IT Reseller-Konjunkturumfrage: Gallopierende Zuversicht: 2003 geht es aufwärts

Die Umfrage des IT Reseller unter den Schweizer Systemintegratoren und VARs zeigt, dass die Firmen bereit sind für den Aufschwung. Nur jeder Sechste geht davon aus 2003 gleich viel oder weniger Umsatz als letztes Jahr zu erwirtschaften. Die überwiegende Mehrheit rechnet mit einem Wachstum.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/01

     

Das vergangene Jahr war kein leichtes – vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet. Einige IT-Unternehmen bekamen dies ultimativ zu spüren. Sie mussten die Segel streichen.
Das neue Jahr hat erst begonnen und verspricht besser zu werden. Die Redaktion des «IT Reseller» wollte wissen ob die von den Firmen oft geäusserte Zuversicht nur zur Schau gestellt wird, um gute Stimmung zu verbreiten oder ob sie tatsächlich tief verwurzelt ist. Deshalb haben wir namhafte Schweizer IT-Firmen befragt, was sie sich vom eben angebrochenen Jahr versprechen. Rund 300 Schweizer Systemintegratoren erhielten den Fragebogen, 20 Prozent haben geantwortet.
Vorab kann man das Fazit ziehen, dass die Schweizer IT-Unternehmen offensichtlich ihre Hausaufgaben gemacht haben. Sie haben auf die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der einen oder anderen Weise reagiert, versucht die Kosten in den Griff zu kriegen, Stellen abgebaut und warten jetzt eigentlich nur noch auf eines - dass die Konjunktur wieder anzieht und die Branche prosperieren kann. Wann dem so sein wird?
Einige sind mutig der Meinung, es werde bereits im dritten Quartal des angebrochenen Jahres wieder aufwärts gehen. Andere sind weit pessimistischer und verschieben den Aufschwung auf ein Datum irgendwann nach dem nächsten Jahreswechsel.

Krieg liegt in der Luft

Der mögliche Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak schwebt wie ein Damoklesschwert über der konjunkturellen Entwicklung. Deshalb versteht sich von selbst, dass auch Schweizer Unternehmen die Vorgänge im mittleren Osten scharf beobachten. Rund ein Drittel der befragten Firmen bestätigte, den drohenden Krieg in ihre Geschäftsplanung für das laufende Jahr einzubeziehen. Rolf Ziebold, Sprecher von T-Systems, gab etwa Auskunft, man nehme eine «Wait & See-Haltung» ein und T-Systems gehe davon aus, dass die Entwicklungen schlimmstenfalls in eine verstärkte Rezession führen könnten.
Tom Hager, Managing Director Infotrust ist ebenfalls auf der Hut: «Wir beobachten vor allem die Entwicklung der Dollar- und Eurokurse sehr genau, damit wir rasch auf eine grosse Kursänderung reagieren können.» Andere wie etwa Hermann Graf, Geschäftsleiter Telekomm & Netzwerk, haben sich so vorbereitet, dass sie beim Eintreten des Kriegs gleich reagieren könnten: «Wir haben einen Massnahmenplan insbesondere für die Beschaffung von Hard- und Software aus den USA ausgearbeitet, den wir dann umsetzen können.»
Noch einen Schritt weiter gehen jene, die bereits vorsorgliche Massnahmen getroffen haben. Bruno Richle, Chairman und CEO von Crealogix: «Wir haben unsere Fixkostenstruktur so ausgestaltet, dass ein möglicher Umsatzeinbruch abgefedert werden kann.» Bei Comdat Datasystems hat hingegen ein Umdenken begonnen. Geschäftsführer Sergio Kaufmann: «Die grosse USA-Abhängigkeit wurde uns wieder bewusst. Allfällige Erweiterungen unseres Angebotes werden wir wohl eher mit Produkten aus Europa oder Japan durchführen.»

