Der Schnellste der Schnellen

Wenn in den letzten Monaten die Rede auf Apple Computer kam, war meist von Design die Rede. Mit dem G4 wird es Zeit, wieder von Leistung zu sprechen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 1999/17

     

Als Steve Jobs die G4-Rechner auf der Seybold Konferenz ankündigte, sprach er von einem «Supercomputer auf einem Chip» und freute sich ungemein, dass die US-Regierung wegen der Leistung der G4-Prozessoren Bedenken geäussert hatte, den neuen PowerMac in bestimmte Länder zu verkaufen. Doch was wie ein weiterer PR-Gag des ewigen Interims-CEO tönte, hat einen realen Hintergrund: Der PowerMac G4 ist der erste PC,
der über eine Milliarde Fliesskomma-Berechnungen pro Sekunde bewältigt. Oder, populärer ausgedrückt, eine Leistung von mehr als einem Gigaflop bringt. So werden gemeinhin Supercomputer definiert.

Supercomputer auf dem Desktop

Supercomputer wurden bisher für die Wissenschaft eingesetzt. Ausserhalb der Forschungslaboratorien wurden sie nicht benötigt. Wenigstens solange nicht, bis Photoshopfilter anfingen, den Bildbearbeitungsalgorithmen der NASA Konkurrenz zu machen, komplexe Verschlüsselungen fürs Internet in Echtzeit erfolgen mussten und die Kompression von Videosequenzen den Arbeitsfluss empfindlich behindern konnte.
Solche rechenintensive Vorgänge können durch die Vektor-Prozesstechnologie von Supercomputern wesentlich beschleunigt werden. Der von Apple, IBM und Motorola gemeinsam entwickelte G4-Prozessor erbringt nun als erster Mikroprozessor eine Leistung von über einem Gigaflop. Theoretisch bewältigt er sogar bis zu vier Gigaflops. Das ist ziemlich beeindruckend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es noch keine zwei Jahre her ist, dass an der University of California ein Ein-Gigaflop-Suptercomputer gebaut wurde, der über 50’000 Dollar kostete. Dagegen ist ein 500-MHz-PowerMac vergleichsweise günstig.

Die Velocity Machine

Das Geheimnis der G4-Leistung ist die «Velocity Machine». Dahinter verbirgt sich – hier stimmt Jobs Aussage – die Architektur eines Supercomputers auf einem Chip. Die Velocity Machine bearbeitet Informationsstücke von 128 Bit, gegenüber den 32- und 64-Bit-Stücken bei herkömmlichen Chips. Neben der 128-Bit-Vektor-Technologie wurden ausserdem noch 162 zusätzliche, neue Befehle auf dem Chip implementiert. Auf diese Weise ist die Velocity Machine in der Lage, in einem einzigen Zyklus bis zu acht Fliesskomma-Rechnungen durchführen, was den G4 – vor allem bei rechenintensiven Grafik-, Video- und Voice-Anwendungen – deutlich schneller macht als herkömmliche Prozessoren. Ausserdem ist er in der Lage, Daten in den Registern neu zu arrangieren – ein grosser Vorteil vor allem bei Multimedia-Applikationen, die oft mit verschiedenen Formaten gleichzeitig arbeiten.
Typische Photoshop-Berechnungen laufen laut Angaben von Apple rund doppelt so schnell wie auf einem 600-MHz Pentium, mit einem speziellen Filterset sogar bis zu vier mal so schnell. Jobs machte es sichtlich Spass, die Überlegenheit des G4 anhand von Intels eigenen Tests zu belegen. Doch auch John E. Warnock, Vorsitzender und CEO von Adobe, bestätigt die ausserordentliche Leistung: «Im Augenblick ist Photoshop 5.5 auf dem G4 deutlich schneller als auf jeder anderer Plattform, die ich bisher gesehen habe.» So wundert es nicht, dass bisher bereits 60 wichtige Entwickler, darunter Adobe, Avid, Bungie und Macromedia zugesagt haben, ihre Produkte für den G4 zu optmieren.

Drei Ausführungen

Der PowerMac G4 ist in drei Standardausführungen mit 400, 450 und 500 MHz erhältlich, alle mit bis zu 1,5 GByte RAM. Die beiden schnelleren Modelle verfügen zudem über den neuen 100-MHz-Bus mit einem Datendurchsatz vom 800 MB pro Sekunde und die drahtlose Airport-Vernetzung. Alle PowerMac G4 haben 1 MByte Level 2-Backside Cache, zwei USB-, zwei FireWire- und einen 10/100Base-T Ethernet-Anschluss.
Die 400-MHz-Version (Fr. 2799.–) ist bereits erhältlich, der 450er (Fr. 4399.–) und 500er (Fr. 6199.–) sollen Mitte, resp. Ende Oktober im Apple Shop angeboten werden. Allerdings hat Apple vorläufig noch Lieferschwierigkeiten (Vergleiche Seite 18), die auf Produktionsprobleme bei Motorola zurückgeführt werden. (fis)


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