Klotzen statt kleckern

Einige Distributoren nutzen die Gunst der Stunde und blasen zusammen mit Herstellern, die der Orbit-iEX den Rücken kehren, ihre Hausmessen zu gediegenen Events mit Pomp auf Pump auf. Die Meinungen sind allerdings gespalten, ob sich der Aufwand auch tatsächlich lohnt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/09

     

Der 21. April war für die Leute von COS ein kleines Highlight. Die Händlertagung COM-Day, bisher immer in den Fluren der Büros in Mägenwil durchgeführt, fand zum ersten Mal ausser Haus statt. Susanne Tanner, die Marcom-Managerin von COS, hat sich das Sport- und Kongresszentrum Tägerhard in Wettingen ausgesucht und hier erstmals mit einem Standbauer zusammengearbeitet. Auf 700 Quadratmetern konnten die 39 Firmen ihre Produkte auf kleinen Ständen präsentieren. Vorbei die Zeiten, als man in Mägenwil den letzten Schrei wie an einem Schüler-Basar auf Bürotische türmte und Logos und Plakate mit Reisszwecken an die Stellwand hinter sich befestigte. Tanner freut sich und spricht von einem «richtigen Messegefühl». 400 Besucher sollen es gewesen sein, die sich bei den Herstellern nicht nur über die neuesten Produkte informieren konnten, sondern sich von einem mit Herzblut zusammengestellten Rahmenprogramm verwöhnen liessen. Es gab eine Red-Bull-Bar, eine Tombola, einen Fahrsimulator und Brake-Car des Driving Centers Veltheim. Man konnte sich den Bauch vollschlagen und abends dürfte dank der Musik eines Provinz-DJs mit seinem Quer-Beet-Konzept für jeden Geschmack etwas dabeigewesen sein. «Die Feedbacks von Besuchern und Ausstellern bestätigen mir, dass der COM-Day eine echte Alternative zu grossen Messen ist», sagt Tanner.
Bei der Rotkreuzer Littlebit vertraut man auch auf eigene Anlässe. Die aus den Karma-Zeiten bekannten Veranstaltungen werden allerdings nicht erst seit kurzem in speziellem Ambiente abgehalten. «Wir suchen immer eine schöne Location aus. Dieses Jahr haben wir uns für den Bürgenstock entschieden», sagt Marketing-Leiterin Luzia Krieger. Krieger meint auch, der Trend zur Hausmesse habe sich verstärkt, die Hersteller seien leichter zur Teilnahme zu motivieren als früher.

Zwei Broadliner dafür ...

Sehen die Broadliner das auch so? Nutzen einige Hersteller die im Vergleich zu einem Orbit-Auftritt weitaus kostengünstigere Variante einer Distimesse tatsächlich lieber? Stimmt es, dass deshalb mehr Geld von den Herstellern zu bekommen ist, weil es sie immer noch billiger zu stehen kommt, an ein paar Hausmessen auszustellen anstatt auf der Orbit-iEX?
Ingram-Chef Joe Feierabend hatte letzten September zum ersten Mal seine Kundschaft nach Winterthur eingeladen. «Wenn schon, denn schon», wird er sich gesagt haben, und verwöhnte die Besucher der ersten Schweizer Ausgabe von IM.Top von A bis Z nach allen Regeln der Kunst, exzellentes Dinner und Besuch der Vorpremiere des Musicals Spacedream II. inklusive.
Feierabend meint auch, die Hersteller schätzten die Nähe zur Händlerkundschaft, die an einer Orbit-iEX nicht gegeben sei: «Es gibt einen Trend zu fokussierten Messen. An einer Händlermesse profitieren die Aussteller überdies vom Multiplikationseffekt. An einer Händlermesse gelangt der Hersteller an Kunden, die aktiv seine Produkte verkaufen. In Deutschland sei die Ingram-Messe ein Riesenerfolg: «Alle Hersteller machen dort mit und zahlen recht grosszügig», so Feierabend weiter. Zum zehnjährigen Bestehen von Ingram Schweiz wird aller Voraussicht nach Anfang September wieder mit der grossen Kelle angerührt.
Auch Actebis wird im September einladen, und auch hier scheint fehlendes Geld kein Thema zu sein. Actebis wendet sich ab vom Hotel Mövenpick in Egerkingen und zieht ins Kongresshotel Seeburg im Luzerner Seebecken. «Wir wollen den Anlass für unsere Kunden attraktiver gestalten mit Abendprogramm, Nachtessen und anschliessender Party», sagt Marketing-Leiterin Caroline Wüest zu IT Reseller.

...und zwei dagegen

Ganz anders tönt es bei Tech Data. Laut Managing Director Manfred Steinhardt ist es «sehr schwierig, von Herstellern Marketinggelder zu bekommen». Deshalb macht Tech Data in der Schweiz seit drei Jahren keine eigenen Veranstaltungen mehr und schliesst sich den deutschen Kollegen an. «Vor drei Jahren sagten die meisten Hersteller, man erreiche zu wenig mit lokalen Veranstaltern», sagt Steinhardt, der seither seine Kunden nach Deutschland einlädt. «An unserer wesentlich grösseren deutschen Hausmesse profitieren Schweizer Kunden von einer grossen Ausstellerzahl. An einer solchen Schau gibt es auch Fachvorträge, die sich qualitativ abheben von Referaten an kleinen Messen.»
Bei Also hält man gar nichts von Messen, egal ob gross oder klein. Daniel Kuster, Leiter Verkauf und Marketing: «Wir setzen nicht auf Mega-Events, sondern veranstalten seit Jahren zahlreiche spezifische Händleranlässe für bestimmte Hersteller, Kundengruppen oder Themen wie beispielsweise Security.» Kuster investiert sein Marketing-Geld «in einen feinen Mix von Aktivitäten, welche mit denen unserer Hersteller abgestimmt sind.»

Simpex setzt auf Orbit-iEX und Cebit

Eine Ausnahme bildet der Komponentendistributor und Hersteller Simpex. Sales Director Yves Amschwand setzt auf grosse IT-Messen. «Wir waren mit Herstellern an der Cebit, gehen an die Fimo in Madrid und sind an der Orbit-iEX mit einem 150-Quadratmeter-Stand zusammen mit Logitech, Pinacle, Radix, Alltec und Decota vertreten.» Amschwand macht lieber einen konzentrierten Messeauftritt mit Herstellern. Er glaubt nicht daran, an einer Hausmesse denselben Effekt zu erzielen wie an einer Orbit-iEX. (mh)

Disti-Hausmessen

26.8.05 Littlebit, Bürgenstock

Anfang September, Ingram Micro, Ort noch unbekannt

15.9.05 Actebis, Hotel Seeburg, Luzern


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