Lake Solutions mit Hauptsitz in Wallisellen ist historisch gesehen ein klassischer Systemintegrator mit einem entsprechend grossen Fächer an Kompetenzen sowie Kunden verschiedener Grössenordnungen. Heute machen aber auch Managed Services einen respektablen Teil des Geschäfts aus. Konkret sind diese laut Chief Operating Officer (COO) Daniele Palazzo heute für rund 20 Prozent des Umsatzes verantwortlich. Seit man Managed Services anbietet, verzeichnet der Bereich jährliche Wachstumsraten von 11 bis 20 Prozent. Und bis 2028, so die Vision, will man auf einen Anteil von bis zu 50 Prozent der Bruttomarge kommen.
Begonnen hat die Geschichte der Service-Transformation von
Lake Solutions vor knapp 15 Jahren. Mit dem Aufbau eigener Rechenzentren konnte man ab 2011 für die Kunden den Betrieb dieser Data-Center-Kapazitäten übernehmen. «Von Managed Services sprechen wir hier aber noch nicht. Und bis zum Stand heute haben wir da noch einiges an Lehrgeld bezahlt», so Palazzo lächelnd. Fast zehn Jahre lang bot man der Kundschaft also vor allem IT-Ressourcen – Infrastruktur as a Service, Backup as a Service und so weiter – im Abo-Modell an, bevor man die Transformation zum MSP bewusst anstiess.
«Vor etwa vier Jahren haben wir dann realisiert, dass wir einen richtigen Servicekatalog brauchen und uns damit auch von unserem bisherigen projektorientierten Gedanken lösen müssen», wie der COO weiter ausführt. «Damit hat sich die Philosophie gewandelt. Heute spielt es für uns keine Rolle, wo der Kunde seine Infrastruktur betreibt. Wir erbringen auf dieser einfach unsere Dienstleistungen und übernehmen den ganzheitlichen oder partiellen Betrieb.»
KMU als prädestinierte Kunden
Das Managed-Service-Portfolio von Lake umfasst klassische Managed Services, Multi-Cloud-Services, die eigene Lake Trusted Cloud und neuerdings auch ein Workplace-as-a-Service-Modell namens Office as a Service, das die Gerätemiete für den ganzen Arbeitsplatz umfasst. Prädestiniert für den Bezug von Managed Services sind laut Palazzo vor allem kleinere Kunden. Bei grösseren KMU und Enterprise-Kunden sei das Projektgeschäft derweil nach wie vor das dominante Modell. Diese beziehen meist einzelne Aufgaben als Services, wie beispielsweise Backups, doch auch hier steige das Interesse an Managed Services tendenziell an.
Sehr gute Resonanz mit Managed Services habe man bei Unternehmen mit IT-Abteilungen zwischen einer und fünf Personen. Denn dies erlaube den kleineren IT-Abteilungen vor allem, sich auf Business-Themen, statt auf technische Feinheiten zu konzentrieren.
Etwa die Hälfte der Kunden hat laut Palazzo derzeit noch Bedenken bezüglich Abhängigkeit. Letztlich müssen sich aber wohl auch diese eingestehen, dass Themen wie beispielsweise Security mit einer Handvoll Informatiker eben kaum mehr zu stemmen sind. Bei der anderen Hälfte ist das Thema derweil bereits angekommen. Palazzo: «Das sieht man beispielsweise gut an öffentlichen Ausschreibungen, etwa von kleineren Spitälern, Altersheimen oder Gemeinden, die proaktiv eine ganzheitliche Betreuung suchen.» Die für den hiesigen Markt so wichtige (technische und menschliche) Swissness – lokale Ansprechpartner, Datenhaltung in der Schweiz et cetera – sei dabei der wohl wichtigste Mehrwert, mit dem man als MSP die standardisierten Angebote der Hersteller anreichern könne.
Vier Jahre bis zur stabilen Serviceorganisation
Eines der Lehrgelder, von denen Palazzo eingangs gesprochen hatte, war die Erkenntnis, dass man mit dem Wandel zum Managed Service Provider neue Leute für die neue Art der Dienstleistungserbringung braucht als bisher. «Unsere Experten sind grundsätzlich technisch orientierte Leute und sind es sich gewohnt, Projekte zu realisieren. Und damit immer wieder mit etwas Neuem konfrontiert zu sein.»
Das ist natürlich ein starker Kontrast dazu, den laufenden Betrieb zu schmeissen und die Wartung eines seit Monaten oder Jahren laufenden Services zu übernehmen. «Das hat definitiv einen Kulturwandel gefordert», so Daniele Palazzo. Einige Leute hätte man umschulen und sogar als interne Sponsoren für die Transformation einsetzen können – andere bevorzugten verständlicherweise weiter das ihnen vertraute Projektgeschäft. Palazzo betont: «Die Sinnhaftigkeit und dass unsere Leute diese Reise verstehen konnten, war für uns sehr wichtig.»