Kein trüber Blick zurück und nach vorn

Letztlich kann man nur hoffen, dass die politischen Entwicklungen eine gütliche Wendung nehmen. Der Branche täte es sicherlich gut, und sie würde es bestimmt mit Wachstum danken. Allen Unkenrufen zum Trotz zeichnet aber die Befragung zur Umsatzentwicklung im letzten Jahr keineswegs ein so düsteres Bild, wie man es aufgrund der Wirtschaftsberichterstattung erwarten würde.
Ganz im Gegenteil: Die Mehrheit (58%) der befragten Unternehmen konnte entweder einen gleich bleibenden Umsatz wenn nicht sogar ein Wachstum verzeichnen. Einzelne sprechen sogar vom ganz grossen Erfolg. Bernhard Würsten, Geschäftsleiter Sercon: «Unsere Auftragslage ist bereits heute so gut wie seit mehreren Jahren nicht mehr.»
Bei den Prognosen, wie sich die Umsätze im neuen Jahr entwickeln werden, ist viel Selbstvertrauen festzustellen, das hoffentlich auch gerechtfertigt ist. Nur gut 7% rechnen 2003 mit einer Einbusse. 93% gehen hingegen von einem gleich bleibend hohen oder steigenden Umsatz aus. Aufgeschlüsselt sind es 9%, die defensiv rechnen, dass sie im neuen Jahr gleichviel erwirtschaften wie 2002. Die überwiegende Mehrheit von 54% geht von einem moderaten Wachstum zwischen 1 und 10% aus. Schliesslich sind es beachtliche 30%, die für 2003 ein zweistelliges Umsatzwachstum erwarten.

Noch nicht alle haben die Kosten im Griff

Viele Firmen haben bereits im letzten und vorletzten Jahr ihre Kostenseite unter die Lupe genommen und wo nötig auch korrigiert. Dementsprechend antworteten 47%, es seien 2003 keine Kostensenkungsmassnahmen geplant. Trotzdem wird auch heuer noch zum Sparstift gegriffen. Am häufigsten (14 Nennungen) gaben die Befragten die Fixkosten an, denen es an den Kragen gehen soll. Ferner versuchen nach wie vor viele Unternehmen die Kosten mit einem Abbau bei den Lohnkosten und -nebenkosten in den Griff zu bekommen (12 Nennungen).
Einige wollen hingegen das Augenmerk auf die Optimierung von Abläufen richten oder bei den Vertragspartnern über die Bücher gehen und ausmisten (6 Nennungen). Nur zwei Befragte versuchen offenbar die finanzielle Genesung mit dem Abbau der Marketingaufwendungen zu schaffen.
Äusserst positiv sieht die Entwicklung bei den Mitarbeiterzahlen aus. Lediglich 16% wollen in diesem Jahr die Stellenzahl reduzieren. Je 42% nehmen keine Veränderung vor oder wollen sogar mehr Personal einstellen.

Aufschwung in Sicht

Die zuversichtlich stimmenden Aussichten decken sich mit den Erwartungen der Befragten, wann es mit ihrem Unternehmen wieder aufwärts gehen soll. Nur Einzelne wollten sich nicht auf eine Aussage festlegen («Wie soll ich es wissen, wenn selbst alle professionellen Wirtschaftsexperten im Trüben fischen.»)
Die überwiegende Mehrheit (62%) geht von einem Aufschwung zwischen dem zweiten und dritten Quartal dieses Jahres aus. Erwartungsgemäss glauben mit 10% nur wenige, dass der Aufwärtstrend bereits im ersten Quartal einsetzen wird. Rund ein Viertel nimmt hingegen die vorsichtige Haltung ein, dass nicht vor 2004 mit einer positiven Entwicklung in ihrer Firma zu rechnen sein wird.
Weit zurückhaltender äusserten sich die Umfrageteilnehmer hingegen dazu, wann sie den Aufschwung erwarten, der die ganze IT-Branche erfassen wird. Niemand geht beispielsweise davon aus, dass sich bereits im ersten Quartal ein Aufwärtstrend einstellen wird, und nur einige wenige (11%) rechnen im zweiten Quartal mit dem Anziehen der IT-Konjunktur. 35% glauben hingegen, dass es erst im dritten und 22% dass es im vierten Quartal wieder aufwärts gehen wird. Die verbleibenden 31% rechnen nicht vor 2004 mit besseren Zeiten.

