäft)
Esag (Service-Geschäft)
Comicro-Netsys (System-Integrator)
Rodata (Mobile Lösungen)

Kommentar


Überdistribution

Mit der Excom zieht sich ein weiterer bekannter Name aus dem reinen Box-Moving-Geschäft zurück – eine Folge der notorischen helvetischen Überdistribution. Die Wädenswiller wollen sich in Zukunft auf das angestammte Geschäft konzentrieren: Neue Märkte zu finden und zu «machen». Im breiten IT-Geschäft mit PCs, PDAs, Druckern und Bildschirmen sind solche neuen Märkte weder zu finden, noch Support und Marketing über die Marge zu finanzieren.
Der (langsame) Rückzug von Excom aus dem Disti/Importeur-Geschäft ist nicht besonders überraschend. Auch wenn das Ergebnis der Excom AG im 2002 positiv war, so schrieb das reine Disti-Geschäft mit Epson-Druckern im vergangenen Jahr Verluste.
2001 wurde die Excom-Gruppe vom plötzlichen Ausstieg von Psion aus dem PDA-Geschäft getroffen und erlitt als Gruppe «massive Verluste» (Beni Götti). Mit dem Ausstieg aus der Distribution der Epson-Consumer-Produkte erfolgte ein erster Schritt, nun besinnt man sich in Wädenswil ganz auf die alten Stärken zurück.
Distribuiert werden nur noch Linien, bei denen man die ganze Marktverantwortung trägt. Die Fokussierung auf vertikale Märkte und Bereiche wie Service oder Supplies kommt spät, aber wohl nicht zu spät.
«Der schlimmste Fehler wäre, an alten Geschäften zu hängen, nur weil wir das schon immer so gemacht haben», sagt der 63-jährige Götti. Der unterdessen passionierte Golfer und Nur-noch-Verwaltungsrat kann besser loslassen, als ihm das manche nachsagen.
Christoph Hugenschmidt


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