Im KMU-Markt geht nichts ohne Partner

Am VAR-Roundtable von IT Reseller dreht sich alles um das deutsche Softwarehaus SAP. Die drei teilnehmenden Vertreter von Channel-Partnern, wie auch SAP selber, sehen dem kommenden Jahr zuversichtlich entgegen. Insbesondere im KMU-Markt glänzt der Hersteller mit traumhaften Wachstumszahlen, dank seinen Partnern.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/22

     

IT Reseller: Bei der Vorbereitung auf dieses Gespräch ist mir die erste Frage des letztjährigen VAR-Roundtables aufgefallen: «Die Konjunktur ist besser als auch schon. Darf man davon ausgehen, dass alle hier Anwesenden ein erfolgreiches Jahr hinter sich haben?» Was hat sich geändert? Wie sieht es denn für das Jahr 2008 aus?

Andreas Bienz, Itelligence: Wir sind sehr zufrieden, waren gut ausgelastet und haben auch neue Projekte gewonnen. Nach meinem momentanen Wissensstand dürfte 2008 ein sehr erfolgreiches Jahr sein. Die Krise ist noch nicht bei uns angekommen. Es zeichnet sich aber eine Verlangsamung ab. Man erkennt das am Zögern mancher Kunden. Projektentscheide werden herausgeschoben, wobei bislang keine Aufträge gestoppt oder zurückgezogen wurden. In der Schweiz sind wir, auch was das kommende Jahr angeht, optimistisch.


Thomas Burkhardt, IMG: Bei uns ist es ähnlich wie bei Itelligence. Man merkt, dass die Leute je nach Branche etwas vorsichtiger geworden sind. Wir sind auch im Bankenumfeld aktiv und dort spürt man das deutlich, wie auch bei den Automobilzulieferern. Generell ist aber keine grosse Angst spürbar. Wir haben noch genügend Projekte in unseren Auftragsbüchern. Wenn die Krise tatsächlich auch bei uns negative Auswirkungen haben sollte, dann dauert das wohl noch ein paar Monate.

Urs Neeracher, IDS Scheer: Wir hatten ein schwieriges Jahr 2008. Das lag aber nicht am Business, sondern an internen Problemen. Wir hatten massive Wechsel auf Führungsebene und dabei haben wir gute Leute verloren. Die Situation ist langsam aber sicher wieder unter Kontrolle, doch so etwas braucht seine Zeit. Wir sind jetzt dabei, den Personalbestand zu stabilisieren. Auf die ersten beiden Quartale hatten diese Probleme negative Auswirkungen. Im zweiten Halbjahr war aber eine deutliche Besserung zu spüren. Unser Fokus lag in der ersten Jahreshälfte hauptsächlich im Finanz-Bereich. Da macht sich die Krise deutlich bemerkbar. Die Verhandlungen kommen ins Stocken. Besonders für die Anschaffung neuer Produkte ist kein Budget vorhanden. Ich bin aber überzeugt, dass wir im Consulting-Geschäft 2009 sehr erfolgreich sein werden. Es werden neue Regulierungen auf die Finanz-Institute zukommen. Da werden wir bereit sein, zu helfen.

Weil es für Kunden komplizierter wird?
Neeracher: Es wird komplizierter. Ausserdem werden die bereits gültigen Regulierungen besser überwacht. Momentan ist das gerade im KMU-Umfeld selten der Fall, weil für eine konsequente Überwachung das Geld fehlt. Hier müssen wir Lösungen finden, mit denen wir unsere Kunden unterstützen können.

Wie krisenresistent sind eigentlich SAP-Projekte? Kann man die problemlos aufschieben oder muss man sie trotz Krise angehen?

Neeracher: Die SAP-Produkte sind geschäftskritisch, da kann man die Investitionen nicht einfach stoppen.
Bienz: Es hängt auch von der Situation des Kunden ab. Manche sind beispielsweise durch das Auslaufen von Wartungsverträgen gezwungen, etwas zu unternehmen. Auch strukturelle Anpassungen wie Firmenkäufe und Reorganisationen sind solche Faktoren, die selbst in schwierigen Zeiten zu neuen Projekten führen.


