Channel-Player: «Der grossse Aufschwung ist vorbei»

Drei VADs (Value Added Distributors) tummeln sich im Schweizer Markt für Server-based Computing. IT Reseller hat sie zum Markt und zu Ihren Plänen befragt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/10

     

Je komplexer und je neuer eine Technologie ist, desto höher sind in der Regel die erzielten Margen – und desto mehr braucht es «Vermittler» zwischen Hersteller und VAR / Integrator. Diese Rolle versuchen in der Schweiz für den Markt für Server Based Computing drei VADs auszufüllen: Adtcom, Cham, Computerlinks, Bern und BCD-Sintrag, Oberglatt. Die ersteren zwei gehören zu paneuropäischen Gruppen während BCD-Sintrag ein etablierter, lokaler Player und Schweizer Citrix-Pionier ist.

Adtcom: Mehr Marge durch «packaged consulting»

Adtcom entstand aus einem Management Buy-out (mit Einbezug von Risikokapital) aus der GTS-GRAL-Gruppe. Heute hat die Gruppe Niederlassungen in 10 europäischen Ländern. Zum Portfolio gehören Thin-Clients (Wyse, Igel, NCD) und Software (Citrix, MS, Netreality).
Gemäss Adtcom-Chef Tim Goldring verteilt sich der Umsatz in der Schweiz von ca. 9 Mio. Franken (2000) zu 30 % auf Hardware, 50% auf Software und etwa 20% auf Consulting. Dies soll sich in nächster Zeit massiv ändern. Goldring: «Wir werden Beratungs-Dienste als Produkt anbieten. Das kann zum Beispiel ein Paket ‘Pre-Project-Analysis’ sein. Auch Consulting werden wir ausschliesslich über den Channel vertreiben und zwar mit einer guten Marge.»

«Der Markt ist reifer»

Nicht unbedingt die Konkurrenz macht Goldring Bauchweh, sondern der Margendruck auf Hardware wie Software. Den Ausweg aus der Margenfalle sieht der witzige Adtcom-Chef darin, den Markt entsprechend seiner Segmente (z.B. Healthcare) zu bearbeiten. Goldring: «Der Markt ist reifer und segmentiert sich stärker. Wir stellen Services für die Marktsegmente her.Wenn man einen Teilmarkt gut versteht und das richtige Produkt anbietet, kann man der Margenerosion entgehen.»
Goldring erwartet kein explosives Wachstum mehr von Hard- und Software-Verkäufen. Ausserdem könnten auch Preiskämpfe am Horizont stehen: «In Deutschland kämpfen VARs und Systemintegratoren zum Teil schon mit den letzten drei Prozent Marge. Das könnte uns auch hier bevorstehen.»
Adtcom habe einen grossen Vorteil, so Goldring: Die Firma ist erst wenige Jahre alt und schleppe keine Altlasten mit sich herum. «Bei VARs und Systemintegratoren wiegt die Geschichte manchmal mehr als die Zukunft», meint der VAD-Chef.

