Frischer Wind im Logistikmarkt dank Columbus
Quelle: Columbus.net

Frischer Wind im Logistikmarkt dank Columbus

Mit Columbus.net gibt es in der Schweiz neu einen weiteren Logistik-Dienstleister für kleine und mittlere Unternehmen. Entstanden ist dieser via Spin-off aus der PCP Gruppe.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/07

     

Nachdem Lorenz Weber nach zwanzig Jahren Mitte 2019 als Geschäftsführer der PCP Gruppe zurückgetreten war und dieses Amt an Malte Polzin übergeben hatte, wurde es still um den PCP-Gründer. Doch der heute 42-Jährige sass nicht untätig herum. Nach einer kurzen Erholungsphase – er war immerhin 21 Jahre lang im Amt – fand er endlich die Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, was er sich für seine berufliche Zukunft wünscht. «Ich wollte Abwechslung und einmal etwas anderes machen», erzählt Lorenz Weber im Gespräch mit «Swiss IT Reseller». Dabei standen diverse Ideen im Raum – einige zu nahe an dem, was er bislang gemacht hatte, andere wiederum zu weit weg.


Doch da war diese eine Idee, die bereits in früheren Karrierejahren immer wieder von Stakeholdern und Partnern ins Gespräch gebracht wurde. «Ich wurde bei PCP schon viele Male von Firmen angefragt, ob wir für sie die Webseite, die Logistikk oder insbesondere den Deutschland-Import machen könnten. Ich musste immer Nein sagen, denn man muss sich auf etwas fokussieren und kann nicht alles gleichzeitig machen», so Weber. Doch nun war der richtige Zeitpunkt gekommen, die Idee zum Leben zu erwecken und Columbus war geboren.

Logistikdienstleistungen für die Kleinen

Die Gründung gestaltet sich allerdings komplizierter, weil nicht einfach eine neue GmbH errichtet und von Null auf angefangen wurde. Vielmehr ist das Konstrukt Columbus.net aus der PCP Gruppe heraus entstanden. Konkret wurden für Columbus die Abteilungen Logistik und IT – auch international in Deutschland, Österreich und der Slowakei – im Mai 2021 via Spin-off aus der PCP Gruppe heraus in eine eigene Gesellschaft überführt, die unabhängig agiert und rund 70 der einst 200 PCP-Mitarbeitenden beschäftigt. «Für PCP haben wir damals eine gute IT- und Logistik­infrastruktur aufgebaut. Die Idee von Columbus ist es, diese Infrastruktur unter das Dach einer eigenen Gesellschaft zu stellen, die Produkte zu professionalisieren und Dritten anzubieten», erklärt Lorenz Weber, der als CEO von Columbus agiert.


Positioniert als Fulfillment-Logistiker bietet Columbus hauptsächlich Logistik-Dienstleistungen für kleine und mittlere Unternehmen an. Denn diese geraten gemäss Weber immer mehr unter Druck: «Die grossen Anbieter definieren die Industrie­standards, der Kunde erwartet eine professionelle Logistik. Die kleinen Anbieter müssen eine Logistik haben wie die grossen und brauchen dazu einen Partner, wenn sie ihre Kunden nicht verlieren wollen.» Hier kommt Columbus mit seinen Logistik-­Services ins Spiel: «Unsere Stärke ist dabei, dass wir grenznahe sind – auf der Schweizer Seite in Schaffhausen und auf der deutschen Seite in Radolfzell am Bodensee –, dass wir eigene Lager und erfahrene Mitarbeitende haben sowie eigene Shuttles, die mehrmals täglich zwischen den Standorten hin und her fahren. So können die Produkte noch am selben Tag über die Grenze gebracht, verzollt und dem Kunden oder der Post zugestellt werden.»

