Die CEO-Ära Möller-Hergt geht zu Ende
Quelle: Also

Die CEO-Ära Möller-Hergt geht zu Ende

Gustavo Möller-Hergt hat Also zum europäischen Distributionsschwergewicht geformt. Jetzt gibt er den CEO-Staffelstab an Wolfgang Krainz weiter – nach zwölf Jahren im Amt. An eine Also ohne den ­Vollblutmanager muss man sich aber vorerst nicht gewöhnen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2024/06

     

Für Also erfolgte am 24. Mai in Düsseldorf eine Zäsur. Das lässt sich mit Fug und Recht behaupten. Wie in Vor-Pandemie-Jahren enterte Gustavo Möller-Hergt noch einmal die Bühne der Hausmesse, sprach über seine Also, die Branche und technologische Potenziale, vor allem von Künstlicher Intelligenz. Ganz wie früher eben, auf der letzten grossen CTV im Jahr 2019 – heuer im überraschend legeren Freizeit-Outfit mit Sneakern und Basecap. Nur sprach Möller-Hergt nicht mehr in der Rolle als CEO des Broadliners, sondern als Verwaltungsratspräsident von Also. Denn Ende April beziehungsweise Anfang Mai hatte er sich von seinem bisherigen Posten zurückgezogen und an Nachfolger Wolfgang Krainz übergeben. Und das nach rund zwölf Jahren im Amt.

Nun geht in Emmen und den insgesamt 30 Ländern, in denen der Distributor mittlerweile aktiv ist, also die CEO-Ära Möller-Hergt zu Ende. 2009 bei Hauptaktionär Droege gestartet, ist er seit 2011 beim Distributor selbst an Bord, zuerst als CIO, bereits ein Jahr später rückte er an die Spitze auf. Und nun, mehr als eine Dekade später, reicht er den Staffelstab an Krainz weiter, der zuletzt das Österreich- sowie das Zentral- und Osteuropa-Geschäft leitete.


Es war aber eine von langer Hand vorbereitete Umstrukturierung der Also-Führungsriege. Möller-Hergt hatte selbst immer wieder von einer Verjüngung gesprochen und über die vergangenen Jahre zentrale Positionen neu besetzt. 2023 kündigte er dann offiziell seinen Rückzug aus der operativen Leitung für das kommende Jahr an, Anfang 2024 befeuerte der Distributor die Mutmassungen um die konkrete Nachfolge, indem er eine Auswahl aus acht möglichen Nachfolgern vorstellte – ohne zu diesem Zeitpunkt schon einen konkreten Namen zu nennen. Erst pünktlich zum Arbeitsantritt wurde dann Wolfgang Krainz als neuer CEO vorgestellt. Einen fehlenden Spannungsbogen muss sich das Unternehmen also nicht vorwerfen lassen.

«Charmante Naturgewalt»

Nicht viel weniger durfte man aber von einem charismatischen und für Also so zentralen Führungscharakter wie Möller-Hergt erwarten. Von der «charmanten Naturgewalt», wie ihn die «Luzerner Zeitung» einst nannte. Charmant, gerne mal ruppig, direkt, streitbar, meinungsstark, aber vor allem energiegeladen und visionär trat der Deutsch-­Peruaner stets auf. Und mit dieser Energie hat Möller-Hergt die europäische Distributionslandschaft im vergangenen Jahrzehnt geprägt wie wenige andere. Dabei kam er ursprünglich eben nicht aus der IT. Einst wollte er in die Musik, seinen Erfolg zementierte er dann allerdings dann doch im Brauerei­wesen. 15 Jahre lang war er bei Warsteiner, leitete den Bierriesen bis 2007 als CEO – und verliess das Unternehmen letztlich im Streit.

Für Also war der Anstoss zur Branchenumorientierung wiederum ein Glücksfall. Über den Investor Droege gelangte Möller-Hergt schliesslich in die IT und formte das just mit der deutschen Actebis zusammengelegte Distributionsschwergewicht samt internationaler Expansion und vielen Jahren verlässlichem Umsatzwachstum. Der frische, branchenfremde Blick dürfte dabei sicher nicht nachteilig gewesen sein – im Gegenteil. Statt ausgetretene IT-Pfade zu beschreiten, entwickelte Möller-Hergt Also schon kurz nach Antritt in Richtung Service-Geschäft und Cloud, baute den Cloud Marketplace auf und aus, steigerte das von ihm oft gepriesene Consumptional Business. Sprich: Weg vom rein transaktionalen, hardwaregetriebenen und oft als Box­moving abgestempelten Zwischenhandel, hin zum margenstarken Service- und Value-Add-Geschäft. Und das mit Erfolg. Sicher, der Supply-Bereich ist auch bei Also noch die mit Abstand stärkste Säule. Aber allein zwischen 2020 und 2023 konnte der Distributor den Umsatz im Service-Segment auf über eine Milliarde Euro mehr als verdoppeln.


Basis dieser Entwicklung war Möller-Hergts bereits 2011 eingeführte More-Strategie (Maintain, Optimize, Reinvent, Enhance), die noch heute Gültigkeit hat, auch unter Nachfolger Krainz. Vorrangiges Ziel: Die «Steigerung des Unternehmenswertes und damit verbunden das möglichst nachhaltige Erwirtschaften von Erträgen für die Aktionärinnen und Aktionäre. Entscheidend dafür ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wachstum, Kapitalstruktur und Profitabilität.» Diese Zahlen- und Rentabilitätsaffinität spiegelt sich nicht zuletzt in einem seit Möller-Hergts Start nahezu durchgängig steigenden Aktienwert wider.

