Topgeschäft Secondhand-Software

Software nutzt sich nicht ab. Der Münchner Software-Händler Usedsoft hat genau darin ein äusserst lukratives Geschäftsmodell erkannt: Er verkauft gebrauchte Software-Lizenzen in grossem Stil – auch in der Schweiz.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/22

     

Der Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen entwickelt sich langsam zu einem neuen, lukrativen Geschäftsmodell. Jüngste Beispiele sind der in München ansässige Software-Händler Usedsoft und der englische Wiederverkäufer Disclic.
Usedsoft verkauft Software-Lizenzen, die aus Fusionen, Geschäftsaufgaben, Systemumstellungen oder Konkursen übriggeblieben sind oder zwar erworben wurden, aber nie zum Einsatz gekommen sind. Analysten gehen davon aus, dass ein Drittel der einst gekauften Software in den Regalen der Unternehmen verstaubt. Allein 42 Prozent der CRM-Software-Lizenzen werden laut Gartner nie genutzt. Viele Firmen sind zudem überlizenziert und wissen es nicht. Diejenigen, die es wissen, erkennen oft diese Überbestände nicht als brachliegendes Kapital. Hier setzt Usedsoft an und kauft an Lizenzen auf, was aus irgendeinem Grund nicht mehr gebraucht wird, und verkauft die Rechte zu einem günstigen Preis weiter.

Enormes Sparpotential

«Für viele Unternehmen wird es immer wichtiger, Kosten einzusparen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Da ist der Einkauf gebrauchter Lizenzen statt teurer Neuware ein mehr als probates Mittel», sagt Peter Schneider (Bild), Geschäftsführer von Usedsoft, gegenüber IT Reseller.
Wer Software-Lizenzen bei Usedsoft gebraucht erwirbt – gebrauchte Lizenzen gibt's bei Usedsoft bereits ab 2000 Euro – kann zwischen 20 und 50 Prozent im Vergleich zur Neulizenz einsparen. Eine gebrauchte Software hat für den Käufer den gleichen Wert wie eine neue. Gebraucht heisst zudem nicht, dass es sich zwangsläufig um ältere Programme handelt. Auch aktuelle Versionen stehen in grossem Umfang zur Verfügung. Lizenzen älterer Software-Versionen bringen die Münchner auf Wunsch durch Updates auf den aktuellen Stand.

Das Geschäft boomt

Usedsoft verdient richtig Geld mit dem An- und Verkauf der Lizenzen: «Für 2005 verzeichnen wir einen Umsatz, der deutlich siebenstellig ist», sagt Schneider. Für die nächsten Jahre erwartet er aufgrund stetig steigender Nachfrage weiterhin eine zweistellige Wachstumsrate. «Diese Prognose stützt sich vor allem auf das unglaubliche Marktpotential, das es für unsere Produkte gibt. Allein die 25 grössten Software-Unternehmen haben 2004 nur in Deutschland einen Umsatz von 5,5 Milliarden Euro erzielt», sagt Schneider weiter.
Wegen strengerer Kontrollen bezüglich unlizenzierter Software – Schätzungen zufolge bestehen für fast 30 Prozent aller in Deutschland eingesetzter Software keine Lizenzen – wird für die betreffenden Unternehmen das Usedsoft-Angebot zur kostengünstigen und problemlosen Alternative. «Das sind für uns alles gute Gründe, sehr optimistisch in die Zukunft zu blicken», sagt Schneider.

Alles rechtens

Auch hierzulande ist Usedsoft mit grösseren Umsätzen aktiv. «Wir erwirtschaften über 20 Prozent unseres Gesamtumsatzes in der Schweiz», so Schneider weiter. Die Schweiz ist für das Unternehmen einer der wichtigsten Märkte – mit wachsender Tendenz. Gerade wird eine Einkaufsgesellschaft gegründet, die in der Schweiz Lizenzen einkauft. In diesem Zusammenhang haben die Münchner einen Schweizer Investor gefunden, der ihnen zusätzlich neue Einkaufsquellen erschliessen soll.
Anfängliche Bedenken bezüglich Rechtssicherheit hat Schneider schnell ad acta gelegt. Bereits im Jahr 2000 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz auch für Software gilt. Sprich: Sobald eine Software zum ersten Mal verkauft wurde, hat sich damit das Urheberrecht eines Herstellers erschöpft.
Im Schweizer Bundesgesetz über das Urheberrecht heisst es: «Hat ein Urheber (...) ein Computerprogramm veräussert oder der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses gebraucht oder weiterveräussert werden.»
Usedsoft liefert zu jeder verkauften Lizenz eine notarielle Bestätigung, mit der die Rechtmässigkeit des Lizenzerwerbs dokumentiert wird. Die After-Sales-Leistungen der Hersteller wie Wartung und Support stehen den Anwendern für alle von Usedsoft verkauften Software-Lizenzen ohne Einschränkungen zur Verfügung.
Immer wichtiger wird für Usedsoft das Händlernetz: «Bereits jetzt tätigen wir rund einen Drittel unserer Verkäufe über Zwischenhändler», so Schneider. Dabei handelt es sich vor allem um kleinere und mittlere Software-Händler, die unabhängiger von den Software-Multis arbeiten wollen. In der Schweiz arbeitet Usedsoft mit mehr als zehn Händlern und Systemhäusern zusammen, die allerdings aufgrund ihrer Abhängigkeiten gegenüber den Herstellern nicht genannt werden möchten.

Gebrauchte Microsoft-Lizenzen

Auf gebrauchte Volumenlizenzpakete von Microsoft ist der britische Wiederverkäufer Disclic spezialisiert. Die Lizenzen für die Anwendungssoftware – den Verkauf von Betriebssystem-Software untersagen Microsofts Lizenzkonditionen – kosten auch bei den Engländern zwischen 20 und 50 Prozent weniger als Neulizenzen. Die von Disclic erhältliche Secondhand-Software stammt ebenfalls von insolventen Unternehmen. Britische Microsoft-Partner, die mit Neulizenzen handeln, sind über diese Entwicklung allerdings nicht sonderlich begeistert und befürchten für sich Millioneneinbussen. (sk)


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