Wie Amis die Welt sehen


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/06

     

Es gibt Firmen, die verharren Jahrzehnte in ihren alten Strukturen und merken erst, wenn die Verkrustung zu weit fortgeschritten ist, dass ihre Organisationen Änderungen bedürfen. Dann gibt es Firmen, die sich fortlaufend verändern, die ihre Organisation regelmässig überprüfen und ihre Strukturen aktuellen Bedürfnissen anpassen.
Die zweite Haltung wird gerne der IT-Branche zugeschrieben, der Branche nämlich, in der sich angeblich ­alles schnell bewegt. Regelmässigen, tiefgreifenden Veränderungen sind vor allem US-Unternehmen unterworfen, die üblicherweise neue Strukturen aus Übersee dirigieren und ihre Regeln über die ganze Welt stülpen.
Dass diese Art der Unternehmensführung Nachteile mit sich zieht, zeigt uns wieder einmal besonders deutlich das Beispiel CA. Der Softwarekonzern ist seit Jahren bekannt dafür, dass einmal im Jahr, pünktlich zu Beginn des neuen Fiskaljahres im April, kein Stein mehr auf dem alten gelassen wird. Da kann es schon mal vorkommen, dass Länder wie die Schweiz mal zu Süd- oder Osteuropa gehören, je nachdem wie «die drüben» entschieden haben, dass die Welt in Europa zu sein hat.
Was nun aber bei CA passiert ist, nämlich, dass die Schweizer Niederlassung plötzlich keine eigene Führung mehr hat, sondern aus Öster­reich heraus geleitet werden soll, dürfte auf Dauer nicht aufgehen. Der neue, in Wien arbeitende Chef der Schweizer CA-Mitarbeiter spricht
von mehr Effizienz und zufriedeneren Kunden, die durch die neue Struktur erreicht werde.
«Schmarr’n», sage ich. Bei CA geht es nämlich nicht um mehr Effizienz zugunsten der Kunden. Mehr Effizienz heisst für die Architekten dieser neuen Struktur vor allem tiefere Kosten. Irgendwann werden sie aber merken, dass sich die Schweizer Mitarbeiter und Kunden nicht aus Österreich ­heraus zufriedenstellend führen und bedienen lassen. Dann wird ihnen auch wieder eine «überzeugende» Begründung einfallen, weshalb die Schweiz doch wieder eine unabhängige Organisation mit einem eigenen Chef braucht.


Markus Häfliger, Chefredaktor


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