Viele Firmen erhalten im Moment die notwendigen Investitions-Kredite nicht. Inwiefern gibt es da Finanzierungsmodelle seitens SAP?
Martin Rast, SAP: Wir haben solche Angebote, die vom Markt sehr gut aufgenommen werden. Wichtig ist, dass man das Angebot von Anfang an auf den Tisch legt und nicht erst aus dem Ärmel zaubert, wenn es ohne nicht funktioniert. Partner können diese Finanzierung bei uns beantragen und erhalten innert maximal fünf Tagen Bescheid. Da wir das Software-Geschäft sehr gut kennen und über entsprechende Statistiken verfügen, können wir auch an Firmen Kredite vergeben, die von den Banken im Moment nichts mehr bekommen. Für den Kunden ist dabei besonders interessant, dass wir nicht nur die Software finanzieren, sondern auch Hardware und Dienstleistungen.
Burkhardt: Sogar Eigenleistungen des Kunden können mitfinanziert werden.
Rast: Andere Faktoren bremsen das Geschäft viel stärker. Der Mangel an qualifizierten Beratern zum Beispiel. Uns fehlen über 100 Berater im KMU-Geschäft. Darum ist die Auslastung bei den Partnern nach wie vor sehr gut. Das KMU-Softwaregeschäft lief 2008 ausgezeichnet. Wir rechnen mit über 50 Prozent Wachstum im Vorjahresvergleich. Natürlich wurde dieser Erfolg hauptsächlich in den ersten drei Quartalen erzielt. Das vierte Quartal kann diese Zahl aber nicht mehr gefährden.

Stichwort Personalknappheit...

Stichwort Personalknappheit. Führt die Krise wenigstens in dieser Beziehung zu einer Entspannung, beispielsweise weil bei Banken Ressourcen frei werden?
Neeracher: Die Krise wird auch dazu benutzt, Geschäftsbereiche zu korrigieren und zu reorganisieren. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Schweiz immer zu den ersten gehört, die mitmacht, wenn es kriselt. Man steckt das Geld unter das Kopfkissen anstatt zu investieren. Wenn es wieder besser geht, warten wir zwei weitere Jahre, weil noch etwas passieren könnte. Das ist unser Sicherheitsdenken. In der Krise zeigt sich die Qualität des Führungspersonals. Wer Angst hat und sich nicht bewegt, verliert den Anschluss und oft auch die besten Leute, das wichtigste Kapital einer Firma.
Burkhardt: Herr Rast hat gesagt, dass im Mittelstands-Geschäft hundert Berater fehlen. Im gesamten SAP-Umfeld sind es eher gegen die tausend. Wir haben seit einem Jahr rund vierzig offene Stellen. Die Krise macht das Ganze nicht einfacher, es hat lediglich mehr Bewerber und damit dauert es länger, die guten herauszusieben.
Bienz: Viele Fachleute haben die gute Wirtschaftslage genutzt, um sich als Freelancer selbständig zu machen. Manche suchen ihr Heil jetzt wieder in einer Festanstellung.
Neeracher: Gerade bei den Banken sind die Freelancer die ersten, die gehen müssen. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Freelancern gemacht und für mich stellt sich die Frage, wie klug es ist, diese jetzt zu entlassen. Man hat sie ja nicht zum Spass beschäftigt, sondern weil viel Arbeit zu erledigen ist. Somit wird auch das bereits investierte Kapital in Projekte auf einen Schlag vernichtet. Als Inves­tor würde mich das sehr ärgern.
Rast: Wir haben viele Deutsche angestellt. Die sind sehr gut ausgebildet und verstehen die Sprache. Von den 7000 im letzten Jahr nach Zürich gezogenen Deutschen sind sicher viele in der IT-Branche gelandet.
Neeracher: Das ist auch bei uns und unseren Kunden der Fall. Manchmal kommt es vor, dass ich der einzige Schweizer bin, wenn ich bei einer grossen Bank vorspreche. Das empfinde ich aber nicht als Nachteil, sondern als Bereicherung. Die Schweiz war schon immer multikulturell. Früher waren es die Italiener, heute die Deutschen.

