Vijay Srinivasan - Der Mikrofinanzierer
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Vijay Srinivasan - Der Mikrofinanzierer

Der Tsunami von 2004 war für Vijay Srinivasan ein einschneidendes Erlebnis. Seither stehen für ihn als CEO von Cambridge Technology Partners die Menschen noch mehr im Zentrum.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/03

     

Nicht wegen der Informatik arbeitet Vijay Srinivasan in der IT, sondern weil er Menschen mag. «IT ist ein People Business», ist der CEO von Cambridge Technology Partners überzeugt. In die Informatik ist der Finanzwirtschaftler nämlich eher zufällig reingerutscht.
Aufgewachsen in Indien und in den USA, kam Srinivasan in die Schweiz, weil seine Frau hier einen Vertrag der Weltgesundheitsorganisation erhalten hatte. «Ich dachte mir, Schweiz klingt interessant, das sollten wir ausprobieren», so Srinivasan. Also hat er gekündigt und ist mit seiner Frau nach Genf gezogen. Die ersten sieben Monate hat er sich dann um den Nachwuchs gekümmert, während seine Frau gearbeitet hat. «Ich habe versucht, mit dem Französisch klarzukommen und den Jungen zu füttern – das war eine sehr interessante Zeit.»
Anschliessend hat Srinivasan im Consulting-Bereich der United Nations (UN) gearbeitet, wollte aber wieder zurück in die USA, weil ihm der Job nicht gefiel. Wie es der Zufall wollte, lernte er dann beim Mittagessen eine Frau kennen, die ihm einen Job in ihrer IT-Firma anbot. Nach rund drei Jahren verkaufte besagte Frau ihre Firma Natsoft an Cambridge und verliess kurz darauf das Unternehmen. Damit übernahm Srinivasan die Leitung des Genfer Büros von Cambridge Techno­logy Partners.

Intermezzo mit Novell

Als das Platzen der Dotcom-Blase auch Cambridge in Richtung Abgrund zog, wurde das Unternehmen 2001 von Novell aufgekauft und integriert. «Bei Novell zu arbeiten, war eine schmerzhafte Erfahrung für mich. Nicht weil ich nun für Novell arbeitete, sondern weil meine erste Aufgabe war, alle euro­päischen Niederlassungen von Cambridge zu schliessen.» Immerhin konnte er die neuen Eigner überzeugen, die Schweizer Niederlassung bestehen zu lassen. «Dann habe ich zu ihnen gesagt: Jetzt wo ich alles schliessen musste, wieso überlasst ihr die Schweizer Niederlassung nicht ganz mir?» Srinivasan hatte versprochen, vierteljährlich die Zahlen zu präsentieren und zu seinem grossen Erstaunen liess Novell ihn gewähren. Als das Unternehmen schliesslich 2008 sein Service Business abstossen wollte, war es für Srinivasan nur logisch, wieder das Zepter bei Cambridge Technology Partners zu übernehmen.

Engagement für Indien

Seine wahren Interessen liegen aber weder in der IT noch bei Cambridge, wie Srinivasan erzählt. Ein einschneidendes Erlebnis war für ihn der Tsunami von 2004, den er nur mit viel Glück überlebt hat. Weil sein Sohn nicht die Toiletten am Strand benutzen wollte, gingen die beiden ins Haus seiner Eltern. Als der Tsunami kam, waren sie im vierten Stock und hörten einen Knall wie bei einer Explosion. «Dann ging ich auf den Balkon und sah, wie die grossen Wellen kamen und Leute um ihr Leben rannten. Als ich aus der Wohnung raus ging, war der Strand mit Leichen übersät.» Überlebt hatten vor allem die Schulkinder, ihre Väter kamen vom Fischen zurück, die Mütter wollten ihre Männer am Strand abholen. «Ich war schockiert und wollte helfen. Indien kümmert sich nicht um die Armen, das ist leider in den meisten Ländern so.» Also ging er zum nächsten Bancomat und hob die maximal mögliche Summe ab. Mit dem Geld kaufte er Boote für die armen Leute und liess die Kinder des Dorfes impfen.
Vijay Srinivasan crack
Vijay Srinivasan wurde 1958 in Bombay geboren und hat die ersten 13 Lebensjahre in Indien verbracht. Dann ist seine Familie in die USA übersiedelt, und dort hat er sein MBA im Bereich Finanzen absolviert. Wieder aus beruflichen Gründen der Familie – erst war es der Vater, dann seine Frau – ist Srinivasan in die Schweiz weitergezogen. Hier ist er über Umwege 1996 bei Cambridge Technology Partners angekommen, und hat die Niederlassung in Genf geleitet. Bereits vor der Übernahme durch Novell verantwortete Srinivasan die gesamte Schweiz. Seit den Management-Buy-Out im Jahr 2008 ist Srinivasan CEO von Cambridge Technology Partners.
Srinivasan lebt mit seiner tschechischen Frau und seinem 15-jährigen Sohn in Genf, der 21-jährige Sohn studiert in London. Immer wieder an einem anderen Ort zu Hause zu sein, stört Srinivasan nicht. Im Gegenteil, er mag die Mulitkultur und lebt sie auch in seiner Familie. Das zeigt sich bereits, wenn die Familie zusammen spricht: Mit seiner Frau spricht er Tschechisch, mit den Söhnen Englisch. «Und die beiden sprechen untereinander Französisch», erklärt Srinivasan mit einem Schmunzeln.
crackcrack
Als Srinivasan wieder zurück in die Schweiz kam, sammelte er bei seinen Angestellten Geld, um den Leuten auch langfristig zu helfen. Mit dem gesammelten Geld gründete Srinivasan in Zusammenarbeit mit verschiedenen Stiftungen eine NGO. Diese unterstützt nun zwei Fischerdörfer und versucht, im Leben dieser Bewohner etwas zu bewirken. «Wir haben kleine Mikrofinanzierungsprojekte gestartet, bilden die Leute in Schulungsprojekten aus und helfen ihnen in eigens errichteten Frauen- und Kinderzentren. Diese erhalten beispielsweise die alten Computer von Cambridge.»
Wichtig bei den Angeboten ist, dass der Mensch im Zentrum steht. Dieses Ziel verfolgt Srinivasan denn auch bei Cambridge Technology Partners. «Unser Business ist nicht
‹Rocket Science›, und ich denke nicht, dass wir besser sind als andere Unternehmen. Aber was uns unterscheidet, ist unser Fokus auf die Menschen. Deshalb sind unsere Mitarbeiter bereit, sich überdurchschnittlich für Kunden und Projekte einzusetzen. Unser Unterscheidungsmerkmal sind unsere Leute.» Und diese sollen auch von Srinivasans Erfahrungen in Indien profitieren. Er ermöglicht seinen Angestellten, in seiner NGO in Indien zu arbeiten. «Dort lernt man wirklich etwas über Leadership, weil jede Entscheidung, die man trifft, entweder jemanden umbringt oder ihm hilft.» (tsi)


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