Mit Fleiss kein Preis


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/14

     

Wir haben nicht zu viele Informatiker in der Schweiz, sondern zu wenig. Zwar gibt es hierzulande tausende von arbeitslosen Software-Entwicklern, aber das sind vor allem Quereinsteiger, die mittels Schnellbleiche auf das nackte Codeschreiben umgeschult wurden.
Tatsächlich haben die Schweizer Qualitäts-Softwareschmieden ein Rekrutierungsproblem. Es fehlt zwar nicht an Hochschulabsolventen, doch diese verfügen naturgemäss nicht über High Skills wie Erfahrung in Konzeptentwicklung, Erstellen von Spezifikationen oder generischer Codierung.
Avaloq zum Beispiel entwickelt für den wachsenden Retailbanking-Markt hochkomplexe Systeme, findet aber nicht genügend Leute, um die Aufträge zu bewältigen. Es ist kein Zufall, dass die Zürcher mit Peter Sany als CTO einen Mann geholt haben, der nicht als Cheftechnologe sondern als Chef der Technologen amtet. Sany hat in erster Linie die Aufgabe, die Produktionskapazität zu erhöhen. Im Klartext heisst dass, dass der ehemalige Novartis-CIO seine Beziehungen nutzen soll, um qualifizierte Leute an Bord zu holen.
Gleiches gilt für die Zürcher Esmertec, die zwar Aufträge von Multis wie Panasonic oder Time Warner in den Büchern hat, mit der Produktion aber nicht nachkommt. Um ihre Java-Virtual-Machine-Lösung auf Geräten lauffähig zu machen, braucht es Softwareingenieure, von deren Kaliber es auf der ganzen Welt gerade mal einige wenige hundert gibt.
Software-Entwickler kommen nicht umhin, Produkte auf Basis der neuesten Technologien anzubieten, soll die Schweiz nicht lohnmässig auf das Niveau von Offshore-Ländern absinken. Es ist deshalb einerseits zwingend notwendig, dass die Hochschulen ihre Einstiegshürden hoch halten und den Spezialisierungsaspekt in den Ausbildungslehrgängen vorantreiben. Die Software-Firmen andererseits müssen die Weiterbildung von Mitarbeitern in betriebswirtschaftlicher Hinsicht fördern. Nur so kann auf Dauer verhindert werden, dass Wissen durch Firmenübernahmen im Ausland zugekauft werden muss.


Markus Häfliger
Chefredaktor


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER