Vor allem die öffentliche Hand greift nach dem ASP-Modell

Gemäss einer Studie der Universität Fribourg rechnen Schweizer ASPs mit einem erstaunlich hohen Marktwachstum und sind vor allem bei öffentlichen Körperschaften (E-Government) erfolgreich.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/11

     

Die Schweizer Application Service Provider (ASP) haben eine bewegte Zeit hinter sich. Nachdem in den Boomjahren kein Outsourcer ohne den Zusatz ASP auftreten konnte, hat eine Konsolidierung innerhalb der Branche stattgefunden, wobei diese vor allem durch den mehr oder weniger freiwilligen Marktaustritt vieler Provider bedingt war.
Doch wie steht es heute um die noch am Markt aktiven Application Service Provider in der Schweiz? Eine im Januar und Februar 2003 an der Universität Fribourg mittels einer Onlinebefragung bei ASPs durchgeführte Untersuchung hat die strukturellen Merkmale der Branche und die Marktentwicklung des Application Service Providing untersucht.

Strukturen

Bei mehr als 80 Prozent der Umfrageteilnehmer beschäftigt die ASP-Abteilung weniger als 100 Mitarbeitende. Von der Mitarbeiterzahl her wirklich grosse ASPs sind in der Schweiz also kaum aktiv.
Durch die 23 antwortenden Provider werden 1050 Organisationen bedient, das sind bei einer geschätzten Gesamtzahl von 387’000 Unternehmen ca. 0,26% der Schweizer Unternehmen. Dieser geringe Anteil ist jedoch in Relation zu den Kleinstunternehmen zu sehen, welche einen grossen Anteil (83%) der Schweizer Unternehmen ausmachen, und nicht mit ASP versorgt werden. Für die Klasse der Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern liegt die Marktdurchdringung bei 1,4%, im Segment «Behörden, Unterrichts- und Gesundheitswesen» liegt sie bei 1,76%.

Kundenzahlen variieren stark

Von den antwortenden Unternehmen werden total 31’020 Arbeitsplätze nach dem ASP-Modell verwaltet. Durchschnittlich verwaltet ein Anbieter also 1632 Arbeitsplätze. Diese 31’020 Arbeitsplätze entsprechen rund 2,67% der vernetzten Arbeitsplätze in der Schweiz. Da 1050 Kundenunternehmen mit einer ASP Dienstleistung versorgt werden, umfasst ein ASP-Vertrag mit einem Kunden durchschnittlich 30 (29,53) Arbeitsplätze.
Die Anzahl betreuter Kunden ist bei den befragten Unternehmen sehr unterschiedlich. Während bei acht Providern eine hohe bis sehr hohe Abhängigkeit gegenüber einzelnen Kunden festgestellt werden kann, verfügen fünf andere Anbieter über eine mittlere Kundenbasis, zehn über eine breite. Es ist auch eine Tendenz zu grösseren Kunden festzustellen. Kunden mit weniger als einer Million Jahresumsatz machen lediglich 27,5 % aus.
Bei der eingesetzten Software zeigt sich, dass Eigenentwicklungen im ASP Bereich sehr wichtig sind. Sie sind mit 10 Nennungen stärker vertreten als SAP (6 Nennungen).

Die Branche ist zuversichtlich

Das ungewichtete, von 19 Teilnehmern für 2003 geschätzte Wachstum des ASP-Markts in der Schweiz beträgt 23,2%. Dieser Wert liegt erstaunlich hoch, zum Beispiel ist er 18,2% höher als die Schätzung von MSM Research für das IT Gesamtmarktwachstum in der Schweiz in diesem Jahr. Wenn die Wachstumsschätzungen der Befragten mit ihrer jeweiligen Kundenanzahl gewichtet werden, beträgt der Schnitt sogar 28,2%. Daraus zeigt sich, dass die mittleren und grossen ASPs ein höheres Marktwachstum prognostizieren als die kleineren.
Ende 2003 werden unter der Voraussetzung, dass die Wachstumsschätzung der Marktteilnehmer korrekt ist, 3,2% der Schweizer Bildschirmarbeitsplätze von den Teilnehmern mit ASP versorgt werden.

Wachstumsträger und Kundensegmente

ERP-Lösungen scheinen bei den Anbietern als «Wachstumslokomotive» für ASP zu gelten. Neben ERP wird nur noch Messaging von mehr Providern, als in diesen Bereichen auch selbst tätig sind, als ein Bereich eingeschätzt, in dem in Zukunft das stärkste Wachstum zu erwarten ist. In den Kundensegmenten Behörden, Unterrichts- und Gesundheitswesen scheinen ASP-Dienstleistungen bis jetzt erfolgreicher zu sein als in anderen Branchen: Genau die Hälfte der angegebenen Kunden, also so viele wie aus allen anderen Branchen zusammen, stammen aus diesem Sektor.
Die Hauptgründe dafür könnten in den knapperen öffentlichen Budgets, gepaart mit höherer Leistungsnachfrage der Bürger liegen. Mit knapp 19% der Kunden sind ausserdem noch Banken- und Versicherungen stark vertreten, während andererseits kein einziger der angegebenen Kunden
aus dem Landwirtschaftssektor stammt.

Der Autor


Simon Rihs hat im April 2003 sein wirtschaftswissenschaftliches Studium an der Universität Fribourg mit einer Masterarbeit zum Thema ASP beendet. Die komplette Arbeit «Strategische Analyse des Schweizer Marktes für Software unter besonderer Berücksichtigung des Application Service Providing» ist unter https://student.unifr.ch/project/rihss als PDF-Datei verfügbar.


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