Hardware und Hartweizen

Als Excom-Chef Beni Götti Stefano Patrignani (Bild) als neuen CEO der Excom-Gruppe vorstellte, ging ein Raunen durch die Branche. «Der Neue» kam vom Food-Markenhersteller Barilla. Stefano Patrignani über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Lebensmittel und IT.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/06

     

IT Reseller: Als Sie bei Excom angefangen haben, sind Sie sofort in den «perfekten Sturm» geraten. Strategiewechsel, Entlassungen, Reorganisationen standen an.
Stefano Patrignani: Das war tatsächlich so. Als ich mit dem Verwaltungsrat und Beni Götti über meinen Einstieg bei Excom sprach, sah die Welt noch ganz anders auch. Ich hatte ursprünglich vom Verwaltungsrat ein ganz anderes Briefing als heute. Aber so ist das Leben und die Situation ist so auch ganz interessant. Wir müssen und werden dem Unternehmen eine neue Ausrichtung geben. Die Situation hat Vorteile: So bekomme ich sofort Kontakt zur ganzen Branche.
ITR: Sie sind ein Marken- und Retail-Spezialist. Jetzt müssen Sie sich plötzlich als Turnaround-Manager bewähren. Geht das?
SP: Ja, denn ähnliche Erfahrungen habe ich schon gemacht. Ich musste in Deutschland den Merger von Barilla und Wasa durchziehen. Eine Restrukturierung ist für mich also nicht grundsätzlich neu. Aber es stimmt schon: Meine Welt war die Marke und der Retail. Aber auch Excom ist eine Marketing-Geschichte. Der Erfolg von Excom kam durch Marketing und in Zukunft wird sich das nicht ändern. Es geht um Marketing und Vertrieb.
ITR: Spielt im Geschäft mit VARs, nach dem Rückzug aus dem Retail, der Zielmarkt von Excom, die Marke eine Rolle?
SP: Schauen Sie nur die Geschichte an. Excom hat sich seit dem ersten Bildschirm zu Eizo «commited». Man musste die Gewohnheit der Kundschaft brechen, den Bildschirm immer zusammen mit dem PC zu kaufen. Das ging nur mit Marketing. Heute, wo zwei Drittel aller Unternehmen von CRT zu LCD-Monitoren wechseln wollen, müssen wir wieder «auf der Matte stehen». Wir müssen beim Endkunden «top of the mind» sein und so dem Händler den Weg zum Verkauf bereiten. Das geht nur mit einer starken Marke – Eizo ist bereits ein starker Brand, doch man muss ihn pflegen.

ITR: Wie machen Sie das? Was ist von Excom zu erwarten?

SP: Sowohl Eizo wie Epson werden werberisch unterstützt werden. Im Foodbereich ist der Aufbau einer Marke fast schwieriger. Pasta hat genau zwei Komponenten: Hartweizen und Wasser. Trotzdem ist es uns gelungen, Barilla erfolgreich zu positionieren. IT-Geräte haben hunderte von verschiedenen Komponenten. Es kann also nicht sein, dass alle Gerät identisch sind. So wie Pasta nicht gleich Pasta ist, sowenig sind Bildschirme gleich Bildschirme. Eizo stellt ausschliesslich Bildschirme her. Man kauft die besten Panels und die besten Bauteile und macht daraus die besten Bildschirme.
ITR: Excom hat wie andere, vergleichbare Unternehmen auch, im Disti-Award zweimal schlecht abgeschnitten. Was sind die Gründe? Und was tun Sie gegen das verhältnismässig schlechte Image?
SP: Ich habe die Resultate des Disti-Awards analysiert. Vor allem die Noten für «Handelstreue» waren schlecht. Beim Service waren unsere Noten besser. Die Service-Unternehmung von Excom wird in Zukunft eigenständiger positioniert. Wir wollen unsere Service-Kapazitäten auch Marken anbieten, die wir nicht vertreiben.
Ich habe die schlechten Noten für Handelstreue zuerst nicht verstanden, denn wir verkaufen wirklich nie etwas direkt. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass wir Corporate Account-Sales haben, die direkt zum Endkunden gehen, um unsere Marken zu positionieren. Es ist eher ein Image-Problem, als dass wir wirklich Channel-Konflikte hätten.
ITR: Sie leiten nun seit sieben Monaten einen Betrieb der IT-Industrie. Was sind die wichtigsten Unterschiede zur Food-Industrie?
SP: Gründsätzlich ist es überall gleich. Sie brauchen eine gute Strategie, einen vernünftigen Umgang mit Geschäftspartnern und ein gutes Marketing. Die IT-Branche ist aber im Vergleich zur Lebensmittelindustrie noch nicht erwachsen. Der Konzentrationsprozess im Food-Handel ist bereits gelaufen. Migros und Coop machen 75% der Umsätze, wer dort nicht dabei ist, ist nirgends. Ähnlich ist es bei den Anbietern im IT-Bereich, wo ein paar wenige Anbieter den Markt dominieren. Ein Konzentrationsprozess, wie er heute in der IT-Industrie läuft, ist also nichts neues.
Überrascht hat mich, wieviel in der IT-Branche getratscht wird. Auch betreffend Excom. Man hat viel Falsches über Excom und der strategischen Neuorientierung erzählt. Fakt ist: Wir konzentrieren uns mit Epson und Eizo vertrieblich auf den professionellen Bereich. Dies sind im wesentlichen die Monitore, Projektoren, Drucker (Ink und Laser) und POS (Kassensysteme). Und wie Sie berichtet haben, spielt «Mobile Solution» eine wichtige strategische Rolle, die wir mit der Beteiligung an der Rodata unterstrichen haben. Beim Service ändert sich hingegen nichts.

ITR: Würden Sie heute wieder entscheiden, als CEO bei Excom zu gehen?


SP: Ja. Klar wäre es schöner, wenn die Konsumentenstimmung besser wäre. Aber nun wurde halt auch die IT-Branche von der Wirklichkeit erfasst und wir haben die Verantwortung, uns der Situation zu stellen. Hier habe ich nun klassische Unternehmer-Aufgaben – etwas was man sich immer wünscht, wenn man bei einem Weltkonzern arbeitet. Ausserdem gab es persönliche Gründe, in die Schweiz zu wechseln. Die sind gleich geblieben. (Interview: hc)


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