Der Steuermann - Franz-Josef Preuss, SCS Solid Computer

SCS Solid Computer wird 20 Jahre alt. Den Hauptgrund für diese hohe Kontinuität im umkämpften Distributionsgeschäft sieht Inhaber Franz-Josef Preuss in langjährigen Exklusiv-Verträgen mit gezielt ausgesuchten Herstellern sowie seinen ständigen Bemühungen um die Gunst der Fachhändler.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/07

     

1979 hatte Franz-Josef Preuss die ­Nase voll von «Suppe, Salat und Filetsteak». In einem Gastronomiebetrieb in England lernte der ausgebildete Hotel-Kaufmann nicht nur seine spätere Ehefrau Doris kennen, sondern fand auch seinen Weg in die IT: «Der Chef meiner Frau meinte, dass ich in die IT passen würde», erzählt Preuss. Diesen Rat nahm er sich zu Herzen und heuerte bei der Control Data Corporation (CDC) als Verkäufer für Speichermedien an. 8-Zoll-Disketten und wandschrankgrosse Festplatten mit 300 Megabyte waren damals die Kassenschlager.
Sein fachliches Rüstzeug holte Preuss sich, indem er Einführungskurse in einem Rechenzentrum im amerikanischen Minneapolis im Staat Minnesota belegte. Online, via Satellit für die damalige Zeit geradezu revolutionär. Die übrigen CDC-Verkäufer waren allesamt Doktoren der Mathematik und der Physik. In dieser Welt fühlte er sich wohl, denn für ihn als «kleinen Kaufmann» war die IT eine Welt voller grosser Geschichten: «Ich habe versucht, die Vorzüge von 840 Millionen Rechenoperationen pro Sekunde mit meinen eigenen Worten zu erklären, was dann ungefähr so klang: Wenn Sie das Wetter der ganzen Welt in einer Sekunde berechnen möchten, dann nehmen Sie einen Cyber von CDC.»

Exklusivvertrag mit Helios Software

Nach kurzen Abstechern zu einem Software-Entwickler und einem Netzwerker stiess Preuss im Jahr 1990 zu SCS Solid Computer. Das deutsche Unternehmen verfügte über Niederlassungen in zehn Ländern, und sein Fokus lag auf der Entwicklung von Software und dem Verkauf von Hardware. «Ich habe die bereits 1987 gegründete Schweizer Niederlassung in der Folge auf Distribution umstrukturiert», erzählt Preuss. Mit dem deutschen Hersteller Helios Software aus Hannover konnte er einen Exklusivvertrag für die Schweiz abschliessen.
Die Netzwerksoftware, die vor allem im Publishing-Bereich hervorragend verankert ist, sollte sich in den Folgejahren als eine der wichtigsten Stützen für den Erfolg des Unternehmens erweisen. Der Netzwerk- und Client-Server-Bereich wurde zur Kernkompetenz des jungen Value Added Distributors (VAD), der aus Soft- und Hardware schlüsselfertige Systeme zusammenbaute und diese den Händlern anbot. Auf Helios folgten weitere Exklusiv-Vertretungen, etwa für die Publishing-Software Ragtime, die Bilddatenbank Canto Cumulus und die Netzwerkprodukte von Asanté.

