xDSL im Kommen – ausser in der Schweiz


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/02

     

Laut einer Studie von Frost & Sullivan über xDSL (Digital Subscriber Line) in Europa, Nahost und Afrika wächst dieser Markt äusserst schnell. Im Jahr 2000 noch auf 199,4 Mio. Dollar beziffert, sollen die Umsätze bis 2006 auf 2,27 Mrd. Dollar hochschnellen. Der grösste Teil davon entfällt – wenig überraschend – auf Europa.
Für traditionelle Telekoms ist DSL nach wie vor der einfachste und schnellste Weg, um mit Firmen in Wettbewerb treten zu können, die beim Breitband-Internetzugang auf Kabelmodems oder Wireless Local Loop setzen.
In Europa wurden im ersten Quartal 2000 noch 85 Prozent des DSL-Verkehrs über ATM-Backbones, und nur gerade 15 Prozent über ein IP-Backbone übertragen. Doch Frost & Sullivan erwartet, dass IP über DSL an Bedeutung gewinnen wird. IP-Netzwerke seien im Unterhalt kostengünstiger als ATM-Netzwerke. Zudem werde durch die Umstellung der Industrie auf IP-Netzwerke Interoperabilität mit IP zunehmend zu einer Grundvoraussetzung. Grössere Bandbreiten öffnen Anwendungen wie Telelearning, Homelearning, Videokonferenzen und VPNs (Virtual Private Networks) auf IP-Basis den Weg.
Selbst Voice over DSL dürfte mit steigenden Bandbreiten nicht mehr weit sein. Frost & Sullivan rät den Anbietern daher, jetzt Wege zu suchen, um ihre Fachkenntnisse und Infrastrukturen im Hinblick auf neue IP-basierte Internetdienste zu nutzen.

Sonderfall Schweiz

Die Flaschenhälse der Datenübertragung finden sich nicht in den Backbones (dort gibt es sogar Überkapazitäten), sondern auf der «letzten Meile», bei den Hausanschlüssen. Zum Wachstum des xDSL-Marktes haben in Europa die Telekom-Deregulierung und vor allem die angelaufene Entbündelung der Ortsnetze beigetragen. Für die Staaten der EU wurde die Entbündelung der letzten Meile mit einem am 1.1.2001 in Kraft getretenen Beschluss zur Pflicht.
Die kürzliche Weigerung des Nationalrates, das entsprechende Monopol der Swisscom zu durchbrechen und die Ortsnetze zu entbündeln, hat die im «Verband Inside Telecom» (VIT) zusammengeschlossenen Unternehmen daher nicht gerade glücklich gemacht. Der Verbandspräsident und Verwaltungsratsdelegierte von MCI Worldcom Schweiz, Patrick Moser: «Gegenüber der EU entsteht für die Schweiz ein deutlicher Standortnachteil. Viele Firmen werden sich jetzt zweimal überlegen, was sie hierzulande noch in Rechenzentren und in die Telekommunikation investieren wollen.»
Die Swisscom nutzt derweil ihren Vorteil und rüstet das Netz weitgehend nach den eigenen Bedürfnissen auf. Es brauchte, wie der VIT schreibt, den Druck des Verbandes und verschiedener Anbieter, damit sie sich überhaupt bereit erklärte, ein Angebot zu machen. Doch dieses enthält nicht mehr als die Mitbenutzung des A (Asymetric) DSL-Dienstes der Swisscom. Zudem ist es ausschliesslich zusammen mit dem Swisscom IP-Dienst erhältlich. Nextra-Chef Denis Gheysen:
«Für Virtual Private Networks ist das Angebot nicht geeignet, da keine ausreichende End-to-End-Qualitätssicherung möglich ist. Wir sind daher nach wie vor auf teure Mietleitungen angewiesen.» Und Moser fügt hinzu: «Die offerierten Bandbreiten sind zu langsam. Der Swisscom-ADSL-Dienst bietet gerade mal 256 und 512 Kilobit pro Sekunde, wo die xDSL-Technologie bereits heute acht Megabit und mehr erlauben würde.»
Die Anbieter stehen unter Zeitdruck: Das Geschäft geht los. Die Plattformen sind vorhanden und die Technologie reif. Wer jetzt Kunden gewinnen kann, hat sie – zumindest für die nächsten paar Jahre – für sich.
Frost & Sullivan stellt denn auch fest: «Um in der IP-Industrie Fuss fassen zu können, müssen die Wettbewerber ihr Portfolio erweitern und höhere Zugriffsgeschwindigkeiten auf das Internet anbieten. Damit DSL sein Potential entfalten kann und überall verfügbar ist, sind ausserdem Follow-Me-Dienste, Web-basierte Servicewahl auf Abruf, vom Endkunden selbst installierbare Geräte, Interoperabilität und eine automatisierte End-to-End-Versorgung nötig.»
Die Nachfrage nach schnellen, kostengünstigen Netzen für Sprache und Daten besteht. Wo entbündelte Ortsnetze zur Verfügung stehen, wird sie, wie Frost & Sullivan prophezeit, zu einem schnellen Wachstum des Marktes führen. Das Nachsehen haben, laut Moser, Schweizer KMU, die nicht ins Ausland ausweichen können.(fis)


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