Public-WLAN senkt Strahlenbelastung

Zahlreiche Schweizer Städte und Gemeinden rüsten sich mit flächendeckenden WLAN-Netzen aus. Die Konzepte unterscheiden sich deutlich.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/11

     

Öffentliche Wireless Local Area Network-(WLAN-)Netze in Städten und Ferienregionen sind in der Schweiz derzeit im Trend. So hat kürzlich die Genferseegemeinde Bouveret die Inbetriebnahme eines flächendeckenden WLAN-Netzes angekündigt, die Städte Biel und St. Gallen ziehen ebenfalls mit, und auch Luzern bietet den kostenlosen Service an.
Anders als in St. Gallen, wo von Seiten des Betreibers lediglich drei grosse Antennen aufgestellt werden, während Private das Netz mit selbstgekauften Routern verdichten, setzt man in Luzern auf ein von der Firma tpn «the public network» betriebenes Netz aus rund 65 kleineren Access Points. Das Luzerner Netz ist nach der sogenannten Mesh-Technologie (engl. Für Masche) aufgebaut. Diese «vermaschten» Netzwerke zeichnen sich dadurch aus, dass jeder Netzwerkknoten mit mindestens einem anderen Knoten verbunden ist. So kann eine hohe Zuverlässigkeit garantiert werden, da das Netz auch dann weiterläuft, wenn ein Knoten ausfällt

Keine Konkurrenz für Telcos

«Wir sind keine Konkurrenz für Telekommunikationsanbieter», hält Joerg Furrer, CEO der Betreiberfirma tpn, fest. Das Geschäftsmodell bestehe dar­in, dass man das Netz den Anbietern zur Verfügung stellt, wobei jeder auf ein eigenes virtuelles Netzwerk zugreifen kann. Daran ist man zumindest bei der Swisscom im Moment nicht interessiert: «Zurzeit planen wir in Luzern kein solches Angebot, insbesondere da wir die Stadt bereits flächendeckend mit HSDPA (ein Übertragungsverfahren des Mobilfunkstandards UMTS) versorgen», erklärt Sepp Huber, Medien­sprecher bei Swisscom. Der Ex-Monopolist deckt damit bereits 40 Prozent der Schweiz ab und baut das Netz fortwährend aus.
WLAN sei viel günstiger, hält Joerg Furrer dem entgegen. Ausserdem seien WLAN-Netze schneller und böten viel mehr Kapazität; sie seien daher klar effizienter. Die Frage, die sich stellt, ist also die, ob das Gratisangebot in Luzern der Swisscom UMTS-Kunden abjagt oder durch seine Verfügbarkeit neue Bedürfnisse generiert. Dabei gilt es aber zu berücksichtigen, dass sich der Empfangsbereich «auf den öffentlichen Raum beschränkt istund die Empfangsleistung in Häusern rasch abnimmt», so Furrer. «Ums WLAN kommt niemand herum», ist auch Axel Simon überzeugt. Er arbeitet als Sales Director DACH beim Netzwerkausrüster Colubris Networks, der die Sendeanlagen gebaut hat. Für ihn sind WLAN-Netzwerke zur Komplettierung des Angebots unerlässlich.

WLAN vermindert Strahlenbelastung

Die Access Points, die Colubris nach Luzern lieferte, zeichnen sich insbesondere durch ihre geringe Strahlenbelastung aus. «Indem viele kleine anstelle von wenigen grossen Anlagen eingesetzt werden, erreicht die Strahlenbelastung nicht einmal drei Prozent des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes», beschreibt Simon den daraus resultierenden Vorteil. Trotzdem gebe es Menschen, die schon beim blossen Anblick einer Antenne Kopfschmerzen bekommen würden, fügt sein Kollege Stephan Walder an. «In Wahrheit hilft die Anlage sogar, die Strahlenbelastung zu reduzieren, da ihre Sendeleistung viel kleiner ist als diejenige eines UMTS-Netzes.»
Das Projekt in Luzern stellte Colubris nicht nur vor technische Probleme: «Es gab viele städtebauliche Anforderungen zu berücksichtigen, die nichts mit Technik zu tun hatten. Anders als beispielsweise in den USA spielt die Optik der Sende- und Empfangsgeräte in der Schweiz eine wichtige Rolle.» Hierbei wurde Colubris vom Value-­Added-Distributor Elcoma unterstützt. Der Chamer Disti kümmerte sich unter anderem um die Integration der Acces Points in die vorgegebenen Lampengehäuse und deren technische Ergänzung mit Spezialantennen und Batterie-Back-Up.

St. Galler WLAN ohne Zukunft

Der Methode, mit der in St. Gallen der kostenlose Internetzugang ermöglicht wird, stehen die Macher des Luzerner Netzwerkes indes skeptisch gegenüber. «In St. Gallen hat man nicht verstanden, worum es beim WLAN wirklich geht», drückt es Simon etwas provokativ aus. Da in St. Gallen die Bürger selber aktiv werden und die Router kaufen müssen, habe das Netz keine Zukunft. Im Gegensatz zu Luzern sei es nicht möglich, Services anzubieten und das Netz für alle Anbieter zu öffnen. Somit müssten diese eine eigene Infrastruktur aufbauen, was den Wildwuchs von Antennen und somit auch die Strahlenbelastung weiter erhöht.

Der Markt bestimmt das Angebot

Allerdings ist die WLAN-Infrastruktur, die sich in St. Gallen zu einem wesentlichen Teil in den Händen der Bürger befindet, auch in Zukunft garantiert gratis. Das ist in Luzern keineswegs sicher. In den ersten vier Monaten wird das Netzwerk zwar vom Mobilfunkanbieter Orange gesponsert; was danach kommt, steht im Moment jedoch noch in den Sternen.
«Falls sich kein neuer Sponsor finden lässt, müsste man den freien Zugang zugunsten des kostenpflichtigen Premium-Angebots etwas einschränken», gibt sich Furrer pragmatisch. Beim Versorger Energie Wasser Luzern, der tpn mit dem Bau und dem Betrieb des WLAN-Netzes beauftragte, ist man allerdings überzeugt, dass in Luzern auch künftig gratis gesurft werden kann: «Das Angebot ist sehr gut gestartet und ist daher eine interessante Werbeplattform für Sponsoren», ist Unternehmenssprecherin Iris Isenschmid überzeugt. (mag)


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