Es lebe der Sport

Auf den IT-Fachmessen sind die Internet-Provider immer weniger anzutreffen. Dafür drängen sie in die Sportstadien.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/16

     

Schweizer Internet Dienstleister sponsern, was das Zeug hält: Cybernet unterstützt die Langnauer Eishockeyaner SCL Tigers, der Tiscali-Schriftzug prangt auf den Hosen der FCB-Spieler, Green ist mit FCZ und den ZSC Lions liiert, und Cablecom sponsert die Fussballer von Grashoppers. Ein Männer-Hobby für die Chef-Etagen oder ein ernsthaftes Marketing-Instrument?
Robert Signer, in der Geschäftsleitung von Green für Verkauf und Projekte verantwortlich, meint: «Natürlich gibt es eine emotionale Komponente. Es ist ja bekannt, dass unser CEO, Guido Honegger, ein Eishockey-Fan ist.» Auch René M. Waser, CEO von Cybernet Schweiz, gibt zu, dass sein Sponsoring-Entscheid nicht ganz frei von Gefühlen ist: «Ich habe selber Eishockey gespielt, bei Uznach. Das Spiel gefällt mir. Es ist aggressiv und schnell. Das entspricht unserer Firmenphilosophie.»

Wer schaut hin?

«Vor allem», begründet Waser das Sponsoring von Cybernet, «sind die Tigers in vielen TV-Aufzeichnungen zu sehen und Cybernet ist damit stark präsent.» Eine repräsentative Befragung der Demoscope Research & Marketing zeigt allerdings, dass in der Schweiz nur Minderheiten den Weg ins Stadion finden: 58 Prozent aller Befragten waren noch nie bei einem Fussballspiel, Eishockey verschmähen 65 Prozent und 82 Prozent geben an, noch nie ein Tennis-Event besucht zu haben. Auch vor den Fernseher locken selbst Massensportarten nur gerade 40 Prozent «gelegentlich».
Da wäre es für die Sponsoren wichtig, wenigstens zu wissen, wen sie ansprechen können. Die meisten begnügen sich jedoch mit einer ziemlich allgemeinen Sichtweise. Reto Meyer, Kommunikationschef von Tiscali: «Fussball spricht breitere Massen an als Eishockey. Zudem verbindet uns der Standort Basel mit dem FCB.»
Für Cablecom argumentiert der für die Kommunikation zuständige Stefan Hackh ähnlich: «Fussball ist die populärste Sportart der Schweiz und GC einer der erfolgreichsten Clubs. Cablecom möchte von der vergleichsweise hohen Medienpräsenz profitieren.»
Etwas differenziertere Überlegungen hat Signer für Green angestellt: «Zürich war als Wirtschaftsstandort und von unsrem Produkt her gesetzt. Von den Clubs entsprechen sowohl die ZSC Lions wie der FCZ unserem Kundensegment. Deren Fans sind eher KMU-orientiert als beispielsweise die Mitglieder von GC.»

Der Schriftzug allein bringt’s nicht

Sponsoring-Gelder sind Werbegelder und sollten daher dem Sponsor etwas bringen. Das ist allerdings nicht so einfach. Keiner weiss das besser als der Managing Director der Küsnachter Werbeagentur Bunt, Fredy Huber.
Er war Marketingleiter bei Sun, als diese bei der Fussball Nationalmannschaft bis hinunter zu lokalen Vereinen als Sponsor auftrat. Sun ging es damals darum, den Brand und das neue Logo bekannter zu machen. Doch Huber weiss heute: «Das Logo auf dem Leibchen allein bringt es nicht. Wer eine Million für Sponsoring einsetzt, braucht eine zweite für flankierende Massnahmen.
Erscheint etwa die Bandenwerbung auf einem Pressefoto, ersetzt dies schon beinah ein Inserat, während der Schriftzug auf dem Trikot auf einem Action-Bild schlecht lesbar ist und kaum wahrgenommen wird. Ausserdem müssen Kunden gezielt zu den Anlässen gebracht und geschäftliche Kontakte mit den Co-Sponsoren wahrgenommen werden.»
Und leicht boshaft fügt er hinzu: «Wenn das Sponsoring in erster Linie dazu dient, dass der CEO mit seinen Kollegen in der VIP-Loge feiern kann, sagen zwar vielleicht manche, er sei ein toller Hecht. Aber wenn keine Aufträge aus dem Sponsoring resultieren, ist das Geld zum Fenster hinaus geworfen.»

Viel Freude

«Messeauftritte sind zu teuer für das, was sie bringen», stellt Signer fest, «Sponsoring kostet uns nur wenig mehr, und beschert uns eine Medienpräsenz, die wir sonst gar nicht bezahlen könnten.» Wie viel neue Kunden daraus resultieren, weiss er allerdings nicht so genau: «Eine Umfrage, um das zu überprüfen, ist für uns zu teuer.
Aber gefühlsmässig würde ich sagen, dass Green ohne Sponsoring nicht die Nummer drei bei ADSL und Hosting im Grossraum Zürich wäre.» Auch Waser nennt als Hauptgrund für Cybernets Engagement: «Die Tigers spielten in der letzten Saison nicht überragend, aber sie waren immer präsent. Das ist es, was zählt.»
Hackh will sich nicht in die Karten schauen lassen: «Wir befinden uns in einer Wettbewerbssituation und kommentieren unsere Markom-Aktivitäten daher nicht», erklärt er. Auch zu Motivation und Zielen des GC-Sponsorings mag er nicht Stellung nehmen. Dafür schwärmte er: «GCZ ist ein grosser Klub mit einer grossen Mannschaft.
Wir haben sehr viel Freude an unserem Engagement. Nicht zuletzt die Erfolge von GC in der jüngeren Vergangenheit tragen zu dieser Freude bei.» Falls diese Freude für Cablecom der einzige Grund für das Sponsoring ist, lohnte sich vielleicht einmal ein Blick auf die aktuelle Tabelle.
Bei den Eishockeyanern dagegen ist noch alles offen.
Am 23. September treffen die Green-Löwen erstmals auf die Cybernet-Tiger. Green und Cybernet verbinden nicht nur ähnliche Zielgruppen, wie Waser meint, die Hockey-Fans Waser und Honegger haben auch trotz der sommerlichen Querelen um eine Cybernet-Beteiligung an Green, «ein durchaus sportliches Verhältnis». Da wünschen wir doch eine spannende Saison. (fis)


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