Glaube an die eigenen Stärken

Bei den Produktkategorien, die dazu beitragen sollen, dass die IT-Branche 2003 wieder rosigeren Zeiten entgegenblicken kann, gibt es ein paar wenige Favoriten und darunter einen alten Bekannten aus dem letzten Jahr: Security. Dieses Produktsegment geniesst offenbar nach wie vor sehr viel Vertrauen als Zugpferd. Aber auch die Hardware-Infrastruktur mit Client/Server, Peripherie und Netzwerke gilt unter den Befragten als solider Hoffnungsträger. Weitere Favoritenrollen nehmen Service, Support und Schulung, Outsourcing/Teiloutsourcing, aber auch Wireless LANs als Trendtechnologie ein.
Bei der Erfassung der Antworten sprang ins Auge, dass viele der befragten Unternehmen just jenen Produkten gute Aussichten bescheinigen, mit denen sie auch arbeiten. Offenbar hatten die vergangenen harten Monate auch eine gewisse erzieherische Wirkung. Viele Firmen sind offenbar zur Einsicht gekommen, dass es mit vereinten Kräften einfacher ist, turbulente Zeiten zu überstehen. Dies spiegelte sich deutlich in den Ergebnissen der Umfrage: 54% der Befragten gaben an, dass sie künftig vermehrt auf Allianzen und Partnerschaften setzen werden.
Hingegen scheinen die Befragten bei der Wahl der Hersteller, mit denen sie zusammenarbeiten, am Status Quo festzuhalten. 58% gaben an im neuen Jahr mit gleich vielen Herstellern wie bis anhin zusammenzuarbeiten. Demgegenüber stehen 15%, welche die Anzahl reduzieren und 26%, die ihre Dienstleistungen auf mehr Hersteller erstrecken wollen.

Herausforderungen meistern

Die befragten Unternehmen beginnen das neue Jahr selbstverständlich auch mit guten Vorsätzen, und teilweise stehen diese Ziele («schlank erfolgreich sein» oder «positiv Denken – die Krise findet nur im Kopf statt») jenen aus dem privaten Rahmen in nichts nach. Aber die Entwicklungen im letzten Jahr haben auch ihre Spuren hinterlassen. So bezeichnete ein Befragter die Wiederherstellung der Business-Ethik, die durch marode Unternehmen mit Füssen getreten wurde, als grösste Herausforderung im 2003.
Bei einzelnen Teilnehmern besteht die grösste Herausforderung dieses Jahr im nackten Überleben: Viele gaben an, dass für sie im Vordergrund stehe, die herrschende Wirtschaftslage zu bewältigen, andere gaben als grösste Herausforderung an, die Profitziele erreichen zu können. Einige der befragten Unternehmen setzen sich im neuen Jahr zum Ziel, das Kundenvertrauen zurückzugewinnen oder wollen aktiv dem Preiszerfall entgegenwirken.
Andere wiederum rechnen fest damit, dass im neuen Jahr eine weitere Konsolidierung zu überstehen sein wird. Bruno Richle, Chairman und CEO von Crealogix, hat auch ein Rezept in petto, wie die Unternehmen auf diese Entwicklung reagieren sollten: «Wichtig ist, sich im Wettbewerb nicht auf die Dumpingpreisspiele der bald aus dem Markt ausscheidenden, schwächsten Anbieter einzulassen und dadurch die eigene Solidität aufs Spiel zu setzen.»
Rolf Niederer von LC Systems-Engineering geht ebenfalls von einer weiteren Marktbereinigung aus und leitet daraus ab, dass «der vehemente Zwang zu billigeren Lösungen wie Linux weiter vorwärts gehen wird.» Viele Befragte stellten den Mensch ins Zentrum und gaben an, dass die grösste Herausforderung darin bestehe, die Mitarbeiter zu motivieren.
Es bleibt zu hoffen, dass die Umfrageteilnehmer mit ihren mehrheitlich positiven Einschätzungen der Marktentwicklung richtig liegen – zu gönnen wäre es ihnen auf jeden Fall. (map)


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