Siemens ködert Manager mit Science Fiction

Manager und «Opinion Leader» sollen durch Science-Fiction-Geschichten ins Web zu Siemens gelockt werden. Ein ehrgeiziges Unterfangen. Aber Siemens glaubt offenbar an diese Masche...

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/19

     

Bei Siemens laufen alle Werbestrategien global. Für die von den Länderniederlassungen beauftragten Agenturen bedeutet dies, dass die Bildmotive vorgegeben sind. Jegliche weitere Umsetzung kann aber länderspezifisch abgestimmt werden.
Aktuell entstand so speziell für die Schweiz unter www.siemens.ch/visions eine neue Website innerhalb des vorhandenen Internetauftritts. Die Agentur Flavian Kurth, Basel, hat sie aufgesetzt und ist damit auf der Jagd nach «Zukunftsvisionen». Siemens nahm den Entwurf laut Agenturinhaber Kurth begeistert genau so auf, wie er eingerichtet wurde.
Die einzige Vorgabe für das Entstehen der Site war, dass sie an die Idee einer schon vorher angelaufenen Print-Kampagne anknüpfen musste und zur Interaktion anregen sollte. Sie soll, so Kurth, die «Stärken der Marke Siemens auf dem Schweizer Markt» hervorheben und das Tätigkeitsspektrum zeigen. Beworben wird die Site mit Bannern und Plakaten.
Der User kann auf der Webseite seine Vision eines «Tages im Jahr 2050» entwerfen. Dazu bekommt er erst als Beispiel ein langes Flash-Filmchen präsentiert, das zeigen soll, wie so ein Tag aussehen kann. Dann hofft Siemens, dass sich der User selbst kreativ betätigt und ein Drehbuch zu einem eigenen Film über einen Tag im 2050 schreibt. Auf der Site sind Informationen zu Siemens abrufbar, die zum Thema passen sollen. Das beste Drehbuch wird später in einen Flash-Film verarbeitet, ausserdem gibt es drei Preise für die besten Ideen zu gewinnen.

Tätigkeitsspektrum zeigen

In der vorgefertigten Beispiel-Flash-Story will Siemens sein eigenes Tätigkeitsspektrum auf «spielerische, unaufdringliche Weise» kommunizieren. Beim Besucher soll das Unternehmen als «innovativer und verantwortungsvoller Architekt einer modernen Gesellschaft» positioniert werden.
Nebenbei, so hofft Siemens, wird der User dabei nicht umhin kommen, sich mit einigen Problemen zu beschäftigen, die direkt zu den Unternehmensbereichen von Siemens führen. So will man das Interesse für technische Entwicklungen und Forschung bei Siemens wecken.
Die Frage danach, welche Energien genutzt werden, soll so zum Bereich «Power Systems» führen, Fortbewegung zu «Transportation», Kommunikation zu «Information and Communications», Gesundheitsvorsorge zu «Medical Solutions» und Arbeitswelt zu «Automation and Control».

Manager nicht unterschätzen

In Anbetracht der sehr spielerischen Form überrascht die Zielgruppe dann doch etwas. Angesprochen werden sollen tatsächlich nicht nur Entscheidungsträger im Top- und mittleren Management (haben die tatsächlich Zeit und Musse, ein Drehbuch zu entwerfen?), sondern auch Opinion Leaders aus Medien, Politik und Hochschulen. Von der Agentur wird diese Gruppe charakterisiert als «Machertypen» und «Alphatiere», die immerhin «ca. 28% der Gesellschaft ausmachen».
Realistischer wird es dann schon, wenn man die parallel laufende Banner- und Plakataktion ansieht, die die Website bewirbt. Die Plakate kleben häufig in der Nähe von Hochschulen. Es werden sich wohl eher Studenten daran machen, ein Drehbuch zu schreiben. Diese haben am ehesten noch Zeit für und Lust auf so eine aufwendige Schreibarbeit.
Allerdings sieht Flavian Kurth das wesentlich optimistischer: «Man darf die Manager nicht unterschätzen, wir haben schon ein halbstündiges Spiel online gestellt, da hat uns auch jeder gesagt: ‹Das spielt doch niemand›. Aber ganz im Gegenteil.» (ava)


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