Drei Lehren


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/21

     

Das erste IT Reseller-Roundtable unter Schweizer Software-Entwicklern (ab Seite 21) war ein Experiment. Leider schafften wir es nicht, Vertreter von SAP und Microsoft an den Tisch zu bekommen – dabei hat der Einstieg der beiden übermächtigen Giganten in den Markt für KMU-Business-Software die Debatte um die Zukunft der Schweizer Software-Industrie erst ausgelöst. Doch auch so war die Diskussion spannend und lehrreich.
Lehre Nummer 1: Der Markt für Geschäftsanwendungen ist zersplittert wie kein anderer. So unterscheiden sich Lohnabrechnungen von Kanton zu Kanton und Programmteile (z.B. Objekte) können zwar den gleichen Namen tragen, sind aber deswegen noch lange nicht gleich geartet. Diese Fragmentierung wirkt – ähnlich wie die Schweizer Landwirtschaftspolitik – über Jahrzehnte: Strukturerhaltend. Das ist gut!
Lehre Nummer 2: Wer nur auf Kundenwunsch hin eine Business-Anwendung weiterentwickelte, steht heute vielleicht vor einer unlösbaren Aufgabe. Alte Plattformen wie die AS/400 sterben langsam, aber sicher aus – eine Migration auf andere Betriebssysteme kommt zu teuer. Also gilt es wenigstens das Know-how der Entwickler und Berater zu retten und das Wissen um die Prozesse und Methoden des Kunden zu migrieren. Folge davon: Grössere Schweizer Software-Hersteller wie Abacus, Simultan, Bison (?) oder auch Sesam werden davon profitieren, wenn sie geschickt Partnerschaften eingehen.
Lehre Nummer 3: Schweizer Software-Hersteller neigen dazu, den Gegner zu unterschätzen. Lieber Beat Bussmann, Claudio Hintermann, Roland Renggli und Ralph Stucki: Vielleicht haben Sie ja Recht, dass SAPs «Business One» unfertig und auch zu teuer ist. Doch was ist, wenn sich SAP Partner (wie etwa eine Pragmatica) angelt, die den Markt kennen, bereits eine funktionierende KMU-Software und einen breiten Kunden- und Partnerstamm haben? Was ist, wenn SAP durchhält? Was ist, wenn KMUs aus Kostengründen auf gewisse Komplexitäten verzichten?
Pragmatica hat übrigens beschlossen, SAP-Partner zu werden.
Christoph Hugenschmidt
Chefredaktor


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