Das ist ein interessanter Punkt. Sie haben ja nicht nur mit grossen Banken zu tun, sondern auch mit bodenständigen Mittelstandsfirmen. Reagieren alle immer nur positiv, wenn Sie mit einer Horde Deutschen einfallen? Es gibt ja schon Ressentiments, die sich nicht wegdiskutieren lassen.
Bienz: Ablehnung würde ich nicht sagen. Deutsche Mitarbeiter mitzubringen ist kein Problem. Aber es wird beispielsweise konsequent Schweizerdeutsch gesprochen.
Burkhardt: Dass heute von unseren vier Firmen vier Schweizer Mitarbeiter am Tisch sitzen, ist purer Zufall. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass es sehr wichtig ist, Schweizer im Team zu haben, gerade im Verkauf.
Bienz: Je kleiner die Firmen sind, desto stärker kommt das zum Tragen.
Neeracher: Ich habe früher für amerikanische Firmen gearbeitet. Wenn man da bei KMU mit englischen Präsentationen antrat, konnte man gleich einpacken. Jetzt sind die Deutschen da, mit einem professionellen aber manchmal auch heroischen Auftreten. Man hat zwar deutsche Folien, muss aber darauf achten, dass auch mal einer Schweizerdeutsch spricht. Gerade Handwerksbetriebe achten darauf, lokale Firmen zu berücksichtigen. Darum ist SAP in diesem Geschäft stark auf Partner angewiesen. Denn diese sind es, welche die Kontakte haben und in den gleichen Vereinen wie die Kunden verkehren. Die zwischenmenschliche Beziehung ist nach wie vor am wichtigsten.
Bienz: Deshalb ist es für uns auch so wichtig, lokale Niederlassungen zu haben. Gerade in Bern mag man es nicht besonders, wenn alles von Zürich her kommt, unabhängig davon, wie dann das Projektteam zusammengesetzt ist.
Neeracher: Die Auflösung unseres Büros in Bern war ein schlechter Schachzug. Rein aus kaufmännischer Sicht machte es wohl Sinn, aber für die Region Bern ein klar falsches Vorgehen. Die Rückmeldungen liessen keinen Zweifel offen, dass wir damit ein falsches Zeichen setzten.
Rast: SAP hat zur Entschärfung der Personalsituation das so genannte «Talent Net» ins Leben gerufen, das jetzt auch in der Schweiz ausgerollt wird. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, in der sich Talente registrieren und qualifizieren können. Die Partner können dort nach Ressourcen suchen, um sie zu rekrutieren.


Hilft das nicht lediglich zur besseren Verteilung der Leute? Mehr Fachkräfte gibt es ja trotzdem nicht.
Burkhardt: Doch, es gibt mehr Leute. Dort werden junge Leute aufgebaut, die nicht die ganze SAP-Story mitgemacht haben. Wir hatten das Glück, am Pilotprojekt in Deutschland dabei gewesen zu sein und konnten zwei junge Mitarbeiter einstellen. Wir haben damit bisher sehr gute Erfahrungen gemacht.
Bienz: Unsere Erfahrungen mit dem «Talent Net» waren durchzogen. Technisch gesehen waren die Leute sehr versiert. Bei der betriebswirtschaftlichen Applikationsberatung ist es aber sehr schwierig, junge Leute zu platzieren. Ein graumelierter Mittelständler nimmt einem 25-jährigen Studienabgänger nicht ab, dass er die Geschäftsprozesse besser kennt.

Inwiefern ist das Thema SAP für angehende IT-Profis interessant?