Selbst machen ist nicht günstiger

Wenig überraschend ist die PCP Gruppe bislang der grösste Kunde von Columbus. Doch auch weitere Unternehmen konnten schon von Columbus überzeugt werden, ohne bislang gross die Werbetrommeln zu rühren. Zwölf Firmen haben mittlerweile einen Vertrag mit Columbus unterzeichnet – sechs davon in der Schweiz, je drei in Deutschland und Österreich –, mit weiteren sechs ist man in Verhandlungen. Bis Ende 2023 soll die Zahl der Kunden auf 50 ansteigen. «Gesucht sind Kunden, welche sich auf das Kerngeschäft fokussieren wollen, und wo die Logistik eher im Weg steht», so Weber. «Meist ist das eigene Lager einfach organisch entstanden, die Lagerführung gehört aber überhaupt nicht zum Kerngeschäft.» Dabei ist er sich bewusst, dass der Schweizer Logistikmarkt sehr gross ist. «Unser Fokus ist: Wir bieten moderne Fulfillment-Lösungen für E-Commerce-Unternehmen. Wir sind der richtige Partner, wenn ein Schweizer Unternehmen neu einen Online-Shop aufsetzt und pro Tag zwischen einer und 200 Bestellungen hat», ergänzt der CEO. Die meisten Firmen hätten ein bis drei Leute, die Pakete einpacken den ganzen Tag und im Notfall helfen Familie und Freunde aus, so Weber. «Und sie glauben, dass sie so günstiger fahren, dabei ist es für sie billiger, wenn sie diese Arbeit an einen Profi abtreten. Denn meist haben diese kleinen Unternehmen keine guten Konditionen beim Verpackungsmateriallieferanten und bei der Post und ein Problem, wenn einer der Verpacker ausfällt, weil sie dann die Termine nicht mehr einhalten können.»


Arbeiten die Unternehmen hingegen mit Columbus zusammen, so können sie per Schnittstelle die Bestellungen aus ihren Online-Shops übermitteln und Lorenz Weber und sein Team wickeln den Rest für sie ab – auch das Handling der Retouren. «Indem sie uns die Logistik überlassen, können sie sich um die viel wichtigeren Komponenten kümmern wie Preisverhandlungen, Werbung machen, Kunden finden und verkaufen», betont Weber, der zudem ein attraktives Pricing ohne Einrichtungs­gebühren verspricht. «Wir haben ein Transaktions-basiertes Verrechnungssystem, bezahlt wird ein Preis pro Paket.»

Warenversand vom Ausland und ins Ausland

Nebst diesen Logistikleistungen, die die Hauptaktivität von Columbus definieren, liegt eine weitere Stärke des Unternehmens im grenzüberschreitenden Verkehr. Denn Lorenz Weber weiss: «Wenn man als Schweizer Firma ins Ausland verkaufen will, bereitet das grosse Kopfschmerzen.» Wird Ware einfach via Post ins Ausland geschickt oder vom Ausland in die Schweiz, kommt sie nicht verzollt an, plus ist der Versand teuer und langsam. Mit Columbus können die hiesigen Unternehmen ihr Paket an den Schweizer Columbus-Standort schicken. Danach wird es über die Grenze transportiert und dort dann richtig verzollt mit einem inländischen Carrier an den Endkunden verschickt. «Und denselben Dienst bieten wir natürlich auch in die andere Richtung an, sprich für deutsche Online-­Shops, die Schweizer Kunden haben», ergänzt Weber. Dabei verspricht der CEO in beide Richtungen eine Abwicklungszeit von der Bestellung bis zur Lieferung von maximal 48 Stunden.


Gerade das internationale Online-Shopping ist gemäss Weber ein wachsender Markt: «Es wird immer mehr international eingekauft. Wenn man als Schweizer etwas bei Zalando bestellt, kommt das auch aus Deutschland, aber man merkt es nicht, weil es verzollt wurde und mit der hiesigen Post geliefert wird. Zalando macht das gut.» Aber es gebe viele kleine und mittlere Online-Shops, die keine professionelle Lösung haben, weshalb beim Kunden zehn Tage nach der Lieferung noch eine Rechnung von der Post für Bearbeitungsgebühren, Zoll und Mehrwertsteuer eintrifft. «Der Kunde war sich dessen vielleicht gar nicht bewusst und wird dort nie wieder bestellen. Deshalb braucht man einen professionellen Fulfiller, der einem den verzollten Versand möglich macht, weil dieser ein bisschen komplizierter ist.»

Shop-Lösung für die Grossen

Neben den Logistik-Leistungen bietet Columbus auch an, direkt den ganzen Online-Shop zu betreiben. «Damit richten wir uns an etablierte Hersteller oder klassische Händler, welche bereits einen hohen Umsatz erwirtschaften, aber Nachholbedarf im E-Commerce haben. Für kleine Firmen oder Neugründungen ist unser Online-Shop nicht das Richtige. Wenn man bei Null anfängt, braucht man jemanden, der einem für wenig Geld eine Shop-Lösung aufsetzt, und hier gibt es bereits zahlreiche Anbieter», so Weber. «Wir haben für die PCP Gruppe ein komplexes Shop-System entwickelt, mit fast einer Million Artikeln und 19 Standorten. Dieses System bieten wir als Online-Shop-Lösung für Grosse mit mindestens 10 Millionen Franken Umsatz an. Das klingt vielleicht anmassend, aber für die kleineren gibt es Shop-Lösungen für 29 Franken im Monat, da wäre unsere Lösung überdimensioniert und zu teuer.»


