Deutscher Systemintegrator im Untergangsstrudel

Die deutsche M+S war einer jener Systemintegratoren, die den Gang an die Börse geschafft haben. Es folgte eine zu schnelle und zu teure Expansion.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/01

     

Dass ein erfolgreicher Börsengang keine Erfolgsgarantie ist, zeigt das Schicksal der deutschen M+S. Der Systemintegrator war bis vor kurzem ein gesundes, schnell wachsendes Unternehmen. Doch am 21. Dezember musste der zweitgrösste deutsche Systemintegrator Insolvenzantrag stellen. Eine Woche später gingen die Tochterunternehmen M+S EDV Service, DGW Datennetze und DRV Dr. Böhmer denselben Weg.
Wie kam es dazu? Der Chefredaktor der deutschen Channel-Zeitung Computerpartner, Damian Sicking, meint schlicht: «Der Hauptgrund ist zweifelsohne der Umgang mit Geld.» Damit ist nicht der leichtfertige Umgang mit Geld gemeint, sondern «der grosszügige Umgang desjenigen, der meint aus dem Vollen schöpfen zu können.»
Am 29. Februar 2000 war M+S an die Börse gegangen. Das von dort in die Kassen flutende Geld wollte unter die Leute gebracht werden. Man ging also einkaufen: Den Assemblierer DRV, die Berliner DGW, Yic, die Profi Engineering Systems. All diese Firmen wollten integriert werden, keine leichte Aufgabe. DRV wurde vor allem wegen seines Kunden Deutsche Bahn gekauft, die aber wollte nichts mehr bestellen, kaum dass die Firma den Besitzer gewechselt hatte. DGW wäre ein guter Kauf gewesen, hätte man Geschäftsführer Ulrich Evertz nicht einfach ziehen lassen, so der Tenor der Channel-Presse.
Auch von den Banken kam Geld für die Investitionen. Der britische Newsletter «IT Europa» sieht den Knackpunkt für den Untergang der M+S bei der Entscheidung der Banken, die Kreditlinien von 70 Mio. Euro um über die Hälfte auf 24 Mio. Euro zu kürzen. Darauf verloren Kreditversicherer wie Hermes das Vertrauen, obwohl die Banken zugesagt hatten, diese Linien beizubehalten und keinesfalls weiter kürzen zu wollen.
Was tun? Der Firmenwert dürfte die Schulden kaum decken, Verkaufsteams und Kundenkarteien zu verkaufen wird auch nicht viel nützen. Es sind bereits zu viele Salesleute auf dem Arbeitsmarkt. Ohne Kunden, Händler und Kreditversicherer liegt M+S strampelnd auf dem Rücken. (ava)


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