Crealogix, der scheue Bräutigam

Weil auch Crealogix, der Bubikoner Musterknabe der Schweizer Webagenturen, aus eigener Kraft im Moment kein Wachstum für möglich hält, schaut man sich nach potentiellen Übernahmekandidaten um. Allerdings nicht im Internet-Umfeld.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/11

     

Bruno Richle, CEO von Crealogix, einem der grössten Schweizer Webdienstleister, muss seine guten Vorsätze für das laufende Geschäftsjahr zurücknehmen. Noch im Dezember hiess es, man halte daran fest, denselben Umsatz (27 Mio. Franken) wie im Geschäftsjahr 2000/2001 zu erreichen.
Daraus wird nichts werden. Per Ende des dritten Quartals schaffte es die Gruppe nur auf 15,7 Mio. Franken, ein Einbruch von rund 25 Prozent, verglichen mit den ersten drei Quartalen des Vorjahres (20,79 Mio.). Im dritten Quartal erwirtschafteten die Bubikoner 4,59 Mio., verglichen mit 7,09 Mio. im Vergleichsquartal.
Auch was den Gewinn angeht, sind die Zahlen deutlich gesunken: Der Reingewinn betrug im dritten Quartal gerade mal noch 168’000 Franken, verglichen mit 0,479 Mio. im Q3/2000–2001, ein Einbruch auf einen Drittel also. Jürg Neck (Bild) CFO Crealogix, bleibt auch für die nähere Zukunft zurückhaltend: «Es ist durchaus möglich, dass unser Q4 für sich allein rot sein wird. Für das Gesamtjahr rechnen wir aber dennoch mit schwarzen Zahlen.»

Produkte als Door-Opener

Crealogix hofft, mit ihren standardisierten Anwendungsmodulen für die Finanzbranche («Org Chart Viewer», «Pro Time Web» und «eClient Risk Reporter») ein grösseres Marktpotential zu eröffnen. Mitte Mai wurde eigens für die Vermarktung dieser Produkte Urs Bolt, ein Bankfachmann, der bei Systor die Sales Unit E-Business aufgebaut hat, geholt. Wo steht Crealogix heute mit diesem Vorhaben, und welche mittelfristigen Ziele sollen damit erreicht werden?
Will man gar zum Softwarehaus mutieren? Dazu Neck zu IT Reseller: «Nein, wir sind ein Dienstleister und bleiben das im Kerngeschäft auch. Wir wollen aber die Module als Door-Opener benützen, weil es mit Produkten einfacher ist, an Kunden heranzukommen, als mit reinen Dienstleistungen.» Laut Neck machen die Produktlizenzen noch weniger als 5% vom Umsatz aus. «Wir sind aber nicht abgeneigt, im Zuge einer Akquisition eine Firma mit einem guten Produkt — bevorzugt für die Finanzbranche — zu übernehmen.»
Die kürzlich übernommene Acadia, ein E-Learning-Spezialist, wird für das laufende Geschäftsjahr einen positiven Beitrag zum Umsatz von Crealogix beitragen. «Ohne Acadia», sagt Neck, «wäre der Umsatzrückgang noch grösser.»

Kein Wachstum möglich

Neck ist allerdings pragmatisch, was das Wachstum mit Webdienstleistungen angeht: «Wir sehen im Moment kaum Möglichkeiten, mit unserem Kerngeschäft organisch zu wachsen. Deshalb ist es zurzeit auch sinnlos, über Akquisitionen in diesem Bereich zu diskutieren, weil alle unsere Konkurrenten auch unter Druck stehen. In einer solchen Abwärtsbewegung kauft man eine Firma tendenziell immer zu teuer ein, weil nicht sicher ist, ob das Business, das man übernimmt, auch weitergeführt werden kann.»
So sieht denn Crealogix’ Akquisitionsstrategie eine Diversifikation in Richtung IT-Dienstleistungen im traditionellen Umfeld vor. Neck: «Integration ist für Unternehmen ein grosses Thema. Deshalb wollen wir an die Prozessintegration, an die Kernsysteme gehen, idealerweise die Bedürfnisse vom Web-Frontsystem zum Transaktionssystem abdecken.»

Ausbau in Frankfurt gebremst

Anfang letzten Jahres hat Crealogix in Frankfurt eine Filiale eröffnet, weil man sich am deutschen Finanzplatz mehr Möglichkeiten für Wachstum versprach als im fernen Kanada, wo der «Ausflug» nach Toronto fehlgeschlagen ist und in die Unternehmensrechnung eine rote Million geschrieben hat. Allerdings habe man in Frankfurt den Ausbau gebremst, man nutze den Standort jetzt noch ausschliesslich als Sales Office. Akquisition von neuen Kunden und Projekten erfolgen laut Neck in Frankfurt, die Projekte selber werden von der Schweiz aus abgewickelt. In Frankfurt selbst beschäftigt man zurzeit nur zwei Mitarbeiter.
Aber immerhin kann man in Deutschland schon Projekte vorweisen, so etwa den Auftrag für die Advanced Bank, und Frankfurt leiste, so Neck, einen Deckungsbeitrag. Man habe immer noch im Auge, den Ausbau der Gruppe auch in Deutschland zu realisieren. Da man dieses Ziel aber nicht aus eigener Kraft organisch schaffe, soll das Wachstum auch hier über Akquisitionen realisiert werden. (mh)

Pixelpark weiterhin umsatzschwach

Pixelpark hat die Ergebnisse für das erste Quartal 2002 veröffentlicht. Der Umsatz beträgt 13,8 Mio. Euro und konnte somit auf dem Niveau des vierten Quartals 01 gehalten werden. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum betrug der Umsatz allerdings mit 26,1 Millionen Euro fast das Doppelte.
Das Unternehmen konnte aufgrund der im letzten Jahr eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen den Verlust auf 400’000 Euro (im Vergleichszeitraum des Vorjahres noch 24,9 Mio. Euro) abbauen, doch die Nachfrage nach Internet-Dienstleistungen stagniere noch immer, so das Unternehmen. Die liquiden Mittel bei Pixelpark betrugen per 31. März 2002 noch 19,8 Millionen Euro.


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