Broadcom muss sich EU-Befragung zu Lizenzänderungen stellen
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Broadcom muss sich EU-Befragung zu Lizenzänderungen stellen

Nach zahlreichen Beschwerden bezüglich der VMware-Lizenzanpassungen gerät Broadcom ins Visier der EU-Kartellbehörden. Gleichzeitig verteidigt CEO Hock Tan seinen Kurs – kündigt aber auch Änderungen an.
16. April 2024

     

Nach umfassenden Änderungen an den Lizenzbedingungen der VMware-Produkte wird Broadcom jetzt von den EU-Kartellbehörden befragt. Zuvor reichten mehrere Anwenderunternehmen und Verbände aus dem EU-Raum Beschwerde ein, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" berichtet. "Die (Europäische) Kommission hat Informationen erhalten, die darauf hindeuten, dass Broadcom die Bedingungen für die Softwarelizenzierung und den Support von Vmware ändert", zitiert "Reuters" einen Sprecher der EU.


Namentlich hatten sich die CIO- und Anwenderverbände Beltug (Belgien), Cigref (Frankfreich), CIO Platform Nederland sowie Voice (Deutschland) mit einem gemeinsamen Schreiben an EU-Kartellamtschefin Margrethe Vestager, EU-Industriechef Thierry Breton und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt. Kritik übten sie auf diesem Wege an der rasanten Strategieänderung, Preiserhöhungen, Lizenzbündelungen, Lizenz-Weiterverkaufsverboten sowie einer mutmasslichen Weigerung, die Sicherheitsbedingungen für unbefristete Lizenzen aufrechtzuerhalten. Auch der Cloud-Wirtschaftsverband Cispe hatte kürzlich teils harsche Kritik an Broadcom geäussert ("Swiss IT Reseller" berichtete). Aufgrund dieser Beschwerden richtet die EU-Kartellbehörde nun ein Auskunftsersuchen an Broadcom, um die Angelegenheit weiter zu untersuchen.

Broadcom-CEO verteidigt Vorgehen

Parallel hat Broadcom-CEO Hock Tan in einem Blogpost auf die Kritik am eigenen Vorgehen reagiert. Er bekräftigt, dass das bisherige Go-to-Market-Modell zu komplex und kostspielig für Vmware und seine Kunden gewesen sei. Man habe aber den Preis für VCF "drastisch gesenkt, um den Umstieg unserer Kunden auf die Plattform zu fördern. Diese angepasste Strategie wird die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Public Cloud erhöhen und die Kundenakzeptanz stärken." Künftig werden die beiden Kernlösungen VFC und VVF im Mittelpunkt des VMware-Portfolios stehen.

Gleichzeitig verspricht Hock Tan in Richtung der Partner: "Broadcom wird das VMware-Partner Ökosystem auch in Zukunft weiter stärken." Gleichwohl sei man aber dabei, das Ökosystem "zu aktualisieren und in die Broadcom-Partnerprogramme zu integrieren, was einige Anpassungen erfordert". Das Kernprinzip für die Zusammenarbeit mit Cloud-Anbietern sei, dass Endkunden die vollständige Freiheit haben sollen, ihre Workloads von eigenen Rechenzentren zu Cloud Providern und zwischen Cloud-Anbietern zu verlagern. Das will Broadcom vor allem durch die Standardisierung der Preisgestaltung bei allen Cloud-Providern auf die Lizenzierung pro Kern erreichen – dieselbe Metrik, die auch bei der Lizenzierung für Endkunden verwendet wird – sowie durch die Bereitstellung der Lizenzportabilität für VCF. Hinzu kommt die Standardisierung des Technologie-Stacks für Cloud-Provider auf VCF, um einen einheitlichen Support zu gewährleisten sowie technische Barrieren für einen Wechsel in die Cloud zu minimieren. "Diese Freiheit der Kunden, Workloads verschieben zu können, wird den Wettbewerb zwischen Cloud-Providern verstärken und damit das Angebot für Endkunden verbessern", ist der CEO überzeugt.


Zudem bekräftigt er, dass VMware unter Broadcom den Wechsel hin zu einem Abonnementmodell fortsetzt. VMware habe mit dieser Umstellung demnach bereits 2018 begonnen und wäre eines der letzten Softwareunternehmen gewesen, das dieses Modell eingeführt hat. "Es ist wichtig zu betonen, dass der Übergang zur Abo-Preisgestaltung in keiner Weise die Möglichkeit unserer Kunden beeinträchtigt, ihre bestehenden unbefristeten Lizenzen zu nutzen." Für dieses Szenario will Broadcom kostenlosen Zugriff auf Zero Day-Sicherheitspatches für unterstützte Versionen von vSphere ermöglichen. Weitere VMware-Produkte sollen im Laufe der Zeit hinzukommen.

Hock Tan beruft sich bei den zahlreichen Anpassungen der vergangenen Monate vor allem auf den Kundennutzen und deren Anforderungen. Gleichzeitig verspricht er jedoch, die "nötige Übergangszeit und Unterstützung" zu erhalten, vor allem mit Blick auf das Abo-Modell. "Wir verstehen, dass schnell voranschreitende Veränderungen mehr Zeit erfordern können. Daher haben wir vielen Kunden, bei denen eine Verlängerung anstand, während diese Änderungen eingeführt wurden, Supportverlängerungen gewährt." Man sei bereit, mit Kunden über spezifische Anliegen zu sprechen. Diese Option wurde bisher noch nicht öffentlich kommuniziert. (sta)


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