Burkhardt: Es gibt viele Leute, die Betriebswirtschaft studieren. Für mich ist SAP angewandte Betriebswirtschaft und nicht einfach nur Informatik. Für Leute, die an Wirtschaftsthemen interessiert sind, ist es ein sehr attraktives Umfeld.

Ist das bei den Betroffenen bekannt?
Bienz: Ja, auf jeden Fall. Hinzu kommt, dass in den achtziger Jahren der Begriff der Wirtschaftsinformatik geprägt wurde. Wenn man eine Affinität für diesen Mix aus Betriebswirtschaft, Prozessen und Technik hat, bietet SAP sehr viel.
Der Beruf ist attraktiv, interessant, abwechslungsreich und die Leute wissen das. Wieso ist der Fach­kräftemangel dennoch so gross?
Rast: Es gibt generell zu wenige Informatiker. Das widerspiegelt sich bei uns sehr stark, weil fast jeder Betrieb als Arbeitgeber in Frage kommt. Das Potential ist riesig und es wächst mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Experten. Jeder, der im SAP-Umfeld tätig ist, findet einen Arbeitsplatz, sei es bei SAP, unseren Partnern oder den Kunden.
Neeracher: Der Vorteil von SAP und grösseren Firmen liegt darin, dass sie eine sehr breite Ausbildung anbieten können. Unser Ziel ist es, junge Leute anzuziehen. Die haben zwar noch keine grauen Haare, aber man kann sie gut aus- und weiterbilden.


Im Consulting-Bereich werden immer 25-jährige Leute mit zehn Jahren Berufserfahrung gesucht. Unternehmen alle Ihre Firmen selber etwas, um den jungen Leuten den Einstieg zu ermöglichen?
Bienz: Wichtig ist, dass man die Projektteams gut mischt und jüngere mit älteren Mitarbeitern zusammenarbeiten lässt. So bringt man die Jüngeren in Bereiche hinein, in denen sie alleine seitens der Kunden nicht akzeptiert würden. Sobald jemand die Projekterfahrung hat, kann man dies gegenüber den Kunden auch kommunizieren. Der zweite Punkt ist die Fachausbildung. Hier geht es um betriebswirtschaftliche Weiterbildung, SAP und allgemeine Consulting-Skills. Wir investieren in diesen Bereichen sehr stark in unsere Mitarbeiter. Sei es intern oder zusammen mit SAP.
Neeracher: Wir mischen auch. Wir haben kleinere Projekte, in denen man junge Leute leichter einbringen kann. Das Problem liegt auch bei den Kunden: Bevor ein Berater beim Kunden vorbeigehen kann, muss man einen Lebenslauf schicken, wie bei einer regulären Bewerbung. Die Kriterien sind strenger als früher. Wir leiden zudem noch unter dem Zusammenbruch des Internethype. Viele Leute haben Angst vor der IT-Branche. Auch der Stressfaktor spielt mit. Die Qualitätsansprüche steigen und trotzdem muss alles in immer kürzerer Zeit realisiert werden. Viele Leute sind dem nicht gewachsen. Das Burnout-Syndrom greift in der Branche um sich. Man muss die Leute beobachten und betreuen, damit man eingreifen kann, bevor so etwas passiert.
Burkhardt: Auch die Marktsituation trägt das ihre dazu bei. SAP gewinnt laufend Marktanteile. Der Markt ist zweigeteilt. Es gibt diejenigen, die SAP einsetzen und die, welche etwas anderes haben. Die Mitbewerber von SAP kaufen sich gegenseitig auf und sorgen damit für Unruhe im Markt. Das treibt viele Kunden in unsere Richtung.

Auch im KMU-Geschäft gibt SAP in letzter Zeit Gas...

