Reseller Communities im Kommen

Die Verzahnung von Technologien erfordert vermehrt eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Herstellern und deren Partnern. Neue Ansätze für Geschäftsbeziehungen leben hierzulande bereits EMC und Cisco Systems vor.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/05

     

Die Welten der Speicher- und Netzwerktechnologien wachsen immer mehr zusammen. Aufgrund dieser Tatsache auf Produktebene haben Endkunden veränderte Bedürfnisse an ihre Lieferanten. Immer mehr tun sich deshalb Hersteller verschiedener Anwendungen direkt und auf Partnerebene zusammen, um die Anforderungen ihrer Kunden effizienter erfüllen zu können. Ein Beispiel hierfür sind die Bemühungen des Speicherriesen EMC und des Netzwerk-Primus Cisco Systems. IT Reseller sprach mit Stefano Camuso, Sales & Channel Manager bei EMC, und Michael Roth, Country Channel Manager bei Cisco.

Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit im Alltag?

Stefano Camuso (EMC): Die Zusammenarbeit ist auf verschiedenen Ebenen sehr intensiv, sowohl international wie national. EMC ist überzeugt, dass die heute noch getrennten Welten der Information Infrastructure und der Datennetzwerke zusammenwachsen werden, genau so wie in den letzten Jahren mit VoIP die Telefonie- und die Datennetzwerke zusammengewachsen sind. Wir führen in der Schweiz gemeinsame Projekte mit Cisco durch und haben direkte Zusammenarbeiten auf der Management-, der Produkt- und der Salesebene etabliert. So finden regelmässige Treffen zwischen den beiden Country Managern statt. Zudem beteiligen wir uns gegenseitig an Sales-Meetings, führen gemeinsame Marktanalysen durch, bauen zusammen gemeinsame Partner auf und auch die Produktverantwortlichen treffen sich regelmässig.


Michael Roth (Cisco): Ziel der Partnerschaft ist es, den stetig steigenden Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Die Kunden erwarten heutzutage, dass sich Hersteller zusammenschliessen und fertige Lösungen präsentieren. Zum einen ist das eine Frage der Ressourcen des Kunden, zum anderen sind die Business-Anforderungen an die IT enorm gewachsen. EMC und Cisco haben verstanden, dass diese Her­ausforderungen nur durch ein strukturiertes Partner-Modell zu bewältigen sind. Diese Partnerschaft beginnt mit dem Erarbeiten von gemeinsamen Architektur-Blueprints, dazu gehören das gemeinsame Identifizieren und das Kreieren von Geschäftsmöglichkeiten zur täglichen Arbeit.

Gibt es Weisungen an die Partner oder andere Massnahmen?

MR: Verbindliche Weisungen gibt es keine. Wir geben teilweise neu erstellte Architekturen an Partner weiter. Das gibt ihnen Inputs für ihre Arbeit. Wir verstehen das als Offering für die Partner. Mit EMC tauschen wir uns ständig aus und lernen so Sichtweise und Aspekte ihrer Arbeit kennen. Dieser institutionalisierte Austausch ist auch intern enorm wichtig, bildet er doch die Grundlage für den Informa­tionsfluss zwischen uns und EMC.


SC: Die Partner sind in ihrer Entscheidung frei, ob und in welcher Form sie von dieser Zusammenarbeit profitieren wollen. Die Partnerprogramme von Cisco und EMC sind unabhängig voneinander und es existiert derzeit kein gemeinsames Programm. Ein solches ist in Zukunft aber durchaus denkbar.

Wer arbeitet im konkreten Fall mit wem zusammen?

SC: Die Zusammenarbeit mit gemeinsamen Partnern steht in der Anfangsphase. Darum liegen dafür noch keine konkreten Regelungen oder Fallbeispiele vor. Wir sind dabei, die ersten gemeinsamen Partner aufzubauen.

MR: Wir arbeiten auf Account-Basis zusammen. EMC ist zum Beispiel alle zwei Wochen bei uns im Haus und trifft sich mit der Cisco Sales Force. Zudem findet natürlich auch ein Austausch mit den Cisco-Partnern statt, teilweise sind die ja auch EMC-Partner. Wichtig ist, dass man sich ständig gegenseitig auf dem Laufenden hält.