Als weiteren Nebenservice bietet Columbus den Schweizer Handelsfirmen Hilfe beim Einkauf in Deutschland an. «Ein Velogeschäft in Zürich muss in Deutschland jedes Mal zwölf Mountainbikes bestellen, weil die Versandkosten so hoch sind, dass es sich bei zwei Bikes nicht lohnt. Aber mit unserer Hilfe kann das Unternehmen ganz einfach bei seinen fünf Lieferanten in Deutschland bestellen. Wir können diese Einzelstücke über die Grenze bringen und in sein Lager in der Schweiz liefern», führt Weber aus.

Profitieren von PCP-Erfahrung

Mit seinem Angebot ist Columbus natürlich nicht konkurrenzlos. «Es gibt den einen oder anderen Platzhirschen sowie die eine oder andere aufstrebende Firma, aber es sind relativ wenige. Die Mitbewerber pro Land kann man an einer Hand abzählen», so Weber. Zudem gebe es natürlich die ganz grossen Logistiker wie Kühne + Nagel oder Fiege. «Aber die richten sich mit ihren Vollprofilösungen an die ganz grossen Firmen. Für die Kleinfirmen, die für wenig Geld eine solche Lösung aufbauen wollen, gibt es nur wenige Anbieter.»


Gegenüber den weiteren kleineren, aufstrebenden Unternehmen, die ähnliche Services anbieten, sieht Weber Columbus im Vorteil: «Zum einen, weil wir die Erfahrung von PCP haben und seit zwanzig Jahren Millionen Pakete abwickeln, und zum anderen, weil wir dadurch den Proof of Concept erbracht und eine gute Reputation aufgebaut haben – was ich auch bei Kundengesprächen merke.»

Geografische Expansion angestrebt

Während auf Seite der Dienstleistungen kein Ausbau geplant ist, abgesehen von Software-Verbesserungen und einer App, mit der man sich mit wenigen Klicks einen Überblick über Lagerbestände und Versandaufträge verschaffen oder neue Verkaufskanäle eröffnen kann, wird eine geografische Erweiterung angestrebt. Aktuell bewegt sich Columbus noch in und zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich, für die Zukunft steht aber eine weitere Öffnung auf dem Plan. «Wir wollen überall dort, wo es Grenzen gibt, Grenzen überschreiten, so zum Beispiel auch in England oder anderen europäischen Ländern, die nicht zur EU gehören, aber auch in Amerika und China», kündigt Weber an.


Dabei ist gerade China für Weber ein sehr spannender Markt. «90 Prozent der Ware, die die PCP Gruppe ein- und verkauft, stammt aus China. Gleichzeitig beobachten wir einen Direct-to-Customer (D2C)-Trend. Es gibt immer mehr Brands, die direkt von der Fabrik aus gesteuert werden und auf die klassische Lieferkette mit Gross- und Kleinhändlern verzichten. Sie brauchen dazu aber einen Logistiker, der die Ware direkt von China aus zum Endkunden transferiert. Und schliesslich haben fast alle Hersteller auch einen Online-Shop und verkaufen selbst, benötigen dazu aber einen Partner für die Logistik. Denn diese müssen sie im Griff haben, sonst enttäuschen sie ihre Kunden. Auch hier wollen wir eine Brücke bauen», schaut Lorenz Weber, der aktuell gerade für Verhandlungen in Shanghai ist, in die Zukunft. «Ich spreche gerade mit einem chinesischen Hersteller, der bereits über 500 Bestellungen am Tag nach Europa verschickt – hauptsächlich nach Deutschland. Dabei wird jedes Paket einzeln via Post versendet. Aber die Politik schiebt hier einen Riegel vor, es gab diverse regulatorische Änderungen in den letzten Jahren. Man darf nicht mehr einfach so nichtverzollte Pakete in die Schweiz und die EU schicken. Man muss diese sauber verzollen und für die Mehrwertsteuer registrieren, weshalb auch asiatische Anbieter einen guten Logistiker brauchen», so Weber abschlies­send. (abr)


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