Auch im KMU-Geschäft gibt SAP in letzter Zeit Gas. Damit kommt man Firmen wie Sage, Microsoft, aber auch vielen lokalen Anbietern ins Gehege. Kann es SAP mit diesen lokal verankerten Anbietern wirklich aufnehmen?
Neeracher: Wenn SAP das selber machen würde, sicher nicht. Wir Partner sind diejenigen, die den Erfolg im KMU-Markt bringen können. Der Schweizer Markt ist ein KMU-Markt, ohne Partner kann SAP hier nichts erreichen.
Rast: Absolut. Momentan liegt im KMU-Geschäft das Verhältnis des direkten und indirekten Geschäftes bei 70 zu 30. Wir haben vor, den indirekten Kanal kontinuierlich auszubauen Das Problem liegt darin, dass unsere Partner im Moment voll ausgelastet sind und sich die Frage stellt, wie fein wir den Markt bearbeiten können. Deshalb hat SAP neue Partnerprogramme ausgearbeitet, die beispielsweise Treuhänder für generierte Projekte belohnen. Das KMU-Geschäft ist im Aufbau begriffen. Wir verstecken uns zu sehr. Bereits 65 Prozent unserer Kunden kommen aus dem Mittelstand.

Umsatzmässig ist dieser Anteil aber relativ klein.
Rast: Natürlich kommt der grösste Teil des Umsatzes von den Grosskunden, wo wir einen sehr hohen Marktanteil haben. Ich bezeichne den KMU-Markt manchmal als Kieselstein-Business. Das ist natürlich ein ganz anderes Geschäft. Mit einem Wachstum von 50 bis 60 Prozent sind wir aber sehr erfolgreich unterwegs. Leider können wir aufgrund der erwähnten Personalsituation das Potential nicht ausschöpfen.
Bienz: SAP hat es geschafft, das Image «nur für die Grossen und teuer» zu korrigieren. Dabei haben gerade im KMU-Land Schweiz auch die Partner viel beigetragen. Die Dienstleister gibt es schon lange und sie sind gut verankert.


Aber diese Partner haben sich ja wie SAP auch von oben nach unten durchgearbeitet. Hatten Sie denn die Beziehungen zu den Mittelstandskunden?
Rast: Es kommt auch auf die Definition von KMU an.
Neeracher: Ich arbeitete früher für IBM. Was dort als KMU bezeichnet wird, sind für uns und die meisten Partnerfirmen Grosskunden.
Rast: Sie sprechen sicher das untere Segment an, das wir mit SAP Buiness One adressieren. Das Potential ist riesig. Es gibt für dieses Segment rund 200 Lösungen, Excell inklusive, und man rechnet mit rund 4000 Projekten pro Jahr. Mit etwa 100 Neukunden pro Jahr gehören wir hier sicher zu den erfolgreichsten Anbietern.
Neeracher: Es ist nicht immer einfach. Wir haben vor kurzem so ein grösseres Kundenprojekt verloren, zusammen mit SAP, weil der Konzern den Kunden fast erdrückt hat. Es kamen zu viele Spezialisten, was gar nicht gut ankam. Daraus müssen wir unsere Lehren ziehen und die Kunden künftig besser analysieren.
Rast: Klar, man kann einen kleineren Kunden nicht gleich ansprechen wie einen Grosskunden. Deshalb bieten wir auch spezifische Trainings für unsere Partner an. Das richtige Zusammenspiel von Sales, Presales und Beratern ist im KMU-Geschäft zentral.
Inwiefern ist dieses Kleinkundensegment für Partner überhaupt interessant? Der Aufwand ist im Verhältnis zum Ertrag sicher kleiner als bei Grosskunden und Sie haben schon jetzt zu wenig Personal.
Neeracher: Schauen Sie sich doch die Situation bei den Grosskunden genau an. Da sind wir nicht die Einzigen, die offerieren. Jeder in der Schweiz will mit denen Geschäfte machen. Das führt zu Preiskämpfen und das Geschäft geht kaputt. Wenn man sich in der Schweiz nur auf die Grossen fokussiert, ist man auf dem falschen Weg. Klar freut man sich, wenn man einen ordentlichen Gewinn einfahren kann, aber auch das Risiko ist grösser. Wenn so ein Kunde wegbricht, hat die Firma ein Problem.
Bienz: Wir bedienen die ganz kleinen nicht, das ist so. In Deutschland und den USA sind wir im Pilotprojekt für SAP Business By Design engagiert und passen unsere Strukturen für das Massengeschäft an. Business One ist bei Itelligence nur in Ungarn ein Thema.

Business By Design ist ja nicht so gestartet....

Business By Design ist ja nicht so gestartet, wie man sich das gewünscht hat. Es gab zwei, drei technische ­Probleme zu lösen. Richtig erfolgreich ist im Saas-Geschäft vor allem Salesforce. Ist Business By Design für ­Partner überhaupt interessant?
Rast: Business By Design ist ein strategisches Standbein von SAP. Die Einführungsphase wurde aus Qualitätsgründen um 12 bis 18 Monate verlängert. Die Erwartungen sind gross, aber es wird noch eine Weile dauern, bis der Rollout flächendeckend erfolgt. Bislang waren wir immer erfolgreich, wenn wir ein neues Produkt auf den Markt gebracht haben, darum ist es für SAP Schweiz wichtig, die Erfahrungen der sechs Testmärkte abzuwarten.
Bienz: Für Kunden im Wachstum ist Business By Design in einer Frühphase sicher sehr interessant, gerade weil sie die Lösung nahtlos in Richtung ERP weiterentwickeln können. Der Wechsel auf eine andere SAP-Lösung fällt sehr leicht, was das Produkt für Kunden interessant macht.

Konkret: Wie kommt das Produkt bei den Kunden an?
Bienz: Es ist eine gewisse Zurückhaltung vorhanden, wenn es um ERP geht. Für spezielle Themen wie CRM ist Saas klar besser geeignet. Für Firmen die im Dienstleistungssektor tätig sind, ist es ebenfalls eine interessante Lösung.


Und für Sie, als Anbieter?
Bienz: In der Schweiz sind wir froh, dass wir unseren deutschen Kollegen erst einmal über die Schulter schauen können. Wir sind derzeit genug ausgelastet und so forcieren wir das im Moment nicht.
Neeracher: Das hätte es schon vor zehn Jahren gebraucht.

Etwa so lange wird Software as a Service auch schon als Vertriebs­modell der Zukunft angepriesen. ­Dennoch ist man noch weit von einem Durchbruch entfernt.
Burkhardt: Ich gebe Herrn Neeracher Recht. Das Problem liegt darin, dass der Markt damals falsch bearbeitet wurde und der Vertriebskanal Internet nach dem Platzen der Blase fast ein wenig verpönt war. Ich denke, dass der neue Anlauf viel seriöser ist. Es ist auch für unsere grösseren Kunden gut, wenn sich SAP bei kleinen Firmen ausbreitet, weil so die Wertschöpfungskette viel durchgängiger gemacht wird.

Apropos Marktdurchdringung: Ihre Unternehmen sind sehr auf SAP ­fixiert. Ist es nicht auch heikel, wenn man sich so stark von einem Riesen wie SAP abhängig macht?
Burkhardt: Die Abhängigkeit ist gegenseitig. SAP ist genauso von uns Partnern abhängig wie wir von ihnen. Es ist ein gesundes Abhängigkeitsverhältnis.
Bienz: Wir fühlen uns nicht erschlagen vom Riesen SAP. Wir haben auch eine ordentliche Grösse und sind einer der globalen Partner. Es ist wie in einer Ehe, in der man gegenseitig aufeinander angewiesen ist. Es gibt sonnige und weniger sonnige Momente.

Bislang haben Sie SAP sehr gerühmt. Was sind denn die weniger sonnigen Momente?
Bienz: Wir haben unser Geschäftsmodell und unsere Ziele genauso wie SAP sein Geschäftsmodell und seine Ziele verfolgt. Diese sind nicht immer deckungsgleich.