Wie geht ein Partner vor, wenn er einen Auftrag erhält und merkt, dass auch Technologie des anderen Herstellers benötigt wird?

SC: Falls es sich um einen Switch handelt, bietet EMC das Produkt selber an. Viele EMC-Partner führen bereits Cisco-Switches in ihrem SAN-Angebot. Unsere Kunden und Partner haben auch die Möglichkeit, Cisco-Switches direkt bei EMC über das Select-Programm zu beziehen.

MR: Der Partner wendet sich an den entsprechenden EMC- bzw. Cisco-Betreuer. EMC hat ja die Ausbildung und das Know-how, auch unsere Produkte optimal einsetzen zu können. Dieser Push-Effekt via EMC an die EMC-Partner funktioniert bestens. Natürlich arbeiten wir auch daran, dass der Pull-Effekt, sprich dass die EMC-Partner verstärkt Cisco-Produkte nachfragen, noch stärker zum Tragen kommt.
SC: Es kommt ja in der Realität kaum vor, dass einer unserer Kunden noch keinen Netzwerkpartner hat. Falls ­dies doch der Fall sein sollte, entscheidet heute der Kunde, mit wem er im Netzwerkbereich zusammenarbeiten möchte, zumal derzeit noch keiner unserer etablierten Partner ein kombiniertes Angebot in seinem Portfolio führt. Aber der Startschuss ist gefallen. Wir sind daran, solche gemeinsamen Partner aufzubauen. Diese werden dann die beiden Produktpaletten aus einer Hand anbieten.

Wie wird im Falle einer Zusammenarbeit die Provisionsverteilung geregelt?

MR: EMC hat mit Cisco einen speziellen OEM-Vertrag, welcher einen gewissen Discount beinhaltet.

SC: Wenn ein EMC-Verkäufer Cisco-Produkte verkauft, erhält er eine Provision und der Partner seine Marge. Dies ist im Grundsatz gleich geregelt, wie wenn EMC-Produkte verkauft werden.

Was passiert, wenn es zu Überschneidungen bei den Produkten kommt?

MR: In einer guten Partnerschaft bildet eine offene Kommunikationskultur die Grundlage für den Erfolg. Überschneidungen kommen vor, das gehört zum kompetitiven Umfeld. Es ist daher wichtig, vom ersten Moment an die entsprechenden Standpunkte offenzulegen. Wir lernen auch in diesem Umfeld und können so unsere eigenen Produkte noch besser in Gesamtlösungen einpassen.

SC: In der Praxis gibt es praktisch keine Überschneidungen in den Produktangeboten. Dies ist einer der grossen Vorteile dieser Partnerschaft. Zwar bietet auch Cisco wie wir Infrastrukturmanagement-Tools an, aber hier entscheidet der Kunde auf Grund seiner konkreten Situation, mit welchem Instrument er arbeiten will. Uns ist kein Fall bekannt, in dem es darum auch nur im Ansatz einen Konflikt gegeben hätte. Der Grund dafür ist, dass die Information Infrastructure und die Netzwerke heute auch bei den Kunden noch weitgehend getrennte Welten sind.

Gibt es von Cisco und EMC gemeinsame Marketingaktivitäten oder sind welche geplant?

SC: Wir sind in der Schweiz jeweils an der Cisco Expo in Interlaken vertreten. Cisco wiederum hat in der Vergangenheit immer an unserer grössten Veranstaltung «Out of the Box» teilgenommen. In der Schweiz sind derzeit noch keine weiteren gemeinsamen Marketingaktivitäten gegen aussen geplant. Wie schon oben erwähnt, liegt der Fokus derzeit auf der engen Zusammenarbeit in der Management- Verkaufs- und Produkteebene.