BCD-Sintrag: Server-based Computing + ASP, Appliances, ERP

Die Oberglatter BCD-Sintrag zählt zu den Pionieren in der Szene. Früh hat man beim ehemaligen Systemintegrator das Potential von Citrix erkannt und sich zum Distributor gemausert. Noch heute macht die Distribution von Citrix- und Microsoft-Software etwa zwei Drittel des Umsatzes aus. «Nicht aber des Deckungsbeitrags!», meint BCD-Marketing-Mann Erich Fehr vielsagend. Auch bei BCD-Sintrag spürt man den Margendruck, vor allem im reinen Lizenzgeschäft.
Ausserdem erwartet Fehr ein Abflauen des Booms im Server-based Computing. Erzielte der VAD im Jahr 2000 trotz «Digital Winter» noch ein Wachstum von 37 Prozent, so erwartet Fehr für das laufende Jahr noch zehn bis 15 Prozent Umsatzzuwachs. Vor allem von Windows 2000 sollten Impulse kommen, schätzt Fehr die Lage ein. Zwei Drittel des Umsatzes erzielt BCD mit Citrix-Lizenzen, ca. 15 bis 20 Prozent kommt von Consulting und Schulung und der Rest verteilt sich auf die übrigen Handelsprodukte.
Die Aussichten für Server-based Computing sehen immer noch sehr gut aus, doch werden die Wachstumsraten der letzten Jahre wohl nicht mehr erreicht.
Dies ist auch der Grund, weshalb man in Oberglatt laufend neue Produkte evaluiert und sich Kompetenzen aneignet. Die ASP-Pläne von BCD-Sintrag sind bekannt. Fehr: «ASP ist ein schwieriges Business. Aber jetzt haben wir ernst zu nehmende Kunden, die unsere ASP-Lösung seriös evaluieren. Die Phase des Marketings für ASP ist vorbei, jetzt kommt die Phase des Verkaufens. Aber ASP ist kein Geschäft, mit dem man in den nächsten ein, zwei Jahren reich wird.»

Apps4biz

Für viele überraschend hat BCD-Sintrag einen Distributionsvertrag mit den ASP-Spezialisten von Apps4biz abgeschlossen. Nun will Fehr für die betriebswirtschaftliche Applikation einen Reseller-Channel aufbauen, bei ersten Implementationen helfen und Schulung anbieten. Ausserdem vertreibt der VAD auch noch die Webshop-Lösung von Internolix und neu auch Linux-Server-Appliances. «Diese für uns neuen Produkte sind unsere Babies. Die müssen wir jetzt pflegen und aufziehen», so Fehrs Kurzfassung der BCD-Strategie.

Computerlinks: Boom mit Sicherheitslösungen

Die deutsche Computerlinks-Gruppe ist zwar am Neuen Markt in Frankfurt kotiert, gehört aber trotzdem nicht zur Cash-burn-Szene. Der deutsche VAD wächst, vor allem durch Übernahmen, rasend schnell und schafft es trotzdem noch, Gewinne zu erzielen. In der Schweiz wurde Anfang 2000 die ehemalige Alphanet übernommen. Letztes Jahr «drehte» Computerlinks Schweiz etwa 5 Mio. Franken, zwei Drittel davon mit Produkten für Internetworking (Lucent), dem ehemaligen Kerngeschäft von Alphanet.
Gruppenweit werden aber bereits schon 40% der Umsätze mit Security-Produkten (Checkpoint, Nokia, RSA u.a.) erzielt. Dies will aber der Vorstandsvorsitzende von Computerlinks, Stephan Link, überhaupt nicht als Abwendung vom Server-based Computing verstehen. Link: «Die Umsätze mit Citrix werden weiter ansteigen, aber in relativen Zahlen nicht mehr so stark wie früher.
Übers Jahr rechnen wir immer noch mit einem Wachsstum von etwa 30%.» Vor allem der Wechsel von Metaframe 1.8 zu Metaframe XP von Citrix dürfte einen Auftragsschub bringen, so Link. Viele Kunden hätten bei Projekten die neue Version der Citrix-Software abgewartet, was unter Distis und Resellern übrigens zu einigen Preiskämpfen geführt habe.
Computerlink führt heute die vier Bereiche E-Security, E-Business (Allaire), Internetworkung und
Server-based Computing. Link erhofft sich von den vier Bereichen zunehmendes Cross-Selling.

«Schweizer Uhrwerk»


Der paneuropäische VAD plant weitere Übernahmen in weiteren europäischen Regionen. Die Erfahrung mit Alphanet scheint gut zu sein. Link: «Computerlinks Schweiz ist eine Supersache. Die arbeiten wie ein Schweizer Uhrwerk. Es sind sehr technische Leute mit hoher Kompetenz.» Die Wandlung vom Netzwerk-Integrator mit Fokus auf ISPs zum VAD scheint gut gelungen zu sein, da man von Anfang an die Distributionsverträge, z.B. mit Citrix mitgebracht habe.
(hc)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wieviele Zwerge traf Schneewittchen im Wald?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER