Schweizer Cebit-Strategien im Wandel

Da waren es nur noch 58. Die Anzahl der Schweizer Messestände an der Cebit schrumpft erneut drastisch. Genauer betrachtet ist das aber nicht wirklich tragisch, wie sich in einer Blitz-Umfrage herauskristallisiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/03

     

Werden Schweizer IT-Unternehmen zu Cebit-Muffeln? Die vorletzte Cebit zählte noch 91 Schweizer Aussteller, letztes Jahr waren es noch 75, heuer noch 58. Weiterhin Abschwung oder Nivellierung? IT Reseller hat sich in der Branche umgehört.
Besonders auffällig ist der Ausstellerschwund beim Schweizer Gemeinschaftsstand «Swiss Pavillon», von der Export-Förderorganisation Osec. Waren da im Vorjahr noch 13 Unternehmen vertreten, so sind es dieses Jahr noch ganze vier. Wie lässt sich die Abnahme von über 70 Prozent erklären? Laut Pascal Blanc, Cebit-Projektmanager bei Osec, gibt es dafür verschiedene Gründe: «Unser Stand ist ein Sprungbrett in den IT-Markt. Einige Unternehmen haben den Sprung geschafft und leisten sich jetzt einen eigenen Stand. Manche Firmen wurden aufgekauft und sind somit in einen anderen Stand integriert, andere wiederum existieren gar nicht mehr.» Zudem sei die Cebit längst nicht für ­jedes Unternehmen eine geeignete Werbeplattform. Insbesondere für ERP-Anbieter sei der ausländische Markt wenig interessant, da die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen oft zu grosse Systemänderungen erfordern würden. Doch nicht alle lassen sich davon ins Bockshorn jagen.

Präsenz ist wichtig

Zum Beispiel Bison aus Sursee. Heinz Ranner, Leiter Marketing & Kommunikation, ist optimistisch: «Klar machen wir keine direkten Geschäftsabschlüsse an der Cebit. Aber wir schliessen neue Kontakte mit Leuten, die in unserem Markt aktiv sind und die mit einem klar definierten Pflichtenheft an die Messe kommen.» Daraus ergäbe sich dann schon das eine oder andere Geschäft. Bison, ansonsten mehr an Branchenmessen im Agrar- oder Handelssektor aktiv, will primär Präsenz in der IT-Branche markieren. Dazu eigne sich die Cebit optimal.
Letztes Jahr noch am Osec-Stand, leistet sich Bison heuer einen eigenen Auftritt in der Halle 5, zusammen mit ihren deutschen Partnern Innovabee und T-Systems. Man wolle sich auch den Medien als grosser Player präsentieren, den Namen Bison und Greenax positionieren. Im Schweizer EM-Jahr setzt Bison deshalb voll auf das Thema Fussball und organisiert einen Wettbewerb, an dem es einen Halbfinal-Event in der Schweiz zu gewinnen gibt. Was kostet das, wie rechnet es sich? Diesbezüglich gibt sich Ranner eher zugeknöpft: «Wir nennen keine Geldsummen. Eine genaue Kosten-Nutzen-Rechnung ist auch schwierig. Die Präsenz an der Cebit erachten wir schlicht als Muss.» Durchschnittlich 20 bis 30 Leute würden täglich an ihrem 110 Quadratmeter grossen Stand arbeiten. Laut dem Kostenrechner der Cebit kostet eine solche Ausstellungsfläche 34’000 Euro. Standbau und Dienstleistungen wie Vermarktung im Messeprogramm nicht inbegriffen.
Eine ähnliche Kostenbereitschaft hat Lukas Hofer, verantwortlich für Marketing und Verkauf beim Software-Distributor Sotec. «Eine Messe lohnt sich immer», sagt er überzeugt und verweist auf die grosse Anzahl an potentiellen Erstkontakten. Den finanziellen Aufwand will allerdings auch er nicht benennen. Stand-Miete und -Bau sowie der Personalaufwand für etwa sechs Personen seien aber definitiv eine Investition. Deshalb lohne es sich auch, mit einem schlüssigen Marketingkonzept anzureisen: «Wir wollen sowohl Fachhändler als auch potentielle Partner und Endkunden mit unseren Produkten Savernova und Storagecraft ansprechen.»

Kreative Sparprogramme

Das geläufige Vorurteil, dass Schweizer gewiefte Sparer sind, bestätigt sich mancherorts auch an der Cebit – in allerdings unterschiedlichen Variationen. Der Basler Informations-Management-Spezialist und Systemintegrator Itsystems tritt beispielsweise als Partner von Microsoft Deutschland auf. Laut Patrick Püntener, verantwortlich für Verkauf und Marketing, bleiben die Ausgaben so im Rahmen: «Der Stand ist schon organisiert und aufgebaut. Wir bezahlen nur etwa 20’000 Franken dafür.» Dazu kommen relativ kleine Ausgaben für Drucksachen und der Aufwand für die drei Personen, die sechs Tage lang in Hannover sind.
Ein noch strafferes Budget hat die Bieler Entwicklungsfirma Axsionics. Das Jungunternehmen, bekannt aus der SF-Sendung «Start Up» und Gewinner des «Swiss Technology Award 2007» hat den letztjährigen Cebit-Stand im «Swiss Pavillon» gesponsort bekommen. Obwohl das Geschäft gut laufe, leiste man sich dieses Jahr keinen Auftritt. CEO Alain Rollier wird aber trotzdem nach Hannover reisen: «Die Cebit ist eine Riesenmesse, da aufzufallen wäre zu aufwendig. Wir gehen als Messebesucher gezielt auf potentielle Partner und Kunden zu.»
Noch raffinierter ist das Konzept der Basler Software-Schmiede Day Software. Sie schickt nur Referenten, um auf der Content-Management-Arena über ihr Geschäftsfeld zu referieren. Ulrike Fox, seit Januar für Marketing und Kommunikation zuständig, sagt: «So sind wir an der Messe beim Zielpublikum präsent und halten die Kosten auf einem Minimum. Früher hatten wir einen Partnerstand mit IBM, das hat sich für uns aber nicht gelohnt.» Fazit: Die Schweizer IT-Branche ist nach wie vor gut an der Cebit vertreten, einzig die Standzahlen schwinden. (Claudio De Boni)


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