Von Hackern und ihren Nachahmern

Aufgrund steigender Internetkriminalität und der Zunahme von gesetzlichen Vorgaben erleben technische Audits einen Boom. Allerdings ist es schwierig, kompetente Tester zu finden und ihnen die richtigen Fragen zu stellen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/06

     

Technische Audits haben zum Ziel, Sicherheitslücken aufzudecken, bevor sie von Unberechtigten ausgenutzt werden können. Mögliche Untersuchungsobjekte sind dabei Systeme im Local Area Network, kabellose Netzwerke, Applikationen und Systeme in der demilitarisierten Zone (DMZ). Eine DMZ ist ein System, welches zumindest teilweise vom Internet her erreichbar ist, so zum Beispiel Firewall, Web-, Mail-, und DNS-Server sowie Netzwerkkomponenten. Technische Audits lassen sich hinsichtlich des Untersuchungsobjekts, der Testtiefe und -breite und des Automatisierungsgrads grob kategorisieren. Je nach Testtiefe bzw. -breite werden ­Sicherheitslücken mittels eher oberflächlicher Scans gesucht, oder Lücken auch konkret ausgenutzt. ­Genauso kann nur die Systemkonfiguration oder ebenfalls der Applikationsquellcode geprüft werden. Eine weitere Kategorisierung betrifft den Automatisierungsgrad. Damit wird beschrieben, wie viel Expertenwissen für ein Tool wie beispielsweise einen Security Scanner eingebracht werden muss.

Security Scan oder Penetration Test?

Ein Security Scan ist eine hochautomatisierte, netzwerkbasierte Sicherheitsüberprüfung, bei welcher von Tools entdeckte Sicherheitslücken teilweise manuell verifiziert werden. Im Gegensatz dazu ist der Penetration Test eine zwar ebenfalls netzwerkbasierte, aber intensivere Sicherheits­überprüfung. Dabei werden Sicherheitslücken manuell ausgenutzt. Automatisierte Tools kommen hier nur zum Einsatz, wenn sie den Projektablauf beschleunigen können, ohne dass die Qualität darunter leidet. Von den Testern wird also viel Expertenwissen abverlangt. Das Problem dabei ist, dass niemand auf alle relevanten ­Gebiete der ICT spezialisiert sein kann, niemand kann sich in Betriebssystemen, Firmwares, Datenbanken, Exploit-Programmierung und Programmiersprachen gleichzeitig auskennen. Somit kommt bei Penetration Tests meist ein Team von Experten verschiedener Spezialisierungsrichtungen zum Einsatz. Manche Anbieter verfügen aber gar nicht über mehrere Tester und versuchen dieses Manko mit Tools wettzumachen. Allerdings geht diese Rechnung für den Anbieter nur auf, wenn der Kunde nicht über profundes Fachwissen der Materie verfügt. Andernfalls verkommen die vor Ort zu leistenden Arbeiten wie Kickoff-Meeting, Tests und Projektschlusspräsentation zum Spiessrutenlauf für das damit betraute Personal des Anbieters. In solchen Fällen wäre es für alle Beteiligten bessen, die Dienstleistung würde dem Kunden ehrlich als simpler Security Scan verkauft – anstatt als vermeintlicher Penetration Test. Um die Vergleichbarkeit der Testresultate zu gewährleisten, fordern manche Kunden auch, dass sich die Anbieter an erkannte Methoden wie beispielsweise dem «Open Source Security Testing Methodology Manual» (OSSTMM) halten.

Kundenanforderungen

KMU beauftragen oft ihre angestammten Systemintegratoren mit der Durchführung von technischen Audits - wobei es sich bei der angebotenen Dienstleistung meist um einen Test der Qualitätsgüte eines Security Scans handelt. Unternehmen in streng regulierten Branchen wie beispielsweise der Finanz- und Pharmain­dustrie legen Wert auf Gewaltentrennung und Produktunabhängigkeit. Denn nur so laufen sie nicht Gefahr, dass der Anbieter das Audit-Projekt als Wegbereiter für weitere Verkaufsaktivitäten nutzt. Ausserdem wird bei Systemintegratoren oft die fehlende Fokussierung auf technische Audits bemängelt. Meistens haben sie nämlich nur ein bis zwei Mitarbeiter, welche sich bestenfalls sporadisch mit Sicherheitsüberprüfungen beschäftigen. Auf technische Audits spezialisierte Nischenanbieter haben deshalb gute Karten, sofern sie es schaffen, einen genügend grossen Personalbestand an Security Testern aufzubauen und dank ausreichender Projektauslastung zu halten.

Schwierige Personalrekrutierung

Bei komplexen technischen Audits wird sozusagen am offenen Herzen der ICT-Infrastruktur operiert. Deshalb sind der gute Ruf des Anbieters, der tadellose Leumund und das Expertenwissen der Security Tester entscheidend. Die Problematik beim Rekrutieren von Security Testern, liegt darin, dass spezifische «Hackerkenntnisse» nicht in der Informatikerlehre oder an Hochschulen vermittelt werden. Die meisten Security Tester sind also über ihr Hobby zum Beruf gekommen. Ihre Ausbildung basiert somit auf Erfahrung und einer guten persönlichen Vernetzung zu anderen Security Testern. Falls die Kandidaten in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, haben sie sich damit für einen seriösen Einsatz disqualifiziert.

Risiken, Aufwand und Kosten

Technische Audits lassen sich teilweise kaum von echten Hackerattacken unterscheiden. Der Auftraggeber muss deshalb einen Haftungsausschluss unterschreiben. In diesem bestätigt er, darüber in Kenntnis gesetzt geworden zu sein, dass es bei technischen Audits zu negativen Systembeeinträchtigungen kommen kann. Ausserdem ist wie bei allen Projekten die Management Attention und die klare Definition der Projektziele, Rahmenbedingungen, Ansprechpartner inklusive Eskalationspfade und Zeitplanung für den Projekterfolg essen­tiell.
Technische Audits sind ein interessantes Betätigungsfeld. Wer sich jedoch als Anbieter von anspruchsvollen technischen Audits etablieren möchte, benötigt hervorragende Security Tester und eine klar erkennbare Fokussierung. Die branchenüblichen Tagessätze für derartige Leistungen liegen zwischen 1600 und 2500 Franken pro Arbeitstag.

Der Autor

Christoph Baumgartner (39) ist CEO und Inhaber der Oneconsult GmbH. Oneconsult ist ein international tätiges Schweizer IT-Security-Consulting-Unternehmen mit Schwerpunkt technische Audits. Oneconsult hat Büros in der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Österreich.
www.oneconsult.com


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