MR: EMC und Cisco sind regelmässig und gegenseitig bei Kundenanlässen vertreten und unterstützen einander mit entsprechenden Präsentationen. Heute reicht es nicht mehr aus, ein paar nette Workshops zu organisieren, heutzutage sind seriös erarbeitete Kunden-Lösungen gefragt. Wir zeigen dem Markt so, dass EMC und Cisco einen gemeinsamen Approach für unsere Kunden haben.

Sind weitere Aktivitäten zur Förderung des Cross Selling unter den Partnern geplant?

MR: Aufgrund der ergänzenden Produkte-Portfolios unserer Firmen steht Cross Selling klar im Vordergrund. Wir stellen unser Produkte-Portfolio jeweils in Form einer Business-Architektur dar, und in dieser Architektur wird die Wichtigkeit des EMC-Portfolios speziell hervorgehoben. Von dieser Ergänzung profitieren wir alle, erhöht sich doch so die Relevanz beim Kunden, und das wiederum sorgt für Wachstum.


SC: Wir sind derzeit daran, geeignete, starke Partner zu suchen. Erste konkrete Gespräche wurden geführt. Es wird zwischen einem halben und einem Jahr dauern, bis diese Partner mit dem kombinierten Angebot aktiv auf dem Markt auftreten werden. Dann wird es sicher auch Aktivitäten zur Förderung des Cross Selling geben.

Hat der Kunde im Falle einer ­Zusammenarbeit mit Partnern beider Hersteller zu tun oder läuft das Geschäft nur über den ­ursprünglichen Auftragsempfänger?

MR: Das ist abhängig vom Partner. Grundsätzlich hätten die Partner gerne nur einen einzigen Ansprechpartner. Aufgrund der immer komplexer werdenden Lösungen ist das aber häufig gar nicht mehr möglich. Es ist also üblich, dass der aktive Partner die fehlende Kompetenz von einem weiteren Partner bezieht und selber als Generalunternehmer auftritt. Das ist alles eine Frage der Organisation und der jeweiligen Fachkompetenz.


SC: So ist es. Praktisch hat ein Kunde mit Partnern beider Hersteller zu tun, denn die beiden Welten sind ja auch auf Kundenseite noch weitgehend getrennt. Die gemeinsamen Partner werden dann natürlich alles aus einer Hand anbieten können. Sie werden damit gegenüber anderen Anbietern einen entscheidenden Vorteil haben. Value-Added-Distributoren spielen für EMC beim Aufbau von neuen Partnern generell eine zentrale Rolle. Dies wird auch hier der Fall sein. Die VAD bieten mit ihrem Know-how und ihren Services eine wichtige Unterstützung beim Aufbau der Partner. EMC arbeitet eng mit den VAD zusammen.

Welches sind die grössten Herausforderungen zur Realisierung von Partner Communities verschiedener Hersteller?

MR: Die Herausforderung besteht klar darin, dass man im Vorfeld einer Partnerschaft genau abklärt, wie gross der Kuchen ist und wer welchen Teil bekommt. Natürlich müssen diese Abklärungen laufend aktualisiert werden. Zur Partnerschaft gehört ein stetes Geben und Nehmen; dass man bezüglich Strategie und Taktik mal in einen Clinch kommen kann, gehört dazu. Wichtig ist einfach, dass man sich über die mittel- und langfristigen Ziele im Klaren ist und dementsprechend für jeden Kunden ein optimales Leistungsangebot erstellt.


SC: Der Aufbau einer Partnerschaft zwischen Anbietern aus getrennten Welten braucht viel Zeit. Die grösste Herausforderung ist sicher der Know-how-Aufbau durch die Partner. Die derzeit vollen Auftragsbücher akzentuieren dies noch. Die meisten unserer Partner haben gegenwärtig nur wenig interne Kapazitäten frei, die sie umschulen können. Es braucht auch Zeit, bis sich die Verkäufer in das erweiterte Portfolio eingearbeitet haben. EMC und Cisco haben beide für sich schon ein sehr grosses Angebot. Ein weiterer Punkt ist der Reputationsaufbau. Ein Partner muss sich in einem neuen Geschäftsfeld erst einen Ruf erarbeiten, bis er das Potential der Verschmelzung der beiden Welten voll ausnutzen kann. (mh)


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