Schätzungsweise 90 Prozent der Angestellten hat sich letztlich dazu entschieden, im Projektgeschäft tätig bleiben zu wollen. Für den Ausbau der Serviceorganisation war die Suche nach neuen Leuten damit aber unumgänglich. Das hat seine Zeit gebraucht, wie der COO ausführt: «Heute, rund vier Jahre später, haben wir nun endlich eine stabile Managed-Service-Organisation.» Dieses Servicezentrum für Managed Services ist heute klar vom Kompetenzzentrum von Lake abgetrennt, das sich um das Projektgeschäft kümmert.
Erst innen, dann aussen
Dieser Kulturwandel müsse zwingend erst intern beginnen und bewusst angegangen werden, bevor man den Schritt nach aussen wagt, wie der COO klarstellt. Das umfasst neben der Sensibilisierung der bestehenden Mitarbeitenden auch die Schaffung neuer Rollen wie Service Ownern, Service Managern, Customer Success Managern und so weiter. Weitere konkrete Schritte waren die Ablösung des bisherigen Helpdesks durch einen komplett neu konzipierten Service Desk, gefolgt von der Schaffung der internen Service Operation, die mit den genannten Rollen besetzt wurde.
Mitarbeiter, die in den Service-Bereich wechseln und neue Leute, die für die Serviceorganisation eingestellt werden, müssen dazu passend ausgebildet werden. Wichtig sind hier selbstverständlich entsprechende serviceorientierte Ausbildungen wie ITIL-Zertifikate. «Aber auch Soft Skills sind entscheidend. Wir haben beispielsweise einen Kurs unter dem Titel ‹der Kundenflüsterer› durchgeführt», wie Palazzo ausführt. Denn der Servicebereich habe sich stark gewandelt in den letzten Jahren: Das Verständnis für längere Reaktionszeiten sei dem Anspruch gewichen, in Echtzeit informiert zu werden und den Stand eines Tickets jederzeit zu kennen. Die richtige Wortwahl und eine transparente Kommunikationsstrategie sind damit unabdingbare Faktoren für einen passenden Service. Und, wie Palazzo ergänzt, sind die Qualitätsanforderungen an den Service nicht nur spürbar gewachsen – sie wachsen laufend weiter.
Transparenz als Maxime
Das Stichwort Transparenz kommt im Gespräch wiederholt in der einen oder anderen Form zur Sprache. Das gilt für die beschriebene Interaktion mit dem Service Desk, beginnt aber schon bei der Angebotserstellung, wie er klarstellt. Dass es eine gewisse Diskrepanz zwischen Versprechen von Sales-Abteilungen und dem tatsächlichen Service gibt, ist eine Herausforderung, mit der sich viele Unternehmen konfrontiert sehen. Aufgrund der engen und fortlaufenden Zusammenarbeit zwischen einem MSP und seinem Kunde ist dies aber folgenschwerer als in anderen Bereichen.
Dem will Lake mit einem klar definierten Servicekatalog möglichst gut entgegenwirken. «Wir sind heute bei der zweiten Version des Katalogs, arbeiten an der dritten und haben viel dazugelernt. Etwa, dass die Services viel klarer spezifiziert werden müssen, um Missverständnisse zu verhindern», wie er ausführt. «Wir beobachten auch, dass unsere Mitbewerber ihre Services sehr unterschiedlich interpretieren. Leistungen und die Preise dafür unterscheiden sich teils stark und das wird für die Kunden tendenziell immer intransparenter.» Seine klare Empfehlung: So klar wie nur möglich sein und gut abgrenzen, was man für den Kunden macht – aber auch was nicht.
Zum Thema Transparenz gehört auch die Realität, dass man Kunden nicht nur on- sondern gegebenenfalls auch offboarden und gehen lassen muss. «Das Thema On- und Offboarding haben anfangs ebenfalls etwas vernachlässigt», wie er einräumt. «Dem Kunden nicht den Eindruck zu geben ‹einmal bei Lake, immer bei Lake› ist entscheidend und definitiv ein Erfolgsfaktor.»
Das Ende der Zusammenarbeit kann aus diversen Gründen kommen, üblich ist die Situation etwa bei Akquisitionen von kleineren Firmen durch ein grösseres Unternehmen. Hier kann man dank sauberem Offboarding punkten, wie Palazzo betont, und so gegebenenfalls im Projektgeschäft des neuen Mutterhauses wiederum Fuss fassen. «Gerade in der Schweiz sieht man sich schliesslich immer zwei Mal», wie er lächelnd anfügt.
(win)