Wie starr sind denn die Partnerprogramme von SAP...

Wie starr sind denn die Partnerprogramme von SAP und wie fest geht SAP auf die spezifischen Bedürfnisse seiner Partner ein?
Rast: Ich sehe es nicht so, dass die Ziele nicht am gleichen Ort liegen. Es geht auch hier vor allem um die Kapazitäten. Es kommt vor, dass Partner Projekte nicht umsetzten können weil ihnen die Leute fehlen. Da gibt es natürlich Differenzen, weil wir mit den Partnern Zielvereinbarungen bezüglich der Menge verkaufter Software absprechen. Diese Vereinbarungen werden im gegenseitigen Dialog vereinbart und in monatlichen Gesprächen wird überprüft, ob man auf dem richtigen Weg ist. Wenn dem nicht so ist, werden gemeinsam Lösungen gesucht. Von den Partnerprogrammen kann man sehr wohl abweichen. Die Programme zeigen lediglich den Weg auf, wie gemeinsame Ziele erreicht werden können. Es gibt Standards, die eingehalten werden müssen. In der Umsetzung sind die Partner aber sehr frei. Schliesslich kann er sich dort von seiner Konkurrenz abheben.
Burkhardt: SAP hat seine Partnerprogramme internationalisiert, womit viele Vorgaben da sind. Es kommt aber darauf an, wie man diese interpretiert. Man kennt sich gegenseitig und so gibt es genug Spielraum.


Inwiefern ist das positiv? Viele nerven sich doch, weil alles internationalisiert wird und regionale Eigenheiten zuwenig berücksichtigt werden.
Bienz: Diese Gegebenheiten werden berücksichtigt. Die Zielvereinbarung findet auf Länderebene statt und es ist durchaus der Fall, dass diese bei uns anders ausgeprägt sind als bei unseren deutschen Kollegen. Ich sehe da kein Problem. Das Problem liegt eher darin, dass breit aufgestellte Partner bei SAP verschiedene Ansprechpartner haben. Da kann es vorkommen, dass man die Zielvorgaben harmonisieren muss.
Neeracher: Im oberen Kundensegment bieten wir meistens keine Produkte zusammen mit SAP an, weil SAP diesen Bereich selber bearbeitet. Im Beratungsbereich versuchen wir aber auch bei diesen Kunden reinzukommen, das führt zu einer gewissen Konkurrenzsituation gegenüber SAP. Klar hat SAP daran keine Freude. Das läuft aber sehr fair ab. Am Ende entscheidet sowieso der Kunde.
Rast: Es gibt keine Absprachen, nur schon, weil das illegal wäre. Klar überlegen wir uns, welches Projekt zu welchem Partner passen würde. Wenn dann ein anderer mitbietet, ist ihm das natürlich freigestellt. Was die Kommunikation mit breit aufgestellten Partnern angeht, gibt es Bemühungen, die Koordination innerhalb von SAP zu verbessern, was uns auch zunehmend gelingt.
Neeracher: Ein grösseres Problem bei der Zusammenarbeit mit einer grossen Firma wie SAP ist die Bürokratie. SAP verlangt sehr viele Informationen, welche kleine Firmen aus Kapazitätsgründen nicht immer liefern wollen und können.
Wie sieht das gegenüber den Kunden aus? Der Entscheid, den Standard-Support zugunsten des teureren ­Enterprise-Supports aufzuheben, scheint den Bedürfnissen vieler ­Kunden entgegenzulaufen. Das macht auch einen ziemlich bürokratie­verschuldeten Eindruck.
Rast: Tatsächlich hat SAP noch nie etwas kommuniziert, das so viel zu reden gegeben hat. Wir wollen damit ein zukunftssicheres Modell anbieten. Die Lösungen wurden in letzter Zeit immer komplexer, nicht seitens SAP, sondern auch wegen der Einbindung heterogener Software-Landschaften. Man hat das nicht, wie oft vorgeworfen wird, als Preiserhöhung ohne Mehrleistung aufgegleist. Mehrleis­tung ist klar gegeben.

