Security Post: Deepfakes - ein zweischneidiges Schwert
Quelle: Swiss Infosec

Security Post: Deepfakes - ein zweischneidiges Schwert

von Reto C. Zbinden

Artikel erschienen in IT Reseller 2025/10

   

Lieber Deepfake

Täusche ich mich oder zuckst du bei meiner gewagten Anrede gerade etwas zusammen? «Lieb» und «Deepfake» gelten ja nicht gerade als kompatibel (es sei denn, man setzt auf eine Karriere im Bereich Cyberkriminalität). Vielmehr wirst du mit Adjektiven versehen, die aus der Ecke Gefahr und Bedrohung kommen. Nicht zu Unrecht, denn du hast das Zeug zum Umstürzler, bist Steigbügelhalter für Desinformation und hebst Identitätsdiebstahl auf ein neues Level. Mit anderen Worten: deine Rolle ist die des mit der Superkraft «Täuschung» ausgestatteten Bösewichts.


Nun haben alle grossen Entwicklungen immer zwei Seiten. Du bist Teil einer solchen Entwicklung, die als Künstliche Intelligenz (KI) unser Leben auf den Kopf stellen könnte und die Ambivalenz von «gut» und «böse» geradezu plakativ verkörpert.

Zugegeben, bei dir ist dieses «sowohl Chance als auch Risiko» weit weniger stark ausgeprägt als beim grossen Thema KI. Das hat damit zu tun, dass deine guten Seiten (noch) keine Leben retten, Unfälle verhüten oder mathematische Gleichungen lösen, sondern eher profane Wirkung erzeugen. Natürlich ist es schön, wenn die realistische Synchronisation eines Videos in andere Sprachen problemlos möglich ist, wenn dank dir verstorbenes Schauspielpersonal oder historische Persönlichkeiten für Filme wiederbelebt werden und der alternde Held flugs wieder zum Jungspund wird. Diese Art von Täuschung tut (mit Ausnahme der Berufsgattungen Synchronsprecher/ Maskenbildner und Botox-Verkäufern) niemandem weh, aber sie trägt auch nicht dazu bei, dein Image zu korrigieren. Da wollen wir uns nicht täuschen lassen.
Womit gelingt es uns, uns gegen solche Angriffe, ja, ich verwende diese Bezeichnung ganz bewusst, zu wehren? In Zeiten, in denen wir mit Informationen geflutet werden, die auf Klicks und Likes konditioniert sind, kommen uns zwei entscheidende Faktoren nämlich immer mehr abhanden: Zeit und Vertrauen. Einer Sache auf den Grund zu gehen, Quellen zu hinterfragen und Informationen in einen Zusammenhang zu stellen, erfordert Zeit, Wissen und Interesse – und nicht primär einen 08/15-Prompt auf ChatGPT. Gleichzeitig erodiert unser Vertrauen in Medieninhalte und die KI, angestachelt durch Missbrauch und widersprüchliche Informationen. Mit Regulatorien wie zum Beispiel dem EU AI Act und strengeren Gesetzen gegen Missbrauch soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Zudem sollen uns KI-­gestützte Deepfake-Detektoren und digitale Wasserzeichen und Herkunftsnachweise im Kampf gegen deine schlechten Seiten dereinst unterstützen.

Am Thema Sensibilisierung (Stichwort: Awareness) und am achtsamen Umgang mit Informationen kommen wir aber nicht vorbei, um dich so anzuerkennen, wie du bist: zweischneidig.


MfG Reto Zbinden
Reto C. Zbinden
Reto Zbinden hat 1989 die Swiss Infosec AG gegründet. Das Unternehmen Sitz in Sursee (LU) gehört in der Schweiz zu den führenden, unabhängigen Beratungs- und Ausbildungsunternehmen in den Bereichen Informationssicherheit, Datenschutz und IT-Sicherheit. Es beschäftigt zusammen mit dem Schwesterunternehmen Swiss GRC über 110 Mitarbeitende.


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