Lernwunder?

Die noch sehr junge Branche der Webdienstleister glaubte nach ein paar wenigen Jahren ihres Bestehens nicht nur gleich gut, sondern viel besser, produktiver und rentabler zu funktionieren als alle anderen Branchen, Berufszweige und Industrien mit ihrer jahrzehnte- oder jahrhundertelangen Erfahrung zuvor.
In der Realität war es eben nicht möglich, eine derart steile Lernkurve hinzuzaubern. Das Lernen-Müssen blieb auch den Webdienstleistern nicht erspart.
Obwohl diese Tatsache eine veritable Ernüchterung — sowohl bei den Betroffenen selbst als auch bei Mitbetroffenen und Beobachtenden — nach sich zog, beruhigte das Platzen der Internet-Blase gleichermassen. Denn hätten die Internet-Weisen tatsächlich recht behalten und alle vorher dagewesenen Regeln der Wirtschaft auf den Kopf gestellt, wäre dies einem evolutionären Wunder gleichgekommen.
Dass Lernen auch auf der Datenautobahn nicht schneller ging als zu Vor-Internet-Zeiten, ist zwar jammerschade, aber nicht zu ändern.
Wer nun glaubt, die gemachte Erfahrung habe automatisch Einfluss auf das weitere Handeln, sodass man nicht weiter sehenden Auges gegen die Wand fährt, täuscht sich. Im Moment sieht es nämlich noch nicht danach aus, als ob alle noch bestehenden Firmen die Lektion wirklich gelernt haben. Noch längst nicht alle haben nämlich begriffen, dass man z.B. seine Preise und die Auswahl der Produkte nicht den eigenen Bedürfnissen, sondern den Bedürfnissen seiner Kunden anpassen muss. Denn wenn der Kunde spart, muss es zwangsläufig auch der Dienstleister.
Ich behaupte, dass einige der Unternehmen, die heute glauben, gescheiter zu sein als die andern und deshalb zu überleben, selbst Opfer der noch anstehenden Konsolidierung sein werden. Selbstüberschätzung verungmöglicht eben Dazulernen. Und ohne Dazulernen überlebt sich’s schlecht.
Markus Häfliger
Chefredaktor