Wichtig ist doch, ob der Kunde diese Mehrleistung auch haben will?

Wichtig ist doch, ob der Kunde diese Mehrleistung auch haben will? Welche Rückmeldungen erhalten die Partner von Ihren Kunden.
Neeracher: Das Einzige, was schlecht lief, ist die Art, wie SAP kommuniziert hat. Dafür hat SAP sich entschuldigt und für mich ist die Sache gegessen. Es gibt schon Kunden, die sich überlegen, ob sie den Wartungsvertrag überhaupt noch verlängern wollen. Das ist aber sicher der falsche Ort, um zu sparen.
Es geht doch nicht ums Sparen oder nicht sparen. Den Kunden wird die Möglichkeit genommen, zu wählen, wie viel Support sie brauchen und haben wollen. Für Sie ist das vielleicht gegessen, aber wenn man die Kampfbereitschaft der SAP-Anwenderorganisationen sieht, ist das Thema für die Kunden noch nicht vom Tisch.
Rast: Es gibt sicher noch ein Informationsvakuum. Ich sehe die Sache mit der Kommunikation nicht ganz so wie Herr Neeracher. Im indirekten Geschäft ist die Kommunikation viel besser abgelaufen als im Direktgeschäft. Es ist wie beim Autokauf: Früher haben Sie ein Auto gekauft und den Service separat bezahlt. Heute ist das inklusive, Sie zahlen es aber trotzdem, weil es im Preis einkalkuliert wurde.
Burkhardt: Die haben das aber ein bisschen diplomatischer verpackt.

Ich möchte trotzdem noch ein klares Statement der Partner. Ist dieser Entscheid richtig?
Bienz: Das ist von Kunde zu Kunde verschieden. Die Kommunikation war unglücklich, das ist Tatsache, und es ist auch so, dass nicht jeder Kunde die­se Art von Support braucht. Ich verstehe durchaus Kunden, die damit nicht glücklich sind.
Burkhardt: Absolut, das ist sehr individuell. Je kleiner oder einfacher der Kunde, desto weniger braucht er diesen Service. Man muss aber auch die andere Seite sehen. Der Mietpreis meines Einfamilienhauses ist in den letzten fünf Jahren um 30 Prozent gestiegen, ohne dass ich eine Mehrleistung habe. Die SAP-Supportpreise liegen seit zehn Jahren bei 17 Prozent und ich erhalte etwas für den Aufpreis.


Da könnte man auch noch die Krankenkassen anfügen. Nur ist etwas, das hier schlecht ist, am anderen Ort noch lange nicht recht. Ich will wissen, ob der Entscheid gut ist oder ob man noch einmal darauf zurückkommen sollte.
Burkhardt: Das ist in erster Linie eine Sache zwischen SAP und den Kunden. Es wird sich zeigen wie SAP auf die Anfragen reagiert.
Neeracher: Es wäre wünschenswert, dass es eine Auswahlmöglichkeit gibt und ich bin überzeugt, dass SAP darauf reagieren wird. Es ist für uns natürlich schwierig, den Kunden so ein grosses Paket schmackhaft zu machen und gerade kleine Kunden sagen, es sei zu teuer und für sie nicht tragbar.
Burkhardt: Man muss auch sehen, dass sich die Kosten einfach verlagert haben. Früher war die Software teurer und die Wartungsprozente tiefer. Heute ist die Software günstiger, und damit die Basis zur Berechnung der Wartung tiefer. Dafür ist der Wartungssatz in Prozenten höher. Unter dem Strich ist das in etwa ein Nullsummenspiel.
Bienz: Es ist sicher schlecht, dass es keine Auswahl gibt. Die Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse. Manche sind besser bestückt, was die IT angeht und brauchen somit auch weniger Unterstützung. Die Rückmeldungen, die wir erhalten, geben wir an SAP weiter. (Interview Markus Gross)


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