Immer schwierigeres Umfeld

Als Distributor hat Preuss die ganzen Hochs und Tiefs der letzten 20 IT-Jahre miterlebt. «Die Gründe dafür, dass wir schon seit zwei Jahrzehnten am Markt sind, sehe ich vor allem in der hohen Kontinuität durch stabile, langjährige und mehrheitlich exklusive Vertretungen von ausgesuchten Herstellern», sagt Preuss. Kontinuität gebe es aber auch bei den Mitarbeitern, die Solid im Schnitt 14 Jahre lang die Stange halten. Zudem sei es dem Unternehmen in frühen Jahren gelungen, Meilensteine in der Branche zu setzen, etwa, als man Anfang der 90er-Jahre Ethernet-Netzwerke mit 10 Mbit pro Sekunde eingeführt habe, als noch Apple Talk und Peer to Peer mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von wenigen Kbits verbreitet waren.
Dennoch: Die jüngsten Beben in der IT-Welt sind auch an Preuss und seiner Frima nicht spurlos vorübergegangen. «Seit dem Jahr 2001 ist es für uns und die Händler sehr hart geworden», klagt er. Letztere würden zunehmend den Preisdruck von Kundenseite her spüren: «Es geht in vielen Fällen nicht mehr darum, eine Lösung zu bauen, die den Bedürfnissen entspricht, sondern oft ist der minimale Budgetmantel das Mass aller Dinge.» Zudem würden die Händler und damit auch er spüren, dass das Wachstum im Prepress- und Publishing-Bereich einer Stagnation gewichen sei: «Eine gewisse Abhängigkeit vom Mediensektor lässt sich nicht wegdiskutieren. Hinzu kommt die Belastung durch Zusammenschlüsse.Wenn sich zwei Firmen zusammentun, kommt es meist auch zu einer Reduktion der Server und damit der Software-Lizenzen», erzählt Preuss.

Der Boss ruft auch mal selber an

Wenn langjährige Kunden in solchen Fällen glauben, sie könnten auf Software wie beispielsweise Helios verzichten, greift Preuss auch mal selber zum Telefon und versucht sie vom Gegenteil zu überzeugen. Der charismatische Deutsche ist deshalb auf den IT-Abteilungen von Ringier, Tamedia, NZZ und UBS längst kein Unbekannter mehr.
Für Klagen vieler Distributoren über das schwierige Umfeld hat Preuss nicht viel übrig: «Manchmal schimpfe ich mit den Distributoren und frage, weshalb sie nicht etwas machen, wo sie alleine sind und Exklusivität haben, denn das würde sie auch für die Händler attraktiver machen.» Aus diesem Grund setzte er wo immer möglich auf Exklusiv-Verträge. Eine Strategie, die sich auch für die Hersteller ausbezahlt habe: «Heute haben diese dank der Zusammenarbeit mit uns viele Installationen und Kunden im Schweizer Markt.»
Noch zwölf Jahre will Preuss an der Spitze von SCS Solid ausharren, bevor er in Rente geht. «Bald wird sich entscheiden, ob mein Sohn das Zepter übernimmt», so Preuss. Der Nachwuchs absolviert gegenwärtig eine Informatikerlehre bei einem Händler, was ideal sei, da er auf diese Weise «die andere Seite» kennenlernen könne.
Zu guter Letzt richtet er einen Appell in eigener Sache an den Channel: «Es wäre schön, wenn die Händler vermehrt wieder den VAD unterstützen würden, der auch nach dem Kauf mit Support und Unterstützung noch für sie da ist, anstatt nach dem billigsten Jakob in der Szene zu suchen.» (bor)

Franz-Josef Preuss

Franz-Josef Preuss wurde 1954 in Ostpreussen, dem heutigen Polen, geboren. Er war das vierte Kind einer Arbeiterfamilie. Im Jahr 1961 siedelte er nach Deutschland über. Der gelernte Hotel- und Gaststättenkaufmann absolvierte einen ­Arbeitsaufenthalt in England, wo er seine Ehefrau Doris kennenlernte. Der Liebe wegen zog er in die Schweiz. In diesem Jahr feiert Preuss nicht nur seinen 30jährigen Hochzeitstag, sondern auch mit seiner SCS Solid Computer in Spreitenbach das 20-Jahr-Firmenjubiläum.
Auch seine privaten Hobbys ranken sich um die Informatik, die ihn seit über 30 Jahren wegen ihrer ­Dynamik und des enormen Fortschrittes fasziniert: Von seinen Segeltörns auf verschiedenen Weltmeeren, die er alle zwei Jahre zusammen mit guten Freunden unternimmt, sowie von seinen ausgedehnten Reisen nach Indien und Australien erstellt der 53jährige druckreife Reiseberichte und fix­fertig geschnittene Filme auf DVD.


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