«Gee, we’re such nice guys»

Microsoft sei halt einfach nett, meinte Bill Gates leicht ironisch, auf die Fristverlängerungen für Licensing 6.0 angesprochen. Im Gespräch mit unseren Kollegen von «InfoWeek» redete der Microsoft-Gründer ausserdem über die gegenwärtige Situation der IT-Industrie und vieles mehr. Ein Auszug.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/06

     

Sprechen wir über Licensing 6.0. Microsoft hat die Frist für Unternehmen, um sich für den Softwarebezug nach dem neuen Modell zu entscheiden, bis in den Sommer verlängert. Ist denn die Akzeptanz des neuen Lizenzmodells so schlecht, oder wo liegen die Probleme?
Bill Gates: Wir sind doch nette Kerle, dass wir die Frist verlängert haben! Wie kann man das nur anders verstehen als einen Akt der Grosszügigkeit!
Offensichtlich werden Lizenzen zwischen uns und unseren Kunden ausgehandelt. Die Kosten unserer Software pro Mitarbeiter und Jahr machen aber nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten für die IT aus. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kosten für unsere Kunden vorhersehbar sind, und hierfür eng mit ihnen zusammenarbeiten. Für die meisten unserer Kunden fällt die Fristverlängerung gar nicht mehr ins Gewicht, weil wir mit der Mehrheit eine Übereinkunft ausgehandelt haben, die für beide Seiten sinnvoll ist.
Wie schätzen Sie den Zustand der IT-Industrie für das laufende Jahr ein, und wann wird man eine Erholung im Computer- und E-Business-Markt sehen?
Vor ein paar Jahren - und vermutlich mehr in den USA als in der Schweiz - dachten viele, die Startup-Firmen hätten magische Antworten, und vieles im Zusammenhang mit dem Internet würde über Nacht passieren. Dieser Hype war insofern schädlich, als er unrealistische Erwartungen weckte und zudem viele Ressourcen Firmen zuführte, die sich bald darauf wieder aus dem Geschäft zurückzogen. Gleichzeitig gab es eine Vielzahl von Telekom-Firmen. Diese waren noch spektakulärer als die Startups, da sie noch mehr Geld aufbrauchten.
Ich glaube, irgendwie ist es gesund, was jetzt passiert ist. Wir pflegten immer eine sehr konservative Sicht der Dinge und gingen davon aus, dass der Markt ein Auf und Ab erleben wird. Dies erlaubt es uns, bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung eine aggressive Strategie zu verfolgen und zudem langfristige Ziele zu verfolgen, ohne dabei die Kosten wegen wirtschaftlicher Zyklen oder Zyklen in der IT-Industrie zurückzustutzen.
Zur gegenwärtigen Situation führte sowohl der Zusammenbruch der Dotcoms als auch der generelle wirtschaftliche Abschwung. Und durch den wirtschaftlichen Abschwung werden die IT-Ausgaben immer disproportional in Mitleidenschaft gezogen, genauso wie die IT-Ausgaben auch disproportional profitieren, wenn die Wirtschaft anzieht.
Sie haben aber gesagt, dass die Erholung etwas länger brauchen wird, als es viele Analysten vorhersagen.
Meine Stärken liegen nicht in der Prognose von generellen wirtschaftlichen Zuständen und auch nicht von IT-bezogenen wirtschaftlichen Entwicklungen. Ich bin nicht besser in der Prognose als andere. Viele der Kunden, mit denen ich mich unterhalte, sind begeistert von den neuen IT-Entwicklungen, die auf uns zukommen. Viele davon sind dabei, Projekte im Zusammenhang mit .Net zu realisieren, ohne dass dies ihr IT-Budget erhöhen würde.
Die Projekte basieren darauf, dass die Firmen die Gelder nehmen, die sie haben und für diese Pionierprojekte einsetzen. Ich denke, dass die IT-Ausgaben in diesem Jahr weder erheblich kleiner ausfallen, noch dass sie erheblich zunehmen werden.
In welchen Bereichen werden denn Firmenkunden in diesem Jahr am meisten investieren?
Ich gehe davon aus, dass sie in Websites der zweiten Generation investieren werden, wobei es um Web-Services gehen wird. In diesem Bereich bewegen sich unserer Meinung nach zur Zeit viele interessante Dinge. Aus unserer Sicht werden zudem viele Windows-XP-Installationen vorgenommen und viele Web-Services-Projekte auf der Basis von .Net realisiert. Gegen Ende Jahr steht dann die Auslieferung der Tablet PCs an.
Ich denke, dass die Leute darüber ziemlich in Aufregung geraten werden. In diesem Bereich wird zur Zeit sowohl auf der Hardware- als auch auf der Softwareseite viel gute Arbeit geleistet. Zudem werden dieses Jahr in den Firmen zahlreiche 802.11-Wireless-LAN-Netzwerke aufgebaut. Das ist nicht teuer. Grosses Interesse wird zudem der Sicherheit zuteil werden, und die Kunden wollen unsere Empfehlungen zu diesem Thema hören. Weiter wird auch Office XP Zuspruch erhalten, nur schon, weil viele beim Upgrade auf Windows XP diesen Schritt gleich im selben Zug mitmachen.
Das Gespräch mit Bill Gates führten die Infoweek-Redaktoren René Dubach und Matthias Pfander. Das vollständige Interview ist nachzulesen im «Infoweek» Nr.10 vom 21. März 2002.


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