Nicht ohne Reibung

Aber wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Eine klar artikulierte Strategie kann in einer Branche in Transformation kaum ohne Reibung gelingen. Und so wurde aus den Reihen der aktuell über 800 Hersteller im Portfolio auch immer wieder Kritik am straffen Optimierungskurs laut, speziell aus der Hardware-Fraktion, die vor allem die logistischen Kapazitäten in Gefahr sah.

Aber «Chancen frühzeitig zu erkennen und konsequent in Ergebnisse umzusetzen – das zeichnet Also aus», bekräftigte Möller-Hergt mit der letzten von ihm vorgestellten Bilanz zum Geschäftsjahr 2023. Ohne regelmässige, auch tiefgreifende Anpassungen ist das kaum möglich. Doch gerade besagte Bilanz beschert dem ehemaligen CEO keinen Abschied mit Fanfaren. Konnte der Distributor den Umsatz über die vergangenen Jahre eigentlich sukzessive steigern, bis auf 12,56 Milliarden Euro im Jahr 2022, brach er im vorletzten Jahr drastisch ein – um über eine Milliarde auf 11,1 Milliarden Euro. Vor allem das transaktionale Supply-Geschäft musste deutlich Federn lassen. Der Distributor begründet den erstmals seit Jahren rückläufigen Umsatz mit «Inflations­druck, hohen Energiekosten und der geopolitischen Gesamt­situation», die sich auf die Nachfrage insbesondere nach ­Geräten im Consumer-Bereich, im Einzelhandel und Etail ausgewirkt hätten.


Das Service-Geschäft ist hingegen selbst in diesem schwierigen Marktumfeld gewachsen, der Solutions-Bereich blieb immerhin nahezu stabil. Aber das Supply-Segment steuert nach wie vor mit 6,75 Milliarden Euro den Löwenanteil der Umsätze bei – sein Einbruch ist umso drastischer für den Distributor. Es ist aber teils auch eine Bestätigung von Möller-Hergts Strategie, der sich nie vom Hardware-Geschäft verabschieden, aber Also stets auf mehrere stabile Säulen stellen wollte. Entwicklungen wie das Internet of Things, Virtualisierung und allem voran Künstliche Intelligenz sollen die Delle in den Zahlen jetzt wieder richten. Vor allem in Künstlicher Intelligenz sieht Also das Potenzial für zusätzliches, inkrementelles Wachstum, fernab der bisherigen Töpfe. So rechnet der Distributor vor, dass sich die jährlichen Kosten für die IT-Infrastruktur an einem SMB-Arbeitsplatz in Westeuropa auf Basis von KI von 5000 auf 5800 Euro erhöhen werden. Ein bedeutender Teil davon soll bei Also hängen bleiben.

Jetzt ist es aber an Wolfgang Krainz und seinem neuen Management-Team, diese Potenziale zu erschliessen, eigene Akzente zu setzen, und gleichzeitig Möller-Hergts (More-)Strategie fortzuführen. Krainz unterstrich bereits: «Unser vorrangiges Ziel ist es, weiterhin nachhaltig profitables Wachstum zu schaffen.» EBITDA und ROCE (Return on Capital Employed) seien dabei die zentralen Kennzahlen. Gustavo Möller-Hergt dürfte das gerne hören. Er wird diese Zukunft aus dem Verwaltungsrat heraus freilich weiterhin mitgestalten. Für den Ruhestand ist der Manager, Jahrgang 1962, zu jung und zu jung geblieben. Jetzt muss sich zeigen, wie sehr er als bisherige Also-Galionsfigur und starker Mann des Distributors die Fäden aus der Hand geben kann und will.

Das Management-Team um Wolfgang Krainz

Quelle: Also
Kurz nach seinem Start im Mai hat Wolfgang Krainz die Verantwortungsbereiche des Führungsteams neu geordnet – und den Fokus dabei ganz auf Vertrieb gelegt. Fünf der acht GL-Mitglieder werden demnach direkte Kundenverantwortung tragen: Espen Zachariassen ist regionaler Geschäftsführer für die Region Nord/Ost, Jorge Gállego für die Region Süd/West verantwortlich, CEO Krainz übernimmt Deutschland.
Regionenübergreifend wird der ehemalige Also-­Schweiz-Chef Tom Brunner den Vertrieb im Consumer-Bereich leiten, für Commercial (Corporate Reseller und SMB) übernimmt Jan Bogdanovich. Sie sollen in enger Abstimmung mit den regionalen Geschäftsführern die Vertriebsprogramme der Hersteller mit den Verkaufsaktivitäten vor Ort koordinieren. Damit sei sichergestellt, dass die Marktnähe erhalten bleibe.
CTO Ingo Adolphs verantwortet die technische Weiterentwicklung der digitalen Plattformen sowie Business Intelligence und das gruppenweite ERP. Thomas Meyerhans soll als Chief Operating Officer neben den Bereichen Recht und HR neu zusätzlich die Verantwortung für die Logistik übernehmen. Andreas Kuhn amtiert darüber hinaus weiterhin als Chief Financial Officer.



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