Vorletzte Woche sprach sich
Novell an der eigenen Partner- und Entwicklerkonferenz Brainshare 2003 in der Mormonenstadt Salt Lake City im gebirgigen Utah für mehr Offenheit aus: Neben diversen Neuerungen rund um offene Standards und offene Netze holte sich Vice Chairman Chris Stone (Bild) in seiner Keynote den Applaus tausender Zuhörer mit dem Versprechen, dass Novell Netware in der Version 7.0 auch mit dem Linux-Kernel verfügbar sein wird.
Ausserdem gibt es neu eine spezielle Open Source-Entwicklerplattform (http://forge.novell.com) und eine neue Zertifizierung zum Linux Engineer.
Des Kunden Freiheit
Obwohl erst in rund 18 Monaten (Ende 2004/Anfang 2005) lieferfertig, ist der Schritt, Netware mit Linux-Kern anzubieten, für
Novell ein Meilenstein in seiner Geschichte: Während nämlich unter der Strategie One Net seit rund vier Jahren die Offenheit der Systeme propagiert wird (Novell-Services wie eDirectory, Zenworks und Groupwise laufen schon länger auf allen Betriebssystemen), hat man die umgekehrte Richtung – das eigene Betriebssystem fremden Anwendungen gegenüber zu öffnen –, bisher vermieden.
«Die Kunden wollen die Wahl haben», begründete Jack Messman, CEO und Chairman in Salt Lake City vor der Presse den Schulterschluss mit der Linux-Gemeinde, um gleich wieder zu relativieren: «Ich glaube, sie werden sich dann aber für Netware entscheiden, wenn sie die Wahl zwischen dem Linux- und unserem Kernel haben.»
Locken mit Gratissoftware
Dass es
Novell, die traditionell vor allem bei Grosskunden stark ist, auf neue Märkte abgesehen hat, zeigt ein Schritt Richtung KMU-Business. Ab sofort können KMU und Service-Partner das Starterpack der Netzsoftware Small Business Suite Version 6 kostenlos beziehen.
Das Paket enthält Anwendungen für die Web-Anbindung, E-Mail-Software und Collaboration-Tools sowie Sicherheits- und Verwaltungswerkzeuge zum Aufbau von Netzen in kleinen und mittleren Unternehmen, genau gesagt Netware 6, die Groupware-Anwendung Groupwise 6, das Verwaltungssystem Zenworks for Desktops 3.2 sowie Novells Bordermanager zur Absicherung der Internet-Verbindungen.
Einen Haken hat die Aktion allerdings doch: Das Geschenk gibt es nur durch zertifizierte Novell Solution Provider, die mindestens eine Certified Novell Salesperson unter ihren Mitarbeitern haben müssen, um das Paket an Kunden ohne Zahlungen an Novell abgeben zu dürfen. «Die Channel-Partner sollen davon später mehr Lizenzen verkaufen können, ausserdem erwarten wir uns durch die Initiative mehr Channel-Partner», sagt Stone. Obwohl
Novell, vor allem in Europa, bereits einen starken Channel-Fokus betreibt, wird dies auch nötig sein. Volumen-Business im KMU-Markt lässt sich sonst nicht verwirklichen.
Raus aus dem Büro
Andererseits will Stone den direkten Kundenkontakt fördern: «Wir treffen uns seit neustem zwei mal jährlich mit den wichtigsten 15 bis 20 Kunden. Und wir gehen mehr aus unseren Büros raus und hin zu den Kunden.» Das betreffe auch ihn selbst, beteuert Stone gegenüber IT Reseller.
«Das Consulting-Wissen der 2001 übernommenen Pricewaterhouse Coopers auf die Channel-Partner übertragen und überhaupt mehr Aggressivität im KMU-Business», sieht Gerard Van Kemmel, President EMEA, als wichtige Aufgabe an. «Sicherstellen, dass wir uns vom Produkt- zum Lösungsanbieter wandeln und die Umsätze halten können», gibt Van Kemmel zur Antwort auf die Frage, was bisher seine grösste Herausforderung bei
Novell war. (mh)