Was ist Innovation? Darüber könnte man ganze Bücher verfassen. Der Duden definiert es im wirtschaftlichen Sinne als «Realisierung einer neuartigen, fortschrittlichen Lösung für ein bestimmtes Problem». Bei
Ti&m, ausgesprochen T, I und M, steht der Begriff bereits im Namen, denn die Buchstaben stehen für Technologie, Innovation und Management. Eher sperrig, heute würde Gründer und CEO Thomas Wüst auch eine andere Firmenbezeichnung wählen; etwas, das «fancy» und einfacher zu vermarkten ist, wie er sagt. Aber nun hat sich der Name etabliert und daran wird nicht mehr gerüttelt. «Ich rege mich nicht mehr darüber auf, wenn der Name falsch ausgesprochen wird, das ist mir egal», sagt Wüst schmunzelnd. Die Freude bleibt in seinem Gesicht, wenn er über den Standort Zürich spricht. Hier hat er das Unternehmen anno 2005 gegründet und damals wie heute sind ihm eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr sowie die Nähe zu den Kunden wichtig. Das Büro in Zürich ist gleichzeitig das älteste, und die äussere Erscheinung, die an einen Luftschutzbunker erinnert, liegt ausserhalb seiner Macht. Aber zumindest das Innenleben soll die Sprache des Unternehmens sprechen.
Projekte & Zusammenhalt
Agilität sei entscheidend, um innovativ arbeiten und Neues erschaffen zu können. Mitarbeitende buchen sich über das inhouse entwickelte Desk-Sharing-Tool Arbeitsplätze, fest zugeteilte Plätze sind die Ausnahme. Auch die Projektteams werden bei Ti&m flexibel und dynamisch zusammengestellt – nur Produktteams sind langfristig fest zugeordnet und organisiert. Grundsätzlich sind die Räumlichkeiten der Firma von verschiedenen, luftigen Grossraumbüros geprägt, einzelne Abteilungen wie etwa die GL-Assistenz haben ihre eigenen Büros. Pausenräume zur kurzen Erholung sind an verschiedenen Orten vorzufinden. Kunst ist an vielen Orten vertreten, und jedes Sitzungszimmer, jede Kaffeeecke und auch die Grossraumbüros sind zur besseren Orientierung benannt, wie beispielsweise Pazifik, Gipfel, Achterbahn, Himmel und so weiter. Aber dazu später mehr.
Sofern die Auftragslage es zulässt, können sich die Mitarbeitenden ihre Projekte selber zuteilen. Es geht laut Wüst nicht darum, dass die besten Leute die besten Projekte bekommen, sondern dass die Mitarbeitenden die beste Chance haben, an den Projekten zu wachsen. Und wenn ein Projekt in der Abschlussphase oder ein Auftrag beim Kunden nicht gerade physische Präsenz erfordert, gilt grundsätzlich die Regel, dass zwei Home-Office-Tage pro Woche erlaubt sind. «Ich bin kein Erbsenzähler, der das bei jedem Mitarbeitenden genau kontrolliert, aber prinzipiell soll dies so sein und ich finde das einen ausgewogenen Mix», kommentiert Wüst. Die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten, ist Teil des sogenannten Liquid-Working-Konzepts von
Ti&m. Neben dem heute üblichen Gleitzeitmodell können Mitarbeitende von Ti&m ihre Pensen monatlich anpassen, um so private und geschäftliche Verpflichtungen und Interessen flexibel unter einen Hut zu bringen. Auch längere unbezahlte Auszeiten sind grundsätzlich möglich. Gegenüber Workation ist die Firma offen, sofern es das aktuelle Projekt auch zulässt. Thomas Wüst ist die regelmässige Anwesenheit im Büro aber nicht aus Gründen der Kontrolle oder Effizienz wichtig, sondern weil der Arbeitsplatz seiner Ansicht nach auch ein sozialer Ort ist. Damit das auch ausgelebt werden kann, gibt es eine grosse soziale Fläche in den Büroräumlichkeiten, bestehend aus Töggelikasten, Flipperkasten, Surf-Simulator, Tischen und einer Bar. Die erfüllt ihren Zweck tatsächlich, denn ab 17:00 Uhr sind sämtliche Getränke inklusive Bier für alle gratis. «Mir ist der Zusammenhalt wichtig und es freut mich zu sehen, wenn Mitarbeitende sich hier nach Feierabend gemeinsam auch über die Arbeit hinaus austauschen. Wenn ich etwas cool finde, dann mache ich es und rechne es auch nicht», so der Gründer.
Zusätzlichen Zusammenhalt schaffen die verschiedenen Anlässe, die Ti&m übers Jahr verteilt durchführt. Nebst Klassikern wie dem Weihnachtsessen findet einmal im Monat ein Get-together – der sogenannte Grashüpfer-Treff – statt: Die Mitarbeitenden aller Niederlassungen treffen sich und nehmen via Live-Stream am gemeinsamen Treffen teil. Dabei werden seitens der Geschäftsleitung die wichtigsten Punkte des letzten Monats präsentiert und anschliessend gibt es ein gemeinsames Abendessen, an dem man sich austauschen kann.
Sofern es die Auftragslage zulässt, besteht auch die Möglichkeit, ein Austauschjahr an den Standorten Frankfurt am Main oder Singapur durchzuführen. Ferner findet alljährlich ein zweitägiger Skiausflug und die grosse Sommerparty «Shake the Lake» am Zürichsee statt, bei dem die Mitarbeitenden und die Kunden wakesurfen, wakeboarden und segeln können.
Während der Projektwoche entwickeln Teenager möglichst ohne grosse Einflussnahme durch Erwachsene eine eigene App. (Quelle: Ti&m)
Agilität & Wasser
«Traue keinem, der nicht surfen kann» steht in grossen Lettern gegenüber dem Empfang. Das selbsterklärte Ziel des Firmenchefs ist es nämlich, dass jeder Mitarbeitende mindestens zehn Sekunden auf dem Brett stehen kann. Surfen ist eine Sportart, für die Wüst eine grosse Leidenschaft pflegt und bei der er auch Parallelen zum projektbasierten Tagesgeschäft in seiner Firma sieht. «Wenn du auf dem Surfbrett stehst, geht es einzig und allein um deine Fähigkeiten», schildert Wüst. «Wasser ist Agilität. Es fliesst, und wenn du auf dem Brett stehst und die Welle kommt, dann obliegt es deiner Agilität zu entscheiden, ob und wie du die Welle nimmst. Ausserdem geht es beim Surfen auch um den Mut, etwas Neues zu wagen und wieder aufzustehen, wenn es mal nicht geklappt hat», so Wüst weiter. So tickt der Chef, so tickt die Firma und damit es passt, sollten auch die Mitarbeitenden so ticken.
Wüst wird des Wortes Agilität nicht überdrüssig und sagt, dass ihm dies wichtiger sei als Hierarchien: «Gewisse Hierarchien sind zwar unumgänglich, aber ich möchte so wenig wie möglich davon. Ich bin überzeugt, dass Ideen Hierarchien schlagen. Chef zu sein heisst schliesslich noch lange nicht, der Schlaueste zu sein». Deshalb gibt es bei
Ti&m die sogenannte Garage, in der keine schillernden Pitches, sondern funktionierende Prototypen kreiert werden. Besagte Garage wird unter anderem genutzt, wenn ein Kunde mit einem unkonventionellen Problem kommt und nach einer Lösung sucht. Sie kann aber auch genutzt werden, wenn ein Mitarbeitender oder ein Team aus Überzeugung und mit stichhaltigen Argumenten glaubhaft macht, etwas Neues zu erfinden, das sich vermarkten lässt. Dann wird die Garage genutzt, um der Idee Leben einzuhauchen. Im Optimalfall wird diese dann anschliessend auch gewinnbringend vermarktet, aber, wie Wüst sagt: «Es ist okay, Fehler zu machen, sofern man dazu steht und auch die entsprechenden Lehren und Schlüsse daraus zieht.» Auch das versteht er unter – wie könnte es anders sein – Agilität.
Jugendliche & Kunst
Um auch die nächste Generation an die Agilität in der IT heranzuführen, führt das Unternehmen mehrmals im Jahr die kostenlosen IT-Projektwochen «Hack an App» für Heranwachsende durch. Entgegen dem Namen hat das nichts mit Hacking, sondern vielmehr mit Aushecken zu tun. Unter der fachkundigen Anleitung der Ti&m-Spezialisten designen und entwickeln Jugendliche in mehrtägigen Kursen eine Quiz-App. Ziel ist es, den Heranwachsenden zu zeigen, dass die IT wenig mit dem Klischee eines kauzigen Nerds gemein hat, sondern kreativ und abwechslungsreich ist und den Leuten ermöglicht, selbst etwas zu erschaffen. Ausserdem möchte er die Teenager damit zu einer Laufbahn in der IT bewegen.
Auch die Förderung von lokalen Künstlern ist Thomas Wüst ein Anliegen. Dass in den Büroräumlichkeiten viele Bilder von Künstlern hängen, hängt mit seiner Passion für Kunst zusammen. Der Chef möchte den Mitarbeitenden aber nicht seine Lieblingsbilder zeigen, sondern mit dem Projekt Art@work – quasi eine Inhouse-Vernissage – lokale Start-up-Künstler unterstützen, die um Sichtbarkeit kämpfen. Nicht nur die Bilder werden dann ausgestellt, sondern die interessierten Mitarbeitenden können sich während des Projekts auch mit den Künstlern austauschen und somit einen Zugang zu deren Kunst finden. Dieser Event sei gemäss Wüst auch für Leute gedacht, die bislang keine Berührungspunkte zur Kunst hätten, um gemeinsam mit den Künstlern über ihr Schaffen zu philosophieren. Der Chef betont, dass er damit keinen Franken verdient. Wird ein ausgestelltes Bild beispielsweise an einen Kunden verkauft, geht der gesamte Erlös an den Urheber.
Bei den Vernissagen in den Büros lassen sich viele Mitarbeitende von der Kunst inspirieren. (Quelle: Ti&m)
Talente & Empfehlungen
Nicht nur das Verkaufen von Kunst, auch das Finden von Talenten ist schwierig. Um den Fachkräftemangel abzufedern, ist
Ti&m gleich an zwei Fronten präsent. Zum einen ist eine dedizierte Person beschäftigt, die ausschliesslich Hochschul-Marketing betreibt. Zum anderen ist die ganze Belegschaft dazu eingeladen, talentierte und motivierte Leute zu vermitteln. Sollte sich aus so einer Vermittlung tatsächlich eine Anstellung ergeben, so wird die vermittelnde Person mit einer Prämie von 8888 Franken belohnt. Wüst sagt nicht ohne Stolz, dass in den vergangenen fünf Jahren rund ein Viertel des Personals über das interne Vermittlungsprogramm angestellt worden sei.
Nebst einer ausgezeichneten fachlichen Qualifikation in Form eines Master-Abschlusses ist es Thomas Wüst wichtig, dass die Bewerber in das dynamische Umfeld des Unternehmens passen. «Wer einen ruhigen Job sucht, ist bei uns definitiv an der falschen Adresse», so Wüst. Stattdessen wird bei der Rekrutierung versucht, die Motivation und die Leidenschaft für den zukünftigen Job zu spüren.
Dass Ti&m vieles richtig macht als Arbeitgeber, wird durch zahlreiche Awards belegt. Durchzogene Bewertungen auf Kununu kann Wüst einordnen: «Fehler wie der, dass jemand eingestellt worden ist, der nicht zu uns passt, passieren immer. Das ist häufig auch der Grund, weshalb eine Anstellung nicht von langer Dauer ist.» Doch der Chef versichert, dass er die Bewertungen des Unternehmens aufmerksam verfolgt und sich konstruktives Feedback zu Herzen nimmt. Ausserdem kann er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: «Verglichen mit der Schweizer Konkurrenz befinden wir uns auf dem Arbeitsmarkt immer noch in einer hervorragenden Position.»
Ti&m – zum Unternehmen
Quelle: Ti&m
Mit Fokus auf Tech-Innovationen und der vertikalen Integration der gesamten IT-Wertschöpfungskette realisiert
Ti&m Digitalisierungsprojekte für Kunden aus allen Branchen und entwickelt überdies eigene Produkte und Lösungen. In den sechs Niederlassungen in Zürich, Bern, Basel, Düsseldorf, Frankfurt am Main sowie Singapur sind über 600 Mitarbeitende tätig. Thomas Wüst (Bild) hat die Firma 2005 allein gegründet und führt sie bis heute als CEO.