Optimismus in Sachen ASP

An der Orbit-iEX ist die Software-Branche äusserst gut repräsentiert. Doch wie steht es um das einstige Zauberwort Application Service Providing? Reseller hat in einer Umfrage der Software-Branche den Puls gefühlt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/10

     

Software-Messen sind im Trend. Zum einen deshalb, weil viele Hardware-Hersteller im Zuge des Preiszerfalls ihre Marketingfranken zweimal umdrehen und den Publikumsmessen fernbleiben. Zum anderen, weil Software auf kleinstem Platz präsentiert werden kann – mit einem Stand der Grösse eines Hasenstalls, einem Tisch und einem Terminal lässt sich jede Software vorführen. 138 der rund 500 Orbit-iEX-Aussteller zeigen Software-Lösungen und Tools. Doch wie steht es eigentlich um den Hoffnungsträger ASP (Application Service Providing). Das vor Jahren als das Geschäftsmodell schlechthin gepriesene Mieten von Software hat einen steinigen Weg zurückgelegt und die hohen Erwartungen nicht erfüllt. Die geplatzte E-Commerce-Blase, fehlendes Vertrauen in die IT-Branche und die Rezession haben das ihre dazu beigetragen. Dabei spricht so einiges für das Dienstleistungsmodell: Höhere Sicherheitsanforderungen an die Anbieter und berechenbare Kosten für den Anwender zum Beispiel.
IT Reseller hat in einer Umfrage Hersteller und Wiederverkäufer angeschrieben und zum Geschäft mit Software aus der Steckdose befragt. An der Umfrage beteiligt haben sich insgesamt 42 Firmen.

Resultate im Detail

Wie zu erwarten war, hält sich der Anteil des mit ASP-Geschäften erreichten Umsatzes in Grenzen. Exakt die Hälfte gab an, dass 2004 der mit ASP-Dienstleistungen erreichte Umsatz zwischen 1 und 5 Prozent vom Gesamtumsatz betrug. 7 Prozent der Befragten machten zwischen 11 und 15 und 14 Prozent der Befragten zwischen 16 und 25 Prozent des Gesamtumsatzes mit ASP. Nur rund ein Fünftel der Befragten erzielte im letzten Jahr mehr als 25 Prozent des Umsatzes dank ASP.
Für das laufende Jahr sind die befragten Firmen optimistisch. Nur eines der 42 Unternehmen erwartet, 2005 weniger Umstz zu erreichen als im letzten Jahr. Ein Viertel geht von einem Umsatzwachstum von 1 bis 5 Prozent aus, 38 Prozent erwarten 6 bis 10 Prozent mehr Umsatz und 14 Prozent glauben, 10 bis 15 Prozent mehr einzunehmen. Je 4 der 42 Unternehmen erwarten gar ein Wachstum von 10 bis 15 respektive 15 bis 20 oder 20 bis 25 Prozent.

Expertenstimmen

Obwohl es die Technik als solche und spezifische Angebote selbst schon seit Jahren verfügbar sind, fristet ASP immer noch ein Mauerblümchendasein. Ein nicht genannt wollender Vertreter eines Schweizer ERP-Herstellers meint lapidar: «ASP-Fähigkeit ist oft gefordert in Pflichtenheften, wird aber in der Anwendung nicht umgesetzt.» Die meisten Kommentare sind verhalten hoffnungsfroh. ASP sei zwar noch unbekannt und erklärungsbedürftig, werde aber in Zukunft einen höheren Stellenwert einnehmen als heute. «Vor allem die Nachfrage im Human-Resource-Bereich nach Business Process Outsourcing steigt», sagt Urs Leimgruber, Geschäftsführer Inel Data. Rainer Egli, Leiter Sales und Marketing bei Isource, meint: «Wir sind überzeugt, dass ASP-Dienstleistungen immer mehr wie Strom aus der Steckdose bezogen wird.» Isource ist seit fünf Jahren im ASP-Markt tätig und kann auf ein gesundes Wachstum zurückblicken. Und Daniel Renggli, Leiter KMU-Marketing bei SAP, freut sich: «Mit Mummert-Swicon und ERPsourcing haben wir zwei Partner, die in diesem Markt kräftig zulegen. Das Erfolgsrezept von ASP heisst: gute komplementäre Dienstleistungen anbieten. Damit unterscheiden wir uns nicht merklich von Business Process Outsourcing.»

Zielbranchen und Kunden

IT Reseller hat die Teilnehmer der Umfrage auch zu ihrer Kundschaft befragt. Erwartungsgemäss liegt die Grösse der Zielkundschaft bei den meisten Befragten im unteren und mittleren Bereich. Ein Drittel respektive gut die Hälfte der Befragten adressiert Firmen bis 5 respektive bis 10 Mitarbeiter, drei Viertel der Firmen adressieren Unternehmen bis 20, vier Fünftel der Befragten solche bis 50 respektive bis 100 Mitarbeiter. Nur 31 Prozent gaben an, Firmen bis 1000 Mitarbeiter zu ihrer Kundschaft zu zählen, und gut ein Viertel der Befragten Grosskunden mit über 1000 Mitarbeitern.
Die Zielkundschaft der ASP-Anbieter setzt sich zum grössten Teil aus den Branchen Handel (86%), Diensteistung (81%), Industrie (74%) Gewerbe (50%) und Finanz (45%) zusammen. Öffentliche Verwaltungen und die Branchen Telekommunikation, Energie, Gesundheitswesen, Transport, Chemie/Pharma und Tourismus werden von jeweils etwa (+/-) 30 Prozent der Befragten adressiert. In der Rubrik «Andere» finden sich Nennungen wie Sondermaschinenbau, Werbeagenturen, Verbände und Vereine.
Beim Gros der Kundschaft gehört der Inhaber oder CEO zu den Entscheidungsträgern für Software-Projekte (90,5%), bei der Hälfte entscheidet der CFO respektive der CTO oder CIO.

Anwendungen, Technologien

Etwas mehr als die Hälfte der befragten Firmen bieten Eigenentwicklungen an (52%). Ein Grossteil der Anbieter konzentriert sich auf ERP-Lösungen (64%), reine Buchhaltungslösungen (19%) oder SAP (14%). Zirka ein Drittel der Firmen haben CRM-Software (35%) und ein Fünftel Microsoft- resp. Office-Anwendungen (21%) im Angebot. Die allgemein als verbreitete ASP-Anwendung angenommenen Lösungen für Humen Resource Management werden von gut einem Viertel (24%) genannt.
Bei den Technologien überwiegt Microsoft resp. Dotnet mit 48% der Nennungen. Linux wurde nur von einem der 42 Teilnehmer genannt, und Java-Entwicklungen machen 14 Prozent aus. 23 der 42 Anbieter geben an, dass ihre Lösung auch offline verwendet werden kann.

Angebot und Vertrieb

Bei der Verrechnung herrscht eindeutig das Modell «pro User und Zeit» vor. 67 Prozent der Nennungen gehen auf dieses Konto. 29 Prozent verrechnen pro Unternehmen und Zeit und lediglich zwei von 42 können pro Transaktion abrechnen. Dass ASP noch keine grosse Verbreitung hat, könnte unter anderem daran liegen, dass die meisten Unternehmen das Modell nicht explizit fördern. Nur 15 der 42 Unternehmen verkaufen ASP-Lösungen mit eigenen, dedizierten Sales-Leuten. Bei den meisten wird ASP von den Verkäufern noch nebenher angeboten (62%). Immerhin fast ein Drittel wählt neben dem Internet (24%) zusätzlich oder ausschliesslich den indirekten Kanal. (mh)


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