Kein rechtliches Niemandsland

Da die Urheber von Open-Source-Software diese zwar offen legen, jedoch in der Regel ihre Rechte daran nicht aufgeben, handelt es sich nicht um rechtliches «Niemandsland», sondern um eine ordentliche Lizenz.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/21

     

Je nachdem in welchem Umfang der Urheber einer Software seine Rechte abtritt bzw. aufgibt, spricht man von Public-Domain-Software, Freeware, Shareware und Open-Source-Software.
Bei der Public-Domain-Software gibt der Urheber alle Rechte auf. Die Software kann also unbeschränkt genutzt werden.
Die Freeware ist Software, die gratis genutzt werden kann.
Die Shareware kann während einer gewissen Zeit kostenlos genutzt werden (Testperiode). Danach wird sie kostenpflichtig.
Open-Source-Software zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass der Source Code bzw. Quellcode offen gelegt und die Software damit modifizierbar wird. Sowohl Public-Domain-Software, wie Freeware und Shareware können theoretisch Open-Source-Software sein; de facto ist es jedoch nur die Public-Domain-Software und die eigentliche Open-Source-Software. Bei allen übrigen Software-Arten ist der Source Code in der Regel nicht öffentlich. Es handelt sich damit um Closed-Source-Software.

Open-Source-Software

Es gibt keine offizielle Definition von Open-Source-Software. Gemäss der einschlägigen Informatik-Literatur weist die Open-Source-Software bzw. deren Lizenz insbesondere folgende drei Merkmale auf:

Der Quellcode ist frei zugänglich.
Die Modifikation der Software ist erlaubt und wird unter der gleichen Lizenz weitergegeben.
Die Software und ihre Weiterentwicklung muss weiterverteilt werden können.

Open-Source-Lizenzen

Obwohl der Eindruck entstehen könnte, bei der Open-Source-Software handle es sich um eigentliches «Niemandsland», an dem der Urheber der Software seine Rechte aufgegeben hat, trifft dies in der Regel nicht zu. Bei der Open-Source-Software legt der Urheber lediglich den Quellcode offen. Verwendet und modifiziert werden darf die Software nur unter bestimmten Bedingungen.
Grundsätzlich kann jeder Urheber von Open-Source-Software selber bestimmen, unter welchen Bedingungen seine Software verwendet werden darf, er kann seine eigenen Lizenzbedingungen formulieren.
Im Bereich Open Source haben sich jedoch verschiedene, vorformulierte und öffentlich zugängliche allgemeine Lizenzbedingungen international etabliert. Zu diesen gehören insbesondere die GNU General Public License (GPL), GNU Lesser General Public License (LGPL), die Berkeley Software Distribution (BSD) License und die Netscape Public License (NPL).
Diese allgemeinen Lizenzen unterscheiden sich bezüglich der Zulässigkeit der kommerziellen Nutzung der Open-Source-Software, der zwingenden Wiederveröffentlichung von Software-Veränderungen, der Bindung der Veröffentlichung an die Open-Source-Lizenz sowie bezüglich besonderer Rechte für den Lizenzinhaber.

Direkte Lizenz vom Urheber

Verwendet jemand Open-Source-Software im Rahmen der genannten Lizenzen, geht er ein direktes Vertragsverhältnis mit dem Urheber der Software ein. Der Urheber bestimmt durch alle User hindurch den Gebrauch seiner Open-Source-Software.

Kommerzialisierung von Open-Source-Software

Die Open-Source-Software unter einer der genannten Open-Source-Lizenzen kann ihrer Natur nach nicht durch Vervielfältigung und Verbreitung kommerzialisiert werden. Geld fliesst nur über Vertriebs- und Supportleistungen.

Haftung für Open-Source-Software

Da es sich bei der Open-Source-Software in der Regel um Gratissoftware handelt, sehen die genannten Open-Source-Lizenzen weitgehende Haftungsausschlüsse vor. Je nach nationalem Recht ist jedoch ein Haftungsausschluss nur teilweise möglich. So kann nach schweizerischem Recht die Haftung nur für leichte Fahrlässigkeit, jedoch nicht für grobe Fahrlässigkeit und Absicht ausgeschlossen werden (Art. 100 OR, SR 220, www.
admin.ch/ch/d/sr/220/a100.html). Daraus entsteht für denjenigen, der Open-Source-Software einsetzt, ein nicht zu unterschätzendes Risiko; insbesondere, wenn ein Rückgriff auf einen im Ausland sitzenden Mitverursacher nicht möglich ist.

SW-Lizenzen im WWW

GPL: www.gnu.de/gpl-ger.html
LGPL: www.gnu.de/lgpl-ger.html
BSD: www.opensource.org/licenses/bsd-license.php
NPL: www.mozilla.org/MPL/NPL-1.1.html

Der Autor

Ueli Grüter, LL.M., Rechtsanwalt, ist Partner bei Grüter Schneider & Partner, Rechts- und Patentanwälte (www.gsplaw.ch), und Dr. Schneider & Partner AG (www. schneider-ipr.ch), Zürich/Luzern, sowie Dozent für Technologierecht an der Fachhochschule Zentralschweiz und dessen Institut für Sichere Software-Systeme (ISIS, www.hta.fhz.ch/isis).


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