MSS-Barometer steht auf Schönwetter

Immer mehr IT-Chefs wagen sich an das Experiment Sicherheit als Service anzubieten. Bei den Providern klingeln die Kassen, Tendenz steigend.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/18

     

Es ist noch gar nicht so lange her, da liess allein der Gedanke an eine Verknüpfung von Outsourcing und Sicherheit so manchem IT-Chef die Haare zu Berge stehen. Mittlerweile lagern immer mehr Unternehmen das Risiko für die operative IT-Sicherheit an Anbieter von Managed Security Services (MSS) aus, denn zunehmende Sicherheitsprobleme sprengen das interne Potential.
Das Geschäft mit MSS läuft gut. Laut Gartner sollen bis Ende 2005 bis zu 60 Prozent aller Unternehmen zumindest Teile des Sicherheits-Monitorings von IT-Netzwerken ausgelagert haben. Der Marktforscher Forrester geht davon aus, dass bis 2008 allein in Europa das Marktvolumen für Security-Services auf 4,6 Milliarden Euro ansteigen wird. Für MSS soll es 962 Millionen Euro betragen.

Aggressives Pricing

Über mangelndes Interesse seitens der Kunden können sich die Anbieter von Managed Security Services in der Regel nicht beklagen. Das gilt gleichermassen für die auf MMS spezialisierten Unternehmen wie auch für ISPs (Internet Service Provider), die sich mit MSS vor ein, zwei Jahren neue Geschäftsfelder erschlossen haben.
Der Aarauer Sicherheitsspezialist Terreactive beispielsweise ist seit zehn Jahren im MSS-Geschäft. Diese Dienstleistung, die erst kürzlich durch ein neues MSS-Kundenportal erweitert wurde, gehört zu den Kernkompetenzen des Unternehmens. Mittlerweile erwirtschaftet Terreactive mehr als die Hälfte des Umsatzes mit MSS, sagt Rolf Hefti, Leiter Marketing, Sales und Product-Management bei Terreactive, gegenüber IT Reseller. «Für uns ist der MSS-Umsatz wichtig, da er uns hilft, die Schwankungen im Projektgeschäft besser zu überstehen», so Hefti.
Von ISPs, die ebenfalls in dieses Business eingestiegen sind, sieht er sich nicht bedroht. «Aus eigener Erfahrung sehen wir in der Zusammenarbeit mit ISPs eine Chance und nicht nur einen Mitbewerber», sagt Hefti. Terreactive arbeitet seit über einem Jahr mit Cybernet im Rahmen eines Managed Firewall Services zusammen.
Cybernet selbst bietet einen auf Layer zwei basierenden MPLS-Service an. Der MPLS VPN Connect Service bietet ein in sich geschlossenes, eigenes Firmennetz. Als Managed End-to-End-VPN-Lösung findet der Datenverkehr ausschliesslich über das MPLS-basierte Netzwerk von Cybernet statt.
«Die Resonanz sowie die Nachfrage für Managed-Security-Dienstleistungen übertreffen unsere Erwartungen», sagt Cybernet-CEO René Waser gegenüber IT Reseller. «Durch ein sehr aggressives Pricing können wir unsere Mitbewerber je nach Standort bis zu 50 Prozent unterbieten.»
Cybernet plant den MSS-Bereich stark voranzutreiben. Für dieses Jahr rechnet Waser mit einem MSS-Umsatz von rund 25 Prozent des erwarteten Gesamtumsatzes (25 Mio. Franken). Ein beachtlicher Teil der Projekte werden über Cybernet-Reseller gewonnen.

Zielkundschaft KMU

Der Dübendorfer ISP Netstream bietet seinen Kunden seit knapp einem Jahr Managed-Security- und Backup-Services an. Der Service geht dabei über das Management einer Firewall Appliance hinaus und schützt auch Server und Workstations unabhängig von deren Standort – also beispielsweise auch Firmen-Notebooks, die gerade über einen Wireless-Hotspot am Flughafen mit dem Internet verbunden sind.
Der Service sei sehr zufriedenstellend angelaufen. Netstream hat vor einem Jahr knapp 2 Prozent des Umsatzes mit MSS erwirtschaftet, die Nachfrage sei durchaus positiv, sagt Robert Bertschinger, Sales Manager Netstream. Ob man das vor einem Jahr angepeilte Ziel von 15 bis 20 Pro-
zent Umsatzanteil durch MSS erreicht hat, liess er sich allerdings nicht entlocken.
«Viele Unternehmen sind sich der drohenden Gefahren noch nicht bewusst und vernachlässigen deshalb die IT-Sicherheit massiv», meint Bertschinger. Viele Führungskräfte und IT-Verantwortliche seien noch nicht ausreichend sensibilisiert, weshalb auch der Verkaufszyklus ungewöhnlich lang ausfalle. Bertschinger geht davon aus, dass sich das unter anderem durch Basel II im nächsten Jahr ändern werde.
Die Nachfrage nach MSS kommt meist aus dem KMU-Umfeld. Die kleinsten Kunden von Terreactive beispielsweise haben nicht mehr als fünf Mitarbeitende. Am interessantesten seien allerdings die grösseren Firmen mit 250 bis 500 Mitarbeitern, sagt Hefti. Hier sehen alle das grösste Potential. Zu den Managed Security-Kunden von Netstream zählen hauptsächlich Internetportale, Datacenter-Kunden oder kleinere Betriebe mit bis zu 30 Arbeitsstationen.

Die Ängste der Kunden

Fallen Begriffe wie «Content» und «Filterung» wird der gemeine Schweizer IT-Chef misstrauisch – vor allem die Angst vor mangelndem Datenschutz stelle daher immer noch einen Stolperstein dar, will man MSS an den Kunden bringen, heisst es.
René Waser von Cybernet sieht das anders: «Die Kunden haben mehrheitlich keine Angst vor Verletzung des Datenschutzes, vielmehr begrüssen sie die Tatsache, Teile ihrer IT-Infrastruktur in Bezug auf das Monitoring und Management outsourcen zu können, da firmenintern vielfach das notwendige Fachwissen diesbezüglich nicht vorhanden ist.»
Vielfach bestehe auch die Vorstellung, zuviel abgeben zu müssen und durch den Outsourcer ersetzt zu werden, sagt Rolf Hefti von Terreactive. Eine Angst, die unbegründet sei. Ausserdem ist einigen Kunden manchmal nicht klar, welche Leistungen genau ins Angebot eines MSS-Anbieters gehören. Dinge wie «Verfügbarkeit» beispielsweise sind eher Gegenstand von Verträgen über Business Process Outsourcing, nicht aber für Sicherheitsdienstleistungen.


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