Viatel kauft Schweizer Cybernet-Niederlassung

Die Schweizer Niederlassung des Providers Cybernet soll an Viatel verkauft werden. Damit wird das letzte Filetstück der Cybernet-Holding veräussert.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/05

     

Die Schweizer Niederlassung von Cybernet ist verkauft, die Tinte unter dem Vertrag seit letzter Woche am Trocknen. Der Upstream-Provider Viatel verleibt sich den hierzulande vor allem im KMU-Umfeld starken Internet Service Provider ein. Viatel verfolgt nach erfolgreichem Abschluss des eigenen Insolvenzverfahrens einen Expansionskurs – neben der Schweiz auch in England und Belgien.
Der Ausverkauf der Cybernet-Holding nimmt damit ein Ende. Die übrigen operativen Provider-Töchter wurden bereits zuvor verkauft: in Deutschland (an PSINet), in Italien (das Unternehmen wurde angeblich zu einem Pro-forma-Preis verkauft) sowie in Österreich (an Tiscali). Damit bleibt vom multinationalen Cybernet-Konzern eine mittlerweile ausgehöhlte Holding-Struktur übrig, die seit Anfang Jahr nicht einmal mehr an der Frankfurter und Münchner Börse kotiert ist.

Investoren wollten Bares

Anno 1999 bestand noch ein völlig anderes Bild. Dem Zeitgeist entsprechend wurde damals ein ISP nach dem anderen aufgekauft. Kapital war genügend vorhanden, der Börsengang der Holding spülte 600 Millionen Dollar in die Firmenkasse.
Als spätestens 2001 die Zeiten härter wurden, begann der Ausverkauf des Unternehmens. Die Investoren, in erster Linie die Beteiligungsfirma MFC, wollten Cash sehen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde – wie im Fall der italienischen Niederlassung – teils hart an der Grenze zur Illegalität operiert.

Name soll erhalten bleiben

Die Schweizer Cybernet-Niederlassung bemüht sich, die Schokoladenseiten der Übernahme hervorzustreichen und sieht im neuen Mutterunternehmen Viatel den starken Partner, den es in einem internationalen Umfeld braucht.
Wieviel Viatel für den Schweizer ISP hingeblättert hat, wurde nicht bekanntgegeben. Firmennahe Quellen munkeln aber, dass ein mittlerer siebenstelliger Betrag bezahlt worden sei. Die Daumenregel besagt, dass in etwa 70% des erwirtschafteten Jahresumsatzes den Übernahmepreis ergeben.
Das Schweizer Cybernet-Management setzt sich dafür ein, dass möglichst alles beim alten bleibt. Der Name soll beibehalten werden, die entsprechenden vertraglichen Vorkehrungen wurden getroffen. Und CEO René Waser hat sich vorerst einmal verpflichtet, für die kommenden sechs Monate an Bord zu bleiben. Er wird sich nun daran gewöhnen müssen, an Viatel-CEO Michael Mahoney rapportieren zu müssen. (map)

Kommentar


Die Chapter-11-Firmen kommen

So manches Telekom- oder Provider-Unternehmen flüchtete in den vergangenen Jahren in das vielzitierte Chapter 11. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens nach US-amerikanischem Recht genossen sie Gläubigerschutz, um Zeit zu haben, ihre Finanzen auf Vordermann zu bringen. Viatel ist eine dieser Firmen, die das Verfahren gut überstanden haben und nun wieder über genügend Mittel verfügen, sich auf Schnäppchenjagd zu begeben.
Andere wie Worldcom oder auch der Glasfaser-Carrier Global Crossing dürften bald folgen – Übernahmekandidaten gibt es noch reichlich. Global Crossing hat im übrigen vergangene Woche bekanntgegeben, sich auf gutem Weg zur finanziellen Gesundung zu befinden